Heilfasten - Erfahrungsbericht 

Bericht vom einem Fastenaufenthalt in der Malteser Klinik von Weckbecker in Bad Brückenau, einer Fachklinik für Naturheilverfahren.

Hintergründe zum Fasten

 Jeder kann zaubern,
 jeder kann seine Ziele erreichen,
 wenn er denken kann,
 wenn er warten kann,
 wenn er fasten kann. 

 

Hermann Hesse, Siddharta

Es gibt verschiedenste Gründe und Arten des Fastens. In der Natur ist es eine gängige Methode um Hungerzeiten schadlos zu überstehen: zahllose Tierarten fasten im Winter und das obwohl in diese Zeit Brunft und Paarung fällt. Auch in menschlichen Riten gab und gibt es feste Fastenzeiten. Im christlichen Kulturkreis beginnt die Fastenzeit alljährlich am Aschermittwoch. In der Naturheilmedizin ist das Fasten eine der wichtigsten Erstmaßnahmen und Behandlungsmethoden bei schweren Erkrankungen – dann natürlich unter ärztlicher Aufsicht. Außerdem spielt das Fasten eine sehr große Rolle in der Entgiftung und Ausleitung sowie beim Umstieg auf neue Ernährungsformen. Fasten bedeutet nicht, zu hungern. Der Körper „schaltet“ vielmehr um und gewinnt seine Energie aus angelagerten Depots. Das ist deutlich leichter als weniger zu essen. Für viele ist es sogar mit einem Hochgefühl und hohem körperlichem Leistungsvermögen verbunden. Fasten ist eine gute Gelegenheit,

  • ein neues Körpergefühl zu erlangen, 
  • sich Gedanken über Gewohnheiten und „Laster“ zu machen und bereit zu sein sich von diesen trennen zu können, 
  • neue Ernährungsrichtungen auszuprobieren, weil der Körper und die Geschmacksnerven durch das Fasten einen Neuanfang erhalten und nicht zuletzt 
  • das Gewicht zu reduzieren unter der Voraussetzung, dass man lange genug fastet und die Aufbautage sehr sorgfältig einhält.

Prinzipiell wird unterschieden in:
Fasten für Gesunde – also für jedermann, möglich in Eigenregie oder in den zahlreichen Gruppen,
Heilfasten – in einer Fastenklinik oder unter ärztlicher Aufsicht,
Spirituelles fasten – zur inneren Einkehr, Sammlung und Konzentration, eingebunden in religiöse Riten aber auch vor wichtigen Entscheidungen oder in Trauerphasen.

Lesen Sie dazu auch unsere Fachartikel:

Jetzt im zweiten Erfahrungsbericht begleiten wir unsere Redakteurin Tag für Tag in einer Fastenklinik. Wir wollen die Scheu vor dem Fasten nehmen, Lust machen auf einen Versuch und zeigen, welche enormen Chancen im Fasten stecken. Viel Spaß beim Lesen.

Diese Erfahrungsberichte sind jedoch keine detaillierte Anleitung zum Fasten. Hier verweisen wir auf unsere Literaturempfehlungen. Es gibt sehr gute Bücher, die das Fasten in Eigenregie unterstützen. Sie finden Links zu geführten Fastenkursen und zu Kliniken. Auch in unserem Veranstaltungskalender finden Sie zahlreiche Termine für Fastenkurse. 

Sollten Sie an einer ernsthaften Erkrankung leiden, konsultieren Sie bitte einen Arzt.

Prolog: Entlastungstag, Freitag

Prolog: 

Zum Fasten habe ich mich nicht zum ersten Mal entschlossen. Ich empfinde es als eine innere Reinigung und Regeneration für den Alltag. Bisher habe ich jedoch immer im Alltag gefastet. Auch wenn ich versucht habe, in dieser Zeit kürzer zu treten, kam die kontemplative Seite des Fastens jedoch zu kurz. Mein Wunsch außerhalb des üblichen Umfeldes zu fasten war bisher an meinen Bedenken gescheitert, dies nicht organisieren und finanzieren zu können, so dass ich es immer nach hinten aufgeschoben habe.
Da bekam ich eine Einladung von Frau und Herrn Dr. Lischka zu einem Fastenaufenthalt in der Malteser Klinik von Weckbecker in Bad Brückenau, einer Fachklinik für Naturheilverfahren.
Meine Eltern übernahmen meine kleine Tochter, mein Sohn und mein Mann konnten eine Woche auf mich verzichten, meine Kollegen ermutigten mich und sicherten die Vertretung. Plötzlich wurde wahr, was ich mir schon lange gewünscht hatte: Fasten außerhalb des Alltags.

So begann mein Abenteuer „Fasten in der Klinik“.
Wir danken Frau und Herrn Dr. Lischka für die fachliche Beratung zu dem Bericht.

Entlastungstag, Freitag

Es war klar, dass dies kein ruhiger Tag werden würde, wie schon die letzten Tage mit Arbeit gefüllt waren und mit Vorkehrungen für die Reise. Ich stehe heute vor meiner Tochter auf. Sie muss pünktlich im Kindergarten sein, weil ich um 9:00 Uhr zu einer Beratung eingeladen habe und ich diese noch vorbereiten muss.
Ich steige auf die Waage: 60 kg (Körpergröße 163) - mein Fastenausgangsgewicht. Das Gewicht mag normal sein, doch seit dem letzten Fasten vor einem Jahr haben sich drei Kilogramm in den Fältchen rund um meinen Körper fest gesetzt. Ich merke dies beim Sport und wenn es mal schneller gehen muss. Ich fühlte mich aktiver ohne diese.
Ich dusche und brause mich mit kaltem Wasser ab, jetzt bin ich wach. Mit kurzen Sonnengrüßen recke und dehne ich meinen Körper, stimme mich auf diesen Entlastungstag mental ein.
Kurze Zeit später wacht auch die Kleine auf. Sie freut sich auf den Tag, weil sie mit Papa am Abend zu Oma und Opa fährt, die sie nur selten sieht.
Sie löffelt Ihr Müsli, während ich mir heute morgen zwei schöne große Äpfel zum Frühstück ausgesucht habe. Ich bemühe mich sehr langsam zu kauen und habe tatsächlich das Gefühl satt zu sein. Ich hatte noch eine Banane liegen, diese brauche ich nicht.
Wir gehen zum Kindergarten. Wieder zu Hause, treffe ich die letzten Vorbereitungen. Pünktlich treffen meine Kollegen ein und wir beginnen. Unsere Beratung dauert eineinhalb Stunden länger als geplant. Mein großer Sohn holt die Kleine aus dem Kindergarten. Geduldig sitzt sie bei uns, bis alle Gäste gehen.
Es ist 14:30 Uhr, die Familie hat noch nichts gegessen und eigentlich sollte ich noch Kunden anrufen, die ich heute am Freitag sicher nicht ewig erreiche.
Familie geht vor: ich bereite eine große Schüssel Salat zu und wärme Vollkorn-Dinkel-Dampfnudeln und Vanillesoße für die Kinder. Der Salat ist Vorspeise für die Kinder Hauptgericht für mich . Mir fällt auf, dass ich heute ohne Frischkornbrei mit Nüssen und Getreide nicht früher hungrig war als sonst.
Wir essen gemeinsam. Normalerweise verbringen wir die Zeit am Nachmittag gemeinsam. Heute muss ich noch etwas Zeit von meiner Tochter erbitten um die Anrufe zu erledigen. Sie malt und „schreibt“ Briefe am benachbarten Schreibtisch.
Nach einer Stunde habe ich alle Anrufe erledigt und dokumentiert. Vieles andere bleibt jedoch für den Abend.
Jetzt ist Zeit gemeinsam zu packen, Zeit auch für Vorfreude. Die Kleine ist ganz aufgedreht: dieses Kleid möchte sie mitnehmen und jenes, diese Bluse, diesen Rock und Badesachen und und und. Wir probieren, kichern, legen alle Sachen auf dem Bett zurecht und packen sie dann gemeinsam ein. Sie sucht den Teddy, ein Kissen für die Fahrt. Immer kriecht sie auf meinen Schoß: Vorratkuscheln für eine reichliche Woche.
Während sie spielt, lege auch ich meine Sachen zurecht.
Wir gießen im Garten und versorgen die Blumen im Haus. Albern spielt sie mit dem Schlauch und immer wieder die Frage: „Wann kommt der Papa von der Arbeit, wann fahren wir los?“. Endlich gegen 18:00 Uhr trifft er ein, muss sich nach seinem anstrengenden Tag erst regenerieren.
Wir essen gemeinsam Abendbrot, für mich gibt es eine Gemüsesuppe mit Kartoffeln, Blumenkohl und vielen frischen Kräutern. Das ist mein letztes Essen für längere Zeit.
Die letzten Sachen werden gepackt und mein Mann bricht mit der Kleinen auf. Bei aller Vorfreude hat sie doch ein zerknirschtes Gesicht als sie fahren.
Ruhe im Haus. Ich setze mich für einen kurzen Moment und überlege, was noch zu tun bleibt: fertig packen (auch die Technik, denn ich möchte in der Klinik schreiben und fotografieren) und Prioritäten setzen für die reichlich verbliebene Arbeit am Schreibtisch. Wenn ich noch etwas schlafen will, muss manches warten bis ich nach dem Fasten zurück sein werde.
Der Tag war anstrengend, gegen Mitternacht merke ich, wie müde ich werde, Zeit zu schlafen. Sonst arbeite ich oft länger aber der Tag hat seinen Spuren hinterlassen. Ich lasse den Rest erst mal liegen.
Für einen kurzen Moment sitze ich auf der Terrasse und schaue in die Nacht. Bevor ich schlafen gehe, trinke ich noch ein Glas Wasser mit Glaubersalz, mit mäßiger Konzentration, weil ich sonst Bedenken mit der Autofahrt habe: Fastenauftakt. Glaubersalz wird häufig zum Fastenbeginn eingesetzt um den Darm vollständig zu entleeren.

Erster Fastentag und Anreise, Samstag

Schon zeitig bin ich wach. Viel ist noch zu erledigen. Mich treibt die Unruhe. Zunächst zeigt das Glaubersalz seine Wirkung und auf der Toilette bin ich froh, dass sich die Wirkung so zügig einstellt. 

Ich wäge ab die Morgengrüße , wegen der vielen unerledigten Dinge ausfallen zu lassen, entscheide mich aber dann doch für die Morgengrüße. Die zehn Minuten entscheiden am Ende nicht. Tatsächlich komme ich etwas zur Ruhe. 

Ich packe meine Sachen ein, suche die Technik zusammen, hoffe sehr, dass ich nichts wichtiges vergesse. 

Jetzt setze ich mich noch einmal an meinen Schreibtisch. Ich setze mir ein Zeitlimit, bis wann ich maximal arbeiten werde. Ganz halte ich das Limit nicht, aber fast. Eine Arbeit kann ich nicht aufschieben, die muss ich schweren Herzens mitnehmen. Genau das wollte ich eigentlich nicht, weil es mir in der Klinik ein Stück Freiheit für meine gedankliche Fastenreinigung nimmt. 

Bevor ich fahre, mache ich noch einen Einlauf – auch um während der Fahrt keine unangenehmen „Glaubersalzüberraschungen“ zu erleben. Mit dem Einlauf verschwindet alles Grummeln in meinem Bauch – völlig ruhig ist er nun. 

Ich packe den Rest ein und verabschiede mich von meinem Sohn. Er bleibt am Wochenende allein bis mein Mann am Sonntag Abend wieder zu Hause ist. Ein ganzes Wochenende hat er für sich. 

Als ich jetzt im Auto sitze, atme ich erst einmal drei mal tief aus und versuche den Druck vom Vormittag daheim zu lassen. Nur langsam weicht die Anspannung. Ich muss bis 16:00 Uhr in der Klinik sein, die verbleibende Zeit sollte gut reichen. 
  
Die Fahrt verläuft gut, neben mir habe ich die Trinkflasche, es ist heiß heute. Autofahren am ersten Fastentag funktioniert besser als ich dachte. Hungergefühle melden sich nur selten und vorsichtig. Ohne Zwischenfälle erreiche ich die Klinik um 15:00 Uhr.

Für 16:00 Uhr wurde meine Eingangsuntersuchung bei Dr. Markus Gaisbauer festgesetzt. Es bleibt genug Zeit das Zimmer zu beziehen, anzukommen.  Ich betrete ein modernes helles Gebäude. Es wurde erst vor wenigen Jahren neu gebaut. Auch die älteren Gebäude wurden erst kürzlich renoviert. Schon beim ersten Durchlaufen fallen mir die Blumenarrangements auf, die in passenden Nischen auf den Fluren stehen. Sie erzeugen für mich eine schöne Stimmung und ich fühle mich gleich wohl. 
Von meinem Zimmer bin ich angenehm überrascht. Ein Klinikzimmer hatte ich mir spartanischer vorgestellt. Es ist geräumig, mit hellen, modernen Möbeln ausgestattet; Den Fernseher habe ich nicht vor zu benutzen. Er passt für mich nicht zum Fasten. (Wobei ich ehrlich einräumen muss, dass mein Computer, der jetzt auf dem Schreibtisch steht, auch nicht zum Fasten passt.....). Vom Balkon aus sehe ich zum Wald und ein Stück ins Tal. Die Klinik liegt oberhalb von Bad Brückenau, von manchen Zimmern sieht man direkt auf den Ort. Es ist schön, dass die Klinik so weit oben auf dem Berg steht. Die Weite der Landschaft öffnet die Seele und lässt die kleinen körperlichen Beschwerden, die manchmal im Fastenalltag auftreten, ein wenig in den Hintergrund treten. 

Beim Zähneputzen sehe ich, dass meine Zunge einen weißlichen Belag zeigt. Der Körper beginnt zu entgiften. Das Fasten hat begonnen. 

Dr. Gaisbauer fragt nach den Gründen meines Aufenthaltes. Warum will ich fasten? Mein wichtigster Grund ist der „innerliche Großputz“, Regeneration. Die letzte Fastenkur liegt mehr als ein Jahr zurück und ich habe das Gefühl, dass es wieder an der Zeit ist. Dann gibt es einige lästige Dinge wie Ödeme in den Beinen oder meinen Darm, der auf Stress schnell mit Reizung reagiert. Ich hoffe mit der Fastenkur wieder eine gesunde Basis für den Darm und alle inneren Organen zu schaffen, von der ich ein halbes oder ein ganzes Jahr zehren kann. Seit einem Jahr läuft eine Amalgamausleitung, auch hier hoffe ich schneller voran zu kommen. Und natürlich will ich den Alltag hinter mir lassen, damit ich berufliche Dinge überdenken kann: wo stehe ich, wie geht es weiter. Wenn bei all dem noch drei bis vier Kilo auf der Strecke bleiben, soll es mich freuen. 

Meine Blutwerte, die ich in die Klinik mitgebracht habe, sind in Ordnung. 
Dr. Gaisbauer gibt mir ein basisches Salz zur Nahrungsergänzung, das hier jeder bekommt. Beim Fasten bezieht der Körper seine Energie hauptsächlich aus den Fettzellen. Dies sind die Mülldepots im Körper. Beim Auflösen der Fettzellen werden vermehrt Säuren freigesetzt. Diese Säuren müssen über die Nieren, die Leber und die Haut ausgeschieden werden. Werden mehr Säuren frei, als der Körper ausscheiden kann, kann es passieren, dass diese auskristallisieren und sich als Gichtanfälle sehr schmerzhaft bemerkbar machen. Das basische Salz neutralisiert diese sauren Salze und verhindert diese Beschwerden. 
Er gibt mir außerdem homöopathische Kreislauftropfen und Brottrunk zum Aufbau der Darmflora. Ich soll vom Brottrunk täglich 3 mal 200 ml trinken. Er gilt als wahrer Wundersaft und ideal zum Aufbau der Darmbakterien, da er sehr viele Milchsäurebakterien enthält. Ich bin nicht sicher, ob ich es schaffe, diese Menge zu trinken. Ich kenne den Geschmack, es ist nicht mein Lieblinksgetränk. Es gibt viele Leute, denen der Brottrunk schmeckt. Dr. Gaisbauer rät mir, ihn mit Saft zu trinken. Davon halte ich beim Fasten nicht viel . Normalerweise vertraue ich auf meinen Geschmack, weil ich oft festgestellt habe, dass mir bestimmte Kräuter dann am besten schmecken, wenn mein Körper sie am nötigsten braucht. So lasse ich es auf den Versuch ankommen. 

Das Publikum in der Klinik ist gemischt: Jugendliche, Mitzwanziger und Menschen im hohen Alter. Es kommen Leute wie ich, die das Fasten eher als eine Prophylaxemaßnahme sehen, aber es sind auch schwer kranke Menschen hier, für die das Fasten nach langen Wegen durch die Arztpraxen die letzte Hoffnung ist. Die Klinik ist eine anerkannte Reha-Klinik für Stoffwechselerkrankungen, Herzkreislauf und Gefäßerkrankungen, Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen, Psycho-vegetative Störungen, Erkrankungen des Verdauungstraktes, der Niere und der Harnwege, Atemwegserkrankungen, Allergien und Hauterkrankungen. Fast alle Erkrankungen zeigen eine deutliche Besserung infolge des Fastens. Nach Aussage von Frau Dr. Lischka gibt es nur drei Personengruppen, die nicht fasten sollten: stark Untergewichtige, Menschen mit eingeschränkter Hirnleistung und Stillende. 

Die Klinik hat 100 Betten. Neben der Fastentherapie werden die Ernährungstherapie, Physikalische Therapien wie Massagen und kneippsche Anwendungen, Bewegungstherapie, Pflanzenheilkunde und die Ordnungstherapie angeboten. Neben dem Saftfasten nach Buchinger, das Dr. von Weckbecker, der Gründer der Klink weiterentwickelt hat, wird auch Fasten nach dem österreichischen Arzt F.X. Mayr angeboten. Ich werde hier Saftfasten. 

Es gibt also genügend Gründe bereits vor ernsten Erkrankungen zu fasten. Eine angenehme Umgebung und eine fachliche Begleitung machen dies leichter. 

In den Texten zur naturheilkundlichen Behandlung von Erkrankungen wird Fasten immer wieder als Erstmaßnahme erwähnt. Dr. Lischka, der Leiter der Klinik beschreibt es so: „Wenn ich ein Fenster neu streichen will, kratze ich vorher die alte Farbe ab. Warum gehen wir in der Behandlung von Erkrankungen davon aus, dass wir den alten Dreck im Körper drin lassen können.“ Deshalb setzt das Behandlungskonzept der Klinik auf das Prinzip: Säubern und ausleiten vor dem Aufbau und der Heilung mit naturheilkundlichen Methoden.

In Ruhe packe ich meinen Koffer aus. Eine Woche werde ich hier wohnen. Ich freue mich auf die Tage, die vor mir liegen. Langsam komme ich richtig an. 

Das Telefon klingelt und die Schwester aus der Tee-Küche fragt, ob ich zum Abendtee nach unten kommen möchte. Das hatte ich in den Unterlagen noch nicht gesehen. Hier gibt es feste „Mahlzeiten“, bei denen man sich trifft. Das ist Teil der Ordnungstherapie: feste Rhythmen über den Tag. Meine Überlegungen, wie ich meinen Rhythmus hier finde, haben sich damit erübrigt. Beim Fasten zu Hause bestimmt die Familie die Tagesrhythmen. Das fehlt hier. 
Die Ordnungstherapie geht zurück auf den Pfarrer Kneipp. Die Ordnungstherapie war der fünfte Baustein in dessen ganzheitlichem Behandlungskonzept. Lebensordnung bedeutet für ihn die Herstellung von körperlicher und seelischer Harmonie, der Einklang zwischen dem Mensch und seinem Umfeld. Mit sich und der Welt im Reinen sein. Fasten ist geradezu perfekt dazu geeignet Widerstände in sich selbst und um sich herum aufzuarbeiten. Wichtige Teile dieser Ordnungstherapie sind feste Rhythmen: Rhythmen des Tages, der Jahreszeiten, Feiertage oder besondere Tage in der persönlichen Entwicklung. 

Ich gehe nach unten und genieße den Tee. Den Honig, den es dazu gibt, lasse ich vorerst weg. In früheren Fastenzeiten ging es mir am besten, wenn ich außer Tee und Wasser nichts zu mir genommen habe. Hier möchte ich erst langsam austesten, wie mein Körper reagiert. 

Eigentlich hätte ich jetzt Zeit, die Arbeit zu beenden, die ich mitgebracht habe . Doch ich gönne mir einen freien Abend. Nach der Hitze des Tages bringt der Abend eine wunderbar milde Luft. Bis es dunkel wird, liege ich auf dem Balkon, lausche den Vögeln und lese nach langer Zeit wieder ein Buch, das kein Fachbuch ist.

Zweiter Fastentag. Sonntag

Gegen fünf werde ich wach, es ist schon hell draußen. Ich will die Balkontür etwas weiter öffnen, sause in der üblichen Geschwindigkeit aus dem Bett und lande fast daneben. Mir ist schlagartig schlecht und schwindelig. Mir fällt ein, dass ich beim Fasten langsamer aufstehen muss. Ich krieche also zurück in mein Bett, kann aber nicht mehr weiterschlafen. Die Übelkeit bleibt auch im Liegen. Mal ist mir heiß, dann wieder ziehe ich die Decke bis unters Kinn, weil ich friere. Ich habe furchtbaren Durst und völlig trockene Schleimhäute. Irgendwann stehe ich auf, wanke ins Bad und hole mir ein Glas Wasser ans Bett. 
Ich warte einige Zeit, massiere dann die Kreislauf -Reflexpunkte am Unterarm und meine Füße. Aber es fällt mir sehr schwer. Ich vermute, dass mein Blutdruck zu niedrig ist und dusche deshalb warm und kalt im Wechsel. Es wird etwas besser aber nicht durchgreifend. Sonst bringen mich meine Yoga-Sonnengrüße wieder auf die Beine aber heute dreht sich mein Magen schon um, wenn ich nur den Kopf nach unten nehme. Ich beende meine Versuche und lege mich wieder lang. 
Gestern hatte Dr. Gaisbauer gesagt, man könne sich zwischen 7:00 und 9:00 Uhr einen Einlauf machen lassen. Ich vermute, das könnte mir helfen und schleiche in die Kneipp-Station. Mein Geruchsinn ist absolut überempfindlich und alles stört mich. Jeder neue Geruch reizt meinen Magen neu und dreht ihn förmlich um. In der Kneipp-Station ist niemand, auch an der Rezeption ist noch niemand. Ich könnte den Arzt anrufen, aber so schlimm erscheint mir mein Zustand nicht.

Also gehe ich zunächst in den Fastensaal, wo zwischen 8:00 und 10:00 Uhr ein Glas frisch gepresster Möhren-Saft gereicht wird. Aber mein Magen weigert sich. Schon vom Geruch wird mir übel. Ich habe nicht einmal Appetit auf Tee, obwohl ich sonst den ganzen Tag lang Tee trinke. Ich probiere etwas heißes Wasser, das kalte bekommt mir jetzt aber besser. 

Inzwischen ist die Rezeption besetzt und ich schildere dort mein Problem. Sonntags gibt es den Einlauf nur im Notfall und sie empfiehlt mir doch, zunächst mit dem Arzt zu sprechen. Das ist dann kurz darauf auch möglich. Dr. Gaisbauer untersucht mich und misst normalen Blutdruck. Gegen die Übelkeit gibt er mir ein homöopathisches Mittel und ich merke noch dort, wie eine leichte Besserung eintritt. 
Ich schleiche in mein Zimmer und verkrieche mich unter der Decke. Ich schlafe tief und fest bis zum Mittag. Meine Übelkeit ist fast weg, nur mein Kreislauf ist noch etwas wackelig. 
Ich vermute , dass sich die Schwermetalle (Amalgamausleitung!) nach dem ersten Fastentag wieder gelöst haben und in mir herumkreisen. Ich muss herausfinden, wie ich die Ausleitung beschleunigen kann. Dr. Gaisbauer hatte mir den Brottrunk empfohlen, aber ich habe das Gefühl, das kann ich jetzt meinem Magen noch nicht zumuten. 
Ich greife noch einmal zum Öl und „schlürfe“. Beim Durch-die-Zähne-ziehen, massiere ich die Lymphreflexzonen und male mir bildlich vor, wie das Öl über die Lymphbahnen das Gift mitnimmt. 

Dann wird es Zeit für das „Mittagessen“. Ein weiterer Teil des Fastenkonzeptes der Klinik: morgens gibt es einen Saft, der bringt die Vitamine in den Körper, am Mittag gibt es eine Gemüsebrühe, die zwei Stunden geköchelt wird und die vor allem den Mineralstoffhaushalt aufrecht erhält, abends einen Tee mit einem Schälchen Bio-Honig. Heute wird eine Tomatensuppe mit frischem Basilikum gereicht. Es schmeckt köstlich. Mein Magen nimmt die warme Suppe dankbar an. 

Die „Mahlzeiten“ nimmt man hier immer in festen Tischgruppen ein. Meine Tischnachbarin bringt mich auf einen weiteren Gedanken, woher die Übelkeit stammen könnte. Vielleicht ist sie ein Zeichen meines Körpers, endlich zur Ruhe zu kommen, ausreichend zu schlafen, loszulassen und ohne Stress in den Tag zu gehen. Die letzten Tage vor der Kur waren wirklich extrem mit Arbeit angefüllt und nicht selten kam der Schlaf zu kurz. Tatsächlich fällt mir ein, dass ich schon während des Studiums nach besonders stressigen Zeiten Fieber bekam, zwei Tage schlief und wieder fit war. 

Nach dem Mittag schlafe ich wieder und wache am Nachmittag auf, als wäre nichts gewesen. Ich beschließe, schwimmen zu gehen. Zur Klinik gehört ein Schwimmbad, das vor allem gymnastischen Übungen dient, aber es ist so groß, dass man auch ganz gut schwimmen kann. Nur das Wasser ist mit 32-35 Grad C fast zu warm zum Schwimmen. Ich beginne langsam und nehme mir vor, jeden Ehrgeiz sein zu lassen. So ziehe ich ruhig meine Bahnen, genieße das Gleiten durchs Wasser und die Streckung des ganzen Körpers beim Schwimmen. 
Ich dusche ausgiebig und reibe meinen Körper mit einem duftenden Öl ein, das mir mein Heilpraktiker zu Hause gemischt hatte. Ein Fest für die Sinne. Ich fühle mich unglaublich wohl.

Am frühen Abend findet für die neu angereisten Gäste eine Führung durch das Haus statt. Frau Mahlmeister, die Hausdame (die auch für die schönen Blumenarrangements sorgt) zeigt uns alle öffentlichen Räume des Hauses: die Fasten- und Speisesäle, die Lehrküche, den Vortragsraum, gemütliche Leseecken und die Bibliothek, die Hauskapelle, zwei Saunen, Schwimmbad und Fitnessraum, Gymnastik- und Ergometrieraum sowie den gesamten therapeutischen Bereich. 
Sie erläutert die Handhabung des Kneipp-Sets, das auf jedem Zimmer liegt. Dazu gehört: ein Leinentuch für die Massagen, ein dickes Moltontuch, in das man nach der morgendlichen Essigabreibung eingeschlagen wird, ein kleiner Waschlappen, auch für die Essigabreibung und ein Leinentuch für den Kartoffelsack in der Mittagsruhe. Weiter gibt Frau Mahlmeister Hinweise zum Fasten (eine detaillierte Einführung gibt es morgen) und ermahnt, reichlich zu trinken, mindestes 2-3 Liter pro Tag, denn die Nieren brauchen gerade während des Fastens dringend die Flüssigkeit um die vermehrt frei werdende Harnsäure auszuscheiden. Dazu gibt es Tee-Stationen, wo man sich jederzeit Tee und Wasser holen kann. Neben der Rezeption befindet sich auch eine Abfüllstation für das Wernarzer Wasser aus der Quelle in Bad Brückenau, das speziell bei Entzündungen der Niere und der Harnwege hilft. 
Frau Mahlmeister rät: auch wenn es draußen heiß ist, gelegentlich warmen Tee zu trinken: „Die Mitte des Körpers braucht ab und an mal etwas Warmes.“ 

Sie berichtet vom Gründer Erich von Weckbecker, der schwer krank war, mittels Fasten jedoch geheilt werden konnte. Er gründete die Klinik um genau dieses Konzept in die Praxis umsetzen zu können. Er hat die Klinik über 50 Jahre geführt, bevor er sie 1998 dem Malteserorden übergab. Heute wird die Klinik nach ähnlichem Konzept von Frau und Herrn Dr. Lischka weitergeführt.

Inzwischen ist es Zeit für den Abendtee. Heute genieße ich den Honig pur zum Tee dazu. Der Vormittag ist vergessen. Noch lang sitzen wir am Tisch und tauschen uns aus. Auch beim Fasten kommt der gesellige Teil der Mahlzeiten nicht zu kurz. Das ist schön.

Ich beschließe noch etwas spazieren zu gehen, weil ich heute noch nicht draußen war. Tagsüber waren es Temperaturen über 30 Grad, das habe ich mir heute nicht zugetraut. Jetzt ist es mild und angenehm. Ich steige den kleinen Hang zum Wald an und freue mich, dass es so gut klappt. Von oben ergeben sich immer wieder weite Blicke über das Städtchen und das umliegende Hügelland. Ich laufe durch den Buchenwald und sauge meine Lungen voll mit Waldluft. 

Wieder im Zimmer setze ich mich an den Computer und schreibe. Durch die offene Balkontür höre ich das Vogelkonzert. Der Tag geht zu Ende. Ich stehe auf dem Balkon, höre den Vögeln zu, lasse meine Gedanken laufen und sehe zu, wie langsam die Nacht kommt. In mir ist tiefe Ruhe.

Dritter Fastentag. Montag

Früh erwacht die Klinik zu geschäftigem Treiben. Heute, am Montag, fangen die Anwendungen an. Mein Tag beginnt kurz nach sechs mit einer Essigabreibung . Noch im Bett wird der Oberkörper mit einer kalten Essiglösung abgewaschen. Danach wird man fest in ein Moltontuch eingepackt und ruht dann weiter im Bett. Ich bin an kaltes Wasser gewohnt weil ich auch sonst am Morgen kalt dusche aber in diesem Moment erschrecke ich: der kalte Waschlappen auf der bettwarmen Haut. Im Moltontuch stellt sich dann ein intensives Kribbeln auf der Haut ein. Ich spüre förmlich, wie der Kreislauf mobilisiert wird, mir wird immer wärmer. Schlafen kann ich jedoch nicht mehr. 

Nach der Essigabreibung habe ich kein Problem mit dem Aufstehen, das geht heute so zügig wie sonst auch. 

Ich dusche warm und kalt, begrüße den Tag an der offenen Balkontür mit meinen Sonnengrüßen und gehe richtig weit in die Körperdehnungen. Das tut gut. 

Hier in der Klinik wird am Morgen ein Teelöffel Bittersalz in einem viertel Liter Wasser eingenommen. Bittersalz ist ein mildes abführendes Salz und bindet Wasser . Diese Salzlösung spült den Darm – vor allem auch in den Bereichen, wo Einlauf oder Darmbad nicht mehr wirken. Vor allem beim ersten Mal schmeckt das Salz gallebitter. Ich setze an und trinke es in einem Zug aus, weil ich unsicher bin, ob ich ein zweites Mal ansetzen könnte. Ich trinke klares Wasser nach, das schmeckt jetzt fast süß. 

Mir ist der gestrige Tag noch gut in Erinnerung und ich beschließe vorerst zweimal am Tag Öl zu saugen um damit die Entgiftung und besonders die Amalgamausleitung noch stärker zu fördern. Manche Therapeuten empfehlen während einer solchen Ausleitungsphase nicht zu fasten, andere befürworten das Fasten besonders in dieser Zeit, begleitet von intensiver Ausleitung.Früh erwacht die Klinik zu geschäftigem Treiben. Heute, am Montag, fangen die Anwendungen an. Mein Tag beginnt kurz nach sechs mit einer Essigabreibung . Noch im Bett wird der Oberkörper mit einer kalten Essiglösung abgewaschen. Danach wird man fest in ein Moltontuch eingepackt und ruht dann weiter im Bett. Ich bin an kaltes Wasser gewohnt weil ich auch sonst am Morgen kalt dusche aber in diesem Moment erschrecke ich: der kalte Waschlappen auf der bettwarmen Haut. Im Moltontuch stellt sich dann ein intensives Kribbeln auf der Haut ein. Ich spüre förmlich, wie der Kreislauf mobilisiert wird, mir wird immer wärmer. Schlafen kann ich jedoch nicht mehr. 

Nach der Essigabreibung habe ich kein Problem mit dem Aufstehen, das geht heute so zügig wie sonst auch. 

Ich dusche warm und kalt, begrüße den Tag an der offenen Balkontür mit meinen Sonnengrüßen und gehe richtig weit in die Körperdehnungen. Das tut gut. 

Hier in der Klinik wird am Morgen ein Teelöffel Bittersalz in einem viertel Liter Wasser eingenommen. Bittersalz ist ein mildes abführendes Salz und bindet Wasser . Diese Salzlösung spült den Darm – vor allem auch in den Bereichen, wo Einlauf oder Darmbad nicht mehr wirken. Vor allem beim ersten Mal schmeckt das Salz gallebitter. Ich setze an und trinke es in einem Zug aus, weil ich unsicher bin, ob ich ein zweites Mal ansetzen könnte. Ich trinke klares Wasser nach, das schmeckt jetzt fast süß. 

Mir ist der gestrige Tag noch gut in Erinnerung und ich beschließe vorerst zweimal am Tag Öl zu saugen um damit die Entgiftung und besonders die Amalgamausleitung noch stärker zu fördern. Manche Therapeuten empfehlen während einer solchen Ausleitungsphase nicht zu fasten, andere befürworten das Fasten besonders in dieser Zeit, begleitet von intensiver Ausleitung.

Um 7:40 Uhr steht mein erster Visitetermin bei Frau Dr. Lischka auf dem Behandlungsplan. Sie untersucht mich und fragt nach meinem Befinden. Ich berichte vom gestrigen „Durchhänger“. Die Ödeme in meinen Beinen waren gestern auch am Abend kaum zu ertasten. Ich hatte viel gelegen und der Körper lagert während des Fastens weniger Wasser ein, heute sieht man sie schon wieder stärker. 
Wir besprechen, die Ausleitung noch zusätzlich durch die Einnahme von Chloella-Algen zu fördern. Für die Verspannungen in meinem Rücken verschreibt sie mir einige Massagen, unter anderem eine Dorn/Preuß Behandlung von der ich schon viel gehört habe und zur Behandlung der Ödeme eine Akupunkt-Massage nach Penzel. Damit ist der Behandlungsrahmen für die kommende Woche abgesteckt.

Nahtlos anschließend steht auf meinem Behandlungsplan ein Wechselfußbad . Ansteigende Fußbäder kenne ich gut, sie sind in unserer Familie üblich, wann immer sich jemand unterkühlt hat oder eine Erkältung „ausbrütet“, zur Entspannung aber auch zur Ausleitung; in dem Fall mit basischen Salzen. Fußbäder stehen bei unseren Kindern hoch im Kurs, möglicherweise liegt dies auch daran, weil dabei ausgiebig vorgelesen wird. Zu Hause erhöhen wir die Temperatur des Fußbades schrittweise. Dadurch wird der Körper richtig durcherhitzt. 
Kneipp arbeitet mit dem Warm-Kalt-Reiz. 5 Minuten lang bleiben die Füße und Unterschenkel bis kurz unters Knie in 38 Grad warmen Wasser und werden dann 10 s in 12 - 18 Grad kaltes Wasser getaucht. Dies wird noch einmal wiederholt. Dadurch wird eine intensive Durchblutung der Füße erreicht. Der Reiz stimuliert das Immunsystem und regt die Selbstheilungskräfte an. Nach dem kalten Fußbad prickelt meine Haut intensiv. Obwohl das Wasser nicht heiß war, habe ich „rote Strümpfe“ an – ein Zeichen für die intensive Durchblutung. 
Ich streife das Wasser mit den Händen ab und ziehe dicke Wollsocken an, die ein fester Bestandteil des Kneipp-Programmes sind und die ich deshalb schon vorsorglich eingepackt hatte. 

Bis zur nächsten Behandlung habe ich noch ein wenig Zeit und lege mich aufs Zimmer. 

Für 10:00 Uhr ist das Ergometertraining angesetzt, ein Bestandteil der Fastenkur, den alle Patienten durchlaufen. Besonders während des Fastens ist regelmäßiges Ausdauertraining wichtig, damit der Körper Fett abbaut und nicht Muskelmasse. Das Ausdauertraining fördert die „Herztätigkeit, den Zuckerstoffwechsel, die Atmung, den Knochen- und Fettstoffwechsel, die körperliche Abwehr und hebt die Stimmung“ [Lischka 2005 S.110]. Neben täglichem Ergometertraining gibt es noch viele andere Bewegungsangebote, die jeder Kurgast entsprechend der eigenen Fähigkeiten nutzen kann. Letztendlich ist auch Ziel dieser Kur zu erleben, wie sich der Körper anfühlt, wenn er regelmäßig bewegt wird, wie es unsere Vorfahren taten, nach deren Lebensmuster sich unser Körper entwickelt hat. 
Ich fahre gern und viel Rad, auf einem Ergometer habe ich noch nicht gesessen. Mit Hilfe der Parameter Puls, Wattzahl und Umdrehungen wird versucht den Körper innerhalb der 20 Minuten auf dem vom Arzt verordneten Trainingspuls zu halten um einen optimalen Trainingseffekt zu erreichen. Dr. Gaisbauer hatte mir einen Trainingspuls von 130 empfohlen. Es fällt mir schwer diesen zu halten, wenn ich die Wattzahl soweit erhöhe, dass ich mich anstrengen muss. Meist liegt mein Puls knapp über 140. Wenn ich sonst mit meiner Tochter im Hänger eilig die Hügel im Ort hinauffahre, habe ich sicher keinen optimalen Trainingspuls. Es ist für mich interessant den Zusammenhang von Belastung und Puls zu beobachten. Wie fährt es sich Rad bei optimalem Puls.

Die darauffolgende Colontherapie ist fast der wichtigste Teil des Fastens in dieser Klinik. Genauso wie die eingeschränkte Kalorienzufuhr gehört die tägliche Darmreinigung zum Fasten. Bei leerem Darm stellt sich der Körper auf den Fastenstoffwechsel ein. (siehe auch) Lischka-Heilfasten 
Neben Niere und Leber ist er das wichtigste Ausscheidungsorgan. Beim Fasten werden massiv Stoffwechselendprodukte frei, welche gären und faulen, falls sie lange im Darm verbleiben. Ein Teil der Darmreinigung obliegt der morgendlichen Bittersalzlösung, ein weiterer Teil der Colontherapie - das Darmbad – wie sie in der Klinik genannt wird. Beim Fasten zu Hause dient der Einlauf der täglichen Darmreinigung. 

Beim Einlauf wird ca. ein Liter Wasser in den Darm eingespült und auf „normalem“ Weg wieder entlehrt. Ein Darmbad spült gründlicher. 12,5 Liter Wasser mit milder Kamillenlösung werden mit kontrolliertem Druck eingelassen und wieder abgesaugt. Der Wechsel von Einlassen und Absaugen reinigt nicht nur gründlicher (weit in den Dickdarm hinein), sondern wirkt auch als Reiz. 
In den Gesprächen mit anderen Mitpatienten hörte ich oft große Scheu vor deren ersten Darmbad. Wer den Einlauf kennt, geht gelassener zum ersten Darmbad. Schwester Svetlana führt sehr vorsichtig ein gefettetes Stück Schlauch in den After ein. Das Wasser wird sehr sanft eingelassen und wieder abgepumpt, so dass ich nur das Fließen des Wassers im Bauch spüre. Sorgfältig kontrolliert Schwester Svetlana alles, was den Körper wieder verlässt. Es sind wichtige Hinweise über das, was in meinem Darm und Körper passiert. Nach 10 Minuten ist der Großputz von innen vergessen.. Das erwartet mich jetzt jeden Tag – außer sonntags. 

Vor jedem Darmbad wird gewogen - ein tägliches Ritual. Nicht wenige Patienten kommen mit der gesundheitlichen Notwendigkeit, Gewicht abzubauen. Dann ist das tägliche Wiegen ein spannender Moment: wie weit bin ich gekommen.
Bei mir zeigt die Waage: 56,8 kg, ich habe seit dem Entlastungstag am Freitag 3,2 kg verloren. Das ist normal für die ersten Tage des Fastens, weil der Darm jetzt leer ist und der Körper verstärkt Wasser abbaut. Von nun an wird es sicher langsamer gehen.

Ich hatte eine Arbeit mit hierher gebracht. Es wird Zeit, dass ich diese beende. Eher widerwillig setze ich mich an den Computer. Es geht nicht voran und ich bin froh, als es endlich Mittagszeit ist. Heute gibt es Kartoffelbrühe mit Kresse. 

Nach dem Mittagessen folgt ein weiterer wichtiger Teil des täglichen Fastenprogrammes: die Mittagsruhe mit dem Leberwickel. Nach dem Essens finde ich wie jeder Kurgast einen Sack mit heißen, grob gepressten Kartoffeln in meinem Bett. Diesen lege ich mir während der Mittagsruhe auf die rechte Seite des Oberbauches, auf die Leber. Der Leberwickel fördert die Durchblutung der Leber und damit Ihre Fähigkeit zu entgiften. Zu Hause lege ich mich auch gern nach dem Mittag eine halbe Stunde lang. Nicht immer gelingt dies im Alltag. Hier darf ich – ja soll sogar - ausgiebig ruhen. Ich schlafe fest ein –auch mit dem Kartoffelsack auf dem Bauch. 

Am Nachmittag bekomme ich noch eine Massage . Vorher beginnt das Walking, eines der zusätzlichen Bewegungsangebote der Klinik. Ich möchte es gern ausprobieren und entschließe mich, zumindest ein Stück mit zu laufen, um die für mich neue Technik kennen zu lernen. 

Die Gruppe steigt den Hügel hinter der Klinik hinauf. Auf der ersten Anhöhe erklärt der Physiotherapeut Jagos Marek die Technik: kurze Schritte, bewusstes Abrollen der Füße und begleitende Armbewegungen. Die Gruppe beginnt ihre Runde durch den Wald. Ich laufe 10 Minuten mit, jogge zurück und bin überrascht, wie gut das geht. 

Ich brause mich kurz ab und gehe mit meinem Leinentuch zur ersten Massage hier. Während meiner Arbeit sitze ich überwiegend und habe damit wie viele meiner Kollegen immer wieder Probleme mit verspannter Muskulatur im Rücken und schmerzenden Stellen der Wirbelsäule. Wenn ich es im Alltag schaffe, regelmäßig den Tag mit meinen Morgenübungen zu beginnen und wenigstens zweimal pro Woche abends mit den Inline-Scates zu laufen, bin ich beschwerdefrei. Trotzdem finden die kundigen Hände des Masseurs Sven Neiße jetzt sehr schnell die Stellen, wo meine Muskeln verspannt sind. Ich halte die Luft an, wenn er an den besonders verspannten Muskelpartien arbeitet, eigentlich sollte ich locker lassen. Stück für Stück massiert er alle Muskeln des Rückens und am Hals, die letzten Muskelgruppen am Hals dann im Sitzen. In der zweiten Hälfte der Massage kann ich seine Hände genießen und viel zu früh sind die 20 Minuten der Behandlung zu Ende.

Frau Mahlmeister und Schwester Elisabeth laden zu einer Einführung zum Fasten in den Vortragssaal ein. 
Viele Menschen denken beim Wort „Fasten“ an das nagende Hungergefühl, welches man hat, wenn man im normalen Alltag eine Mahlzeit auslässt. Mit dieser Vorstellung ist es undenkbar längere Zeit zu fasten. Doch Fasten bedeutet „Entsagen“ nicht „Hungern“. Mit dem Umschalten auf den Fastenstoffwechsel verschwindet das Hungergefühl bei vielen Menschen völlig. Es gibt unterschiedlichste Formen des Fastens. Am bekanntesten ist sicher das Saftfasten, welches die meisten Patienten hier praktizieren. Aber man kann auch mit Getreideschleim oder Molke fasten. In dieser Klinik wird Patienten mit Magenproblemen auch Fasten nach dem österreichischen Arzt F.X. Mayr angeboten, einer Milch-Semmel-Diät, die jedoch streng genommen wegen der höheren Kalorienzahl nicht mehr zum reinen Fasten gerechnet wird. 

Frau Mahlmeister erläutert den Tagesablauf beim Fasten, spricht über die Zeremonie des Abfastens und die Zeit nach dem Fasten. Infolge des Fastens werden die Geschmacksknospen regeneriert und sind – genau wie der Geruchsinn - nach dem Fasten deutlich empfindsamer. Man braucht dann weniger Salz, weniger Gewürze... 

Neben der körperlichen erreicht man mit dem Fasten auch eine innere Reinigung. Manch innerer Ballast kommt zum Vorschein und will verarbeitet werden. Dazu ist Ruhe, manchmal auch äußere Unterstützung hilfreich oder notwendig. Das ist Schwester Elisabeths Gebiet. Sie ist Ordensschwester der Vinzentiner
Fasten und Beten gehörten in der abendländischen Tradition schon immer zusammen. Ziel der religiösen Fastenperioden war und ist es den Geist zu erfrischen, Raum für Neues zu schaffen.

Sie bietet Messen in der Haus-Kapelle an, Meditationen und Einzelgespräche und ist Gesprächspartner für alle, die eine seelisch-geistige Begleitung während des Fastens wünschen. 
Neben der christlichen Begleitung werden Kurse zum Trophotraining und Einzelgespräche mit speziell ausgebildeten Ärzten angeboten. 

Wir treffen uns zum Abendtee wieder in der Tischgruppe . Wir reden über den Tag, erzählen von den Dingen, die uns in die Klinik geführt haben.

Nach dem Abendtee freue ich mich noch auf ein besonderes Angebot: den Meditativen Tanz. Ich tanze unglaublich gern und hatte mir schon bei der Ankunft diesen Termin gedanklich markiert. Nur eine kleine Gruppe von 6 Frauen findet sich im Gymnastiksaal zusammen – im Alter wieder bunt gemischt. Christine Ortloff erklärt die Tänze, ihre Bedeutung. Sie hat alte internationale Weisen ausgewählt. Wir tanzen im Kreis, zunächst ohne, dann mit Musik von CD. Es ist nicht wichtig, ob man tanzen kann und ob alle Schritte „stimmen“. Es zählt allein das Fließen der Bewegung in der Gruppe, der Wechsel vom sich-Verschließen und Öffnen, Aus-der-Quelle-schöpfen, Kraft-für-sich-behalten und Leben-verschenken. Mit unseren Bewegungen setzen wir Grenzen und nehmen Raum, lassen die Weite auf uns wirken. Ich spüre die Wärme und Nähe der anderen Frauen und ich fühle mich getragen von den alten Weisen und der Bewegung. Ich schließe die Augen, nehme die Bewegungen ganz in mich auf. Ganz leicht fühle ich mich und könnte noch ewig weiter tanzen. In diesen Tänzen steckt so viel Kraft und Leichtigkeit gleichermaßen. Beides nehme ich mit nach oben in mein Zimmer. 

Ich stehe noch einen Augenblick auf dem Balkon und lasse die Musik und die Bewegungen nachwirken. 
Dann zwinge ich mich an meine Arbeit zurück. Noch immer liegt dort seit dem Vormittag das unerledigte Problem. Wie ein tonnenschweres Gewicht liegt es auf dem Schreibtisch. Ich schaffe es nicht, es zu lösen. Gegen 23.00 schalte ich müde und genervt den Computer aus. Ich ärgere mich, dass ich mich hier mit diesem „Zeug“ beschäftigen muss. Bereits am Samstag gab es niemanden zur Entlastung, heute ist es nicht anders. 
Ich lausche noch einige Zeit auf dem Balkon in die Nacht. Still ist es jetzt. Mein Ärger verfließt langsam. Ich werde eine Lösung finden. 

So müde ich war, als ich schlafen ging, im Bett liege ich noch lange wach und hänge meinen Gedanken nach. Ich lasse sie spazieren gehen und finde eine Idee für mein Problem, ohne danach gesucht zu haben, träume.... Nach einer gezielten Entspannungsübung schlafe ich ein, spät ist das.

Vierter Fastentag. Dienstag

Viel zu früh am Morgen kommt Schwester Svetlana um 6:10 Uhr mit der Essigabreibung. Heute wird mir sehr warm in meinem Moltontuch. Ich bin noch müde, schlafen kann ich aber nicht mehr. 

Gegen sieben Uhr schäle ich mich aus meiner Verpackung, dusche warm und kalt – jetzt bin ich wach. Ich sauge Öl, wieder habe ich das Gefühl, dass mir das gut tut. 

Um 7:45 bietet die Klinik Frühsport mit der Sporttherapeutin Birgit Presser an. Der Gymnastiksaal ist gut gefüllt. Birgit Presser treibt den letzten Rest Müdigkeit aus den Gliedern. Mit unglaublich viel Schwung steppt sie auf der Stelle, treibt Arme und Beine zur Bewegung. Dazu gibt es flotte Musik und ihre ermunternden Rufe. Mit ihrer Dynamik reißt sie die Leute einfach mit. Dem Steppen folgen Ballübungen zur Dehnung und Koordination. Zum Abschluss laufen alle barfuss durch das feuchte Gras vor dem Gymnastiksaal –eine kneippsche Anwendung. Bei allen Bewegungsangeboten ist das breite Altersspektrum und die Vielfalt der Teilnehmer eine große Herausforderung an den Übungsleiter und Therapeuten: wie gestaltet er ein Angebot so, dass aktive Menschen noch gefordert werden, in der Bewegung eher ungeübte Menschen jedoch nicht frustriert aufgeben. 

Zum Ergometertraining komme ich zu spät, weil ich zu lange beim Frühsport gewesen bin. Frau Günther ist etwas ärgerlich, weil sie wegen eines anderen Termins pünktlich weg muss. Also verschieben wir das Training auf den späten Vormittag. 

Ich laufe die Treppen zum Zimmer in die 4. Etage hinauf. Das geht ziemlich flott. Im Gegensatz zu früheren Fastenzeiten merke ich bisher bei Bewegungen, die kurzzeitig Energie abfordern, keinen Leistungsabfall. Ob das am gründlicheren Darmbad oder an den Mineralien liegt, die mittels Salz und Suppe zugeführt werden? Ich nehme mir vor nachzufragen. 

Es ist noch etwas Zeit um die Idee auszuprobieren, die ich gestern Nacht hatte. Tatsächlich klappt es und ich komme zügig voran. Nach zwei Stunden habe ich die Arbeit beendet, die mich seit zwei Tagen nervt. Ich schicke die Informationen an meine Kollegin, die nun weiter arbeiten kann. Eine tiefe Zufriedenheit stellt sich ein. Jetzt habe ich den Kopf endlich wieder frei. 

Im Therapiezentrum erwartet mich ein Kräutervollbad. Ich wähle Rosmarin, ein altes Heilkraut, das anregend, kräftigend und entgiftend wirkt. Ich liege 10 Minuten bis zum Hals im duftenden Kräuterbad. Es riecht ein wenig nach Wald und ein wenig nach Kirche. Das Bad heizt mich gut auf und ich höre meinen Puls. Danach werde ich mit dem Schlauch bei den Füßen beginnend kalt abgespült. Jetzt kribbelt meine Haut wieder und ich fühle mich erfrischt.

Der nächste Punkt auf meinem Behandlungsplan ist eine Fußreflexzonenmassage bei Sven Neiße. Ich bin neugierig, wie es sich anfühlt, wenn ein ausgebildeter Masseur arbeitet. Ich habe viel darüber gelesen und der Kinderarzt meiner Tochter hat oft gezeigt, wie man bestimmte Reflexzonen der Füße behandelt weil ihm wichtig ist, dass sich Eltern und Kinder in Notsituationen selbst helfen können. So habe ich diese Zonen oft bei mir oder meiner Tochter massiert. 
Was mir zuerst auffällt: der Masseur drückt viel stärker auf als ich - sicher ein Problem bei der Selbstbehandlung. Er massiert Stück für Stück alle Reflexzonen, verweilt, wo er Widerstand spürt, bis er diesen auflöst. Meist spüre ich diese Zonen auch sehr deutlich. Zielsicher identifiziert Sven Neiße angegriffene oder belastete Organe: Niere, Leber-/Bauchspeicheldrüse und Darm. Das ist für mich nicht neu. Erstaunlich ist das Erleben, wie sicher und schnell er „über die Füße“ diese Schwachstellen findet. Theoretisch war mir durchaus klar, dass viele Therapeuten nicht nur über die Füße therapieren sondern auch diagnostizieren. 
Lesen Sie auch: Ewald Kliegel "Reflexzonen - Was ist gesichert?
Weiterführender Link: Hanne Marquardt Die Reflexzonentherapie am Fuß 

Zur Colontherapie frage ich Schwester Svetlana ausführlich aus, wie weit das Darmbad reicht. Anhand einer Zeichnung kann sie es mir zeigen: bis in den Oberbauch hinein, bevor der Dickdarm wieder nach unten verläuft und dort an den Dünndarm stößt. Ich hatte mich vorher noch nie so ausführlich mit meinem Darm beschäftigt, ich hätte auch Schwierigkeiten gehabt, die einzelnen Elemente aufzuzählen: Zwölffingerdarm, Dünndarm, Dickdarm, Enddarm... So ist dieser Klinikaufenthalt ein willkommener Anlass ein wenig mehr über meinen Körper zu erfahren. 
Die Waage zeigt 56,1 kg, eine Differenz von 0,7 kg gegenüber gestern. Es ist eine scheinbare Genauigkeit, die wir hier messen. Bereits eine Tasse Tee mehr oder weniger verändert das Ergebnis um 200 g nach oben oder unten. Weitere Parameter beeinflussen das Gewicht, doch dazu später mehr. 

Im Ergometrieraum ist jetzt tatsächlich ein „Fahrrad“ für mich frei und ich starte meine „Runde“. Ich fühle mich gut, drehe die Wattzahl hoch und schaffe 105 Watt in der Spitze, ohne dass sich mein Puls zu sehr erhöht. Heute habe ich einen Turbo in den Beinen. Auf dem Display gibt es noch eine interessante Maßzahl: die verbrauchten Kalorien. Bisher habe ich mich nie damit beschäftigt, meine Ernährung nie nach einer Kalorientabelle berechnet. Ich bin erstaunt, wie wenig Energie ich mit dem Rad „runterstrampele“: In 20 Minuten komme ich knapp über 100 Kilokalorien. Wenn man vergleichsweise dagegen rechnet, dass 100g Obstkuchen (ohne Sahne) schon ca. 229 kcal hat.... Mit einem Spaziergang nach dem Essen ist die zu viel aufgenommene Energie sicher nicht wieder abgelaufen. 

Zum Mittag wartet eine Möhrenbrühe mit Petersilie. Die Brühe ist für mich wie für viele andere Faster der Höhepunkt des Tages. Wir löffeln genüsslich. Wie wenig doch plötzlich zur Zufriedenheit ausreicht. 

Nach der kurzen Nacht freue ich mich jetzt auf die Mittagsruhe. Bis halb drei schlafe ich mit meinem Kartoffelwickel. 

Mir fällt auf, wie häufig ich das Bedürfnis habe, mir die Zähne zu putzen. In der Entgiftungsarbeit des Körpers lagert sich hier immer wieder ein Belag an. Der Belag auf meiner Zunge hat sich zwar reduziert, ist aber noch deutlich zu sehen. Man sollte fasten, bis er gänzlich verschwunden ist, als Zeichen, dass der Körper seine Entgiftungsarbeit beendet hat. 

Nach der Mittagsruhe bietet die Physiotherapeut Jagos Marek einen Vortrag im Therapiezentrum an: „Richtig kneipen und saunieren“. Viele Besucher drängen sich im Therapiezentrum.
Der erste Teil seines Vortrages gilt der  Sauna, welche die meisten Besucher schon gut kennen. Die Benutzung der Sauna wird während des Fastens vom Haus ausdrücklich empfohlen, weil der Körper über die Haut sehr viele Giftstoffe ausscheidet. Während des Fastens gewinnen einige allgemeine Regeln des Saunierens eine besondere Bedeutung. Wichtig ist, sehr sorgfältig auf die Hinweise des Körpers zu achten und ohne Zwang an den Saunabesuch zu gehen. Das heißt, den Heißraum zu verlassen, wenn man das Gefühl hat, dass es unangenehm wird, nicht mehr als drei Saunagänge hintereinander zu absolvieren und vor allem viel zu ruhen. 
Gerade beim Fasten erhöht der heiß-kalt-Reiz der Sauna die Durchblutung der Haut und fördert damit die Ausscheidung. 

Den zweiten Teil seines Vortrages widmet er den kneippschen Anwendungen, die in der Klinik begleitend bei fast allen Erkrankungen eingesetzt werden. Pfarrer Kneipp förderte und trainierte mit seinen Anwendungen und den damit gesetzten Reizen die Lebensenergie und die Selbstheilungskräfte. Die Kneipp-Therapie ist ein in sich geschlossenes ganzheitliches Behandlungs-System, bestehend aus: den bekannten Wasseranwendungen, dem Einsatz von Heilpflanzen, einer Ernährungslehre, der Bewegungs- und Ordnungstherapie. Es gibt gleichermaßen Wege zur Heilung wie zu dauerhafter Gesunderhaltung vor. In seinem Vortrag geht Jagos Marek hauptsächlich auf die Wasseranwendungen ein, stellt einige davon vor und lässt die Teilnehmer ausprobieren. 
Grundprinzip der vorgestellten Anwendungen ist der Wechsel von warm und kalt, der die Blutgefäße und den gesamten Körper trainiert. Regelmäßige Kaltanwendungen über einen Zeitraum von mehreren Wochen verringern die Anfälligkeit des Körpers gegenüber Stress – auch gegenüber psychischem Stress, der heute Auslöser für viele Erkrankungen ist. Bei den Kaltanwendungen werden Stresshormone ausgeschüttet, je häufiger dies passiert, um so weniger davon werden ausgeschüttet. In dieser Weise führen äußere Reize seltener zu Stressfaktoren [Gay 2002]. Es ist also wichtig, die in der Klinik kennen gelernten Anwendungen zu Hause fortzuführen, um den erreichten Heilungserfolg zu festigen. 

Ein Kältereiz wird immer nur auf die warme Haut gegeben. Wasser kann optimal Wärme transportieren, deshalb ist es für diese Anwendungen so gut geeignet. 

Zwei Anwendungen zeigt Jagos Marek exemplarisch: den Knieguss und das Unterarmbad. 
Beim Knieguss wird mit einem Schlauch oder Kneipp-Rohr zunächst 36 bis 38 Grad warmes Wasser am rechten Bein von unten beginnend außen bis zum Knie geführt und innen wieder bis zum Fuß. Dann am linken Bein analog außen nach oben bis zum Knie und innen wieder nach unten bis zum Fuß. Dies wird zweimal wiederholt. Mit 15 bis 18 Grad kaltem Wasser geht der Therapeut jetzt gleichermaßen vor. Der Wasserstrahl legt sich wie eine Hülle um die Haut und gibt die Wärme an die Haut ab oder nimmt die Wärme mit. Das ganze Programm wird in dieser Weise wiederholt und mit kaltem Wasser abgeschlossen. Man streift das Wasser mit den Händen ab und zieht sich warme Wollsocken an. Der Knieguss wird bei Durchblutungsstörungen der Venen eingesetzt, bei chronisch kalten Füßen, Einschlafstörungen, Erschöpfung und Müdigkeit. 

Die zweite Anwendung, das Unterarmbad bezeichnet Jagos Marek als Espresso der Naturheilmedizin. In speziellen Becken werden die Arme bis weit über die Ellenbogen zunächst 5 Minuten in warmes Wasser getaucht, danach wenige Sekunden in kaltes Wasser. Auch hier wird die Anwendung wiederholt und mit dem kalten Wasser abgeschlossen. Spezielle Kräuterzusätze können die Wirkung des Armbades unterstützen. 

Auf meinem Behandlungsplan steht heute noch die Akupunkt-Massage nach Penzel. Leider habe ich nicht gründlich genug auf die Zeit gesehen und die Anfangszeit verpasst. Sebastian Wurster hat jetzt nicht mehr genug Zeit, die Behandlung dauert länger als eine Stunde. Wir müssen einen neuen Termin finden. Ich ärgere mich über meine Panne.

Als Vorteil der verschobenen Behandlung gewinne ich etwas Zeit für Besorgungen in der Stadt. Infolge des Fastens hat meine Monatsblutung neun Tage früher eingesetzt. Damit hatte ich nicht gerechnet und folglich nichts mitgebracht. Offensichtlich will mein Körper auf allen Ebenen entgiften. Ich steige den Berg hinab in das Städtchen. 

Bad Brückenau wurde schon seit dem 19. Jahrhundert als Kurort genutzt. Das eigentlich Zentrum der Kuranlagen ist das Staatsbad, ca. 3 km entfernt. Alle Läden und die kleine Fußgängerzone liegen aber unweit der Klinik. Ich bekomme das Benötigte schnell. Im Sanitätshaus kaufe ich mir eine Trockenbürste um mir die Haut bürsten zu können. Der Verkäufer fragt, ob ich von oben aus der Klinik komme. Sind die Faster hier schon berühmt-berüchtigt? Ganz ungläubig hört mir der Verkäufer zu, dass man mit Freude fasten kann. 

In der Fußgängerzone gibt es zahlreiche Kaffees und Gaststätten. Mitfaster erzählten, dass ihnen die Hinweise zu Essen-Angeboten jetzt stärker auffallen als sonst. Nach den Anfangstagen fällt es meist nicht mehr schwer, daran vorbei zu gehen. Zu Hause habe ich während der Fastenzeiten auch für die Familie gekocht. Meist schöpfe ich daraus neue Freiheit für den Alltag, ich muss nicht jeder Versuchung nachgeben. 

Ich bin durstig. Bevor ich wieder nach oben zur Klinik steige, gehe ich noch zu einer der zahlreichen Quellen in Bad Brückenau. Nicht weit von hier wird die Georgi-Quelle aus 554 m Tiefe nach oben geführt, deren Wasser vor allem bei Magen- und Darmstörungen eingesetzt wird. Ich trinke, bis mein Durst gestillt ist. Mein Lieblingswasser würde es sicher nicht werden. Für den Dauergebrauch sind diese Wasser ohnehin selten geeignet. 

Zum Abend gibt es Apfeltee. Er schmeckt unglaublich fruchtig und ist so süß, dass ich den Honig weg lasse. 

Heute Abend steht noch ein Vortrag zum gesunden Abnehmen auf dem Klinikprogramm. Ich beschließe, diesen auszulassen (das ist gerade nicht mein Thema) und laufe statt dessen mit meiner Tischnachbarin eine schöne Runde durch den Wald fast bis zum Staatsbad und durch das Sinntal zurück. Es ist ein milder Abend und das zügige Laufen tut gut. Morgen wird sie abreisen. Schade, wir haben uns gut verstanden. So manches Gespräch klinkt noch nach und lässt seine Spur in mir. 

Wieder im Zimmer schreibe ich meine Erlebnisse und Gedanken auf. Es gibt viel nachzuholen. Wenn ich zu lange warte , verwischt sich einiges in seiner Vielfalt schon nach wenigen Tagen: Therapien, Menschen, Gespräche, Gedanken..... 

Beim Ölsaugen friere ich heftig. Das kenne ich aus der Anfangszeit meiner Amalgamausleitung, da habe ich oft nach 10 Minuten Ölsaugen fast vor Kälte gezittert. Ansonsten friere ich hier seltener als beim Fasten zu Hause. Das mag am warmen Wetter oder daran liegen, dass mehr Energie über den Saft und die Brühe zugeführt wird als zu Hause, wenn ich nur mit Wasser und Tee faste. 

Ich liege schon im Bett und lese noch ein wenig. Ich hatte mir „Siddharta“ von Hermann Hesse mitgebracht, ein Buch, was ich schon lange lesen wollte. Auf Seite 53 finde ich einen Satz, der wie kein zweiter auf meinen Aufenthalt hier passt:

 

 Jeder kann zaubern, 
 jeder kann seine Ziele erreichen, 
 wenn er denken kann, 
 wenn er warten kann, 
 wenn er fasten kann.
 
 (Hermann Hesse, Siddharta)

 

Ich beschließe, dieses Zitat dem Artikel voran zu stellen. 

Fünfter Fastentag. Mittwoch

Der Tag beginnt mit Schwester Svetlana`s Essigabreibung. Heute schlafe ich sogar noch einmal ein, leider nicht lange, denn heute klingelt mein Wecker. Um 7:00 Uhr ist die erste Massage angesetzt – kein Tag für Langschläfer. 

Die Rose, die mich bei meiner Ankunft begrüßte, lässt heute den Kopf hängen. Für mich ein Zeichen, dass die Hälfte meines Aufenthaltes überschritten ist. Ein Zeichen mehr die Tage hier gut zu nutzen. 

Bereits bei den morgendlichen Übungen merke ich, wie mein Körper langsam Ballast abwirft und wie es jeden Morgen etwas leichter wird. Ein tolles Körpergefühl! 

Pünktlich um 7:00 Uhr treffe ich bei Sven Neiße zur Massage ein, einmal mehr zur Linderung der muskulären Verspannungen am Rücken. Heute profitiere ich bereits von der letzten Massage. Es ist deutlich weniger schmerzhaft und ich genieße die Massage viel früher als beim letzten Mal. Mit festen Händen streicht er die Verspannung aus den Muskeln. Das tut unglaublich gut. Ich hören auf den Rat des Masseurs und krieche danach noch einmal in mein Bett. Eine warme Wärmflasche (auf jedem Zimmer liegt eine Wärmflasche) lasse ich Stück für Stück langsam nach unten rutschen, so dass jede Stelle noch einmal richtig durchgeheizt wird. Mal döse ich, mal lasse ich meine Gedanken spazieren gehen. Dann bleibt noch Zeit zum Schreiben. 

Um 9:50 Uhr steht ein Armbad auf meinem Behandlungsplan. Den Ablauf hatte ich bereits gestern bei Jagos Marek gesehen. Im Therapiezentrum gibt es dafür spezielle Armbecken – jeweils zwei pro Patient. Heute wähle ich den Weizenkeimzusatz, der entgiftend wirkt aber auf Grund des hohen Anteils an Vitamin E auch hautpflegend. Meine Arme liegen im warmen Wasser, fast könnte es noch heißer sein. Ich höre den anderen Kurgästen im Raum zu, die über dies und das plaudern. Beim Wechsel in´s kalte Bad prickelt es wieder angenehm. Das Armbad wirkt anregend und stimuliert den Kreislauf und die Atmungsorgane. Deshalb wird es oft als Stimulans bei asthmatischen Beschwerden eingesetzt [Gay2002-1]. Zu Hause benutze ich ansteigende Armbäder, wenn mir kalt ist – einfach im Waschbecken. Das geht schneller als ein Fußbad. 
Als ich das Wasser abstreife, habe ich lange rote „Handschuhe“ an, ein Zeichen für die starke Durchblutung. 

Für mein tägliches Darmbad bleibe ich im Therapiezentrum. Die Waage zeigt heute 56,3 kg, 200 g weniger als gestern. Im Schnitt nimmt eine Frau 200-300g pro Tag ab, ein Mann 300-500g pro Tag. Mit viel Sport nebenher kann es sein, dass man sogar zunimmt, weil Muskeln schwerer als Fett sind. Wenn also Fett abgebaut und Muskelmasse aufgebaut wird, wiegt man mehr. [Lischka 2005] Genau genommen müsste man also den Abbau von Fettzellen ermitteln. 

Das folgende Ergometertraining fällt mir heute sehr schwer, weil ich „Blei in den Füßen“ habe. Unter Einhaltung des Trainingspulses komme ich nur auf 85 Watt. Vermutlich hängt dies mit der Abfolge der einzelnen Anwendungen zusammen. 

Es bleibt noch etwas Zeit zum Schreiben, bevor ich zur Mittagsbrühe gehe. Heute gibt es wieder leckere Tomatenbrühe mit Basilikum. 

Währende der Mittagsruhe schlafe ich heute nicht. Sicher habe ich nachts genug geschlafen. Ich wende meinen Wickel regelmäßig und lese. 

Für den Nachmittag habe ich mich zum Nordic Walking eingetragen. Ich habe viel davon gehört und möchte es selbst einmal probieren. 16 Klinikgäste warten an der Rezeption. Birgit Presser erklärt auf der Wiese vor dem Haus die Technik: Laufen wie sonst, die Arme mit dem zunächst schleifenden Stock mitschwingen lassen und Stück für Stück aktiv einsetzen. Einige Male geht es auf der Wiese hin und her. Ich komme einfacher in den Rhythmus, wenn ich die Arme erst mitschwingen lasse und dann aus der Bewegung heraus die Stöcke aktiv einsetze. Sobald ich darüber nachdenke, wie ich den Stock setze, geht es schief. Sebastian Wurster erklärt noch den parallelen Einsatz der Stöcke bergauf und bergab und dann versuchen wir den praktischen Einsatz. Wir laufen eine Anliegerstraße entlang bis zum Wald. Dort dehnen wir ausgiebig Sehnen und Muskeln, bevor sich die Gruppe teilt. Birgit Presser läuft eine längere Runde, Sebastian Wurster begleitet eine kürzere Runde, so kann jeder nach seinen Fähigkeiten die Technik probieren. Beim zügigen Laufen durch den Wald komme ich dann – zumindest auf gerader Strecke - mit den Stöcken schnell klar. Ich spüre die Belastung in den Oberarmen und im Schulterbereich. Tief atme ich die Waldluft ein und habe das Gefühl Kraft aufzutanken. Das Laufen fällt mir leicht. Eine wohltuende Müdigkeit steckt in meinen Gliedern als wir nach einer knappen Stunde wieder in der Klinik ankommen.

Ich dusche und gehe zur Lehrküche. In der Klinik legt man sehr viel Wert auf die Vorbereitung der Kurgäste auf die Zeit nach dem Fasten: Wie sieht es danach in den Kochtöpfen zu Hause aus? Dies bestimmt maßgeblich, ob der Erfolg des Fastens über einen möglichst langen Zeitraum erhalten bleibt. Deshalb wird eine Lehrküche mit einer Vielzahl von Rezepten angeboten. Zweimal pro Woche kann der Diätköchin auf die Finger gesehen, möglichst viel gefragt und natürlich auch probiert werden. Denn das beste Kochbuch kann nicht vermitteln, wie gut die dort beschriebenen Gerichte riechen und schmecken.

Die Diätköchin Barbara Jopp zeigt, wie man vollwertige Gerichte schnell selbst zubereiten kann.

Heute hat sie vorbereitet:

  • Müsli
  • Apfelstrudel
  • Saltimbocca 
  • Frischkornbrei
  • Kartoffelpizza
  • Zuchinisouflee

Saltimbocca – das sind Kohlrabischeiben mit Tomaten und Käse überbacken. 

Viele Menschen sind der Meinung, Vollwertkost schmeckt fade und ist aufwändig. Beide Vorurteile werden hier im eigenen Erleben widerlegt. Nacheinander stellt Barbara Jopp die einzelnen Rezepte vor, erläutert die Besonderheiten der Zubereitung und zeigt, wie aus den vorbereiteten Zutaten einfach und schnell die Gerichte entstehen. Im Ofen kommen sie zur Vollendung. Dazwischen geht sie auf spezielle Zutaten der Vollwertküche ein: das Vollkornmehl aus den unterschiedlichen Getreidesorten, Alternativen zum Zucker: Honig und Dicksäfte, die Verwendung des richtigen Öls. Schon nach kurzer Zeit durchziehen leckere Düfte die Lehrküche. Die Faster bleiben eisern, für sie muss der Genuss der Düfte reichen. Alle anderen dürfen von den Köstlichkeiten probieren und nach kurzer Zeit sind die Teller leer. „Das schmeckt aber lecker.“, „Das hätte ich nicht gedacht, dass das so gut schmeckt.“, „Hmmm – und ganz ohne Fleisch.“ – die Kommentare sprechen für sich. Die Rezepte dürfen die Teilnehmer mit nach Hause nehmen damit sie dort selbst probieren können. 
Für mich persönlich war das Müslirezept eine Entdeckung. Ich war überrascht, wie einfach man ein Knuspermüsli im Ofen backen kann. Bezüglich Müsli gibt es zu Hause immer einen Disput mit meinen Kindern, weil ihnen zuckerfreie Müslis – auch die aus dem Naturkostladen - nicht schmecken. Dieses Müsli hier wird mit Honig gebacken. Ich nehme mir vor, es zu Hause gleich zu probieren. (Nachtrag: das Müsli hat meinen Kindern geschmeckt und inzwischen gibt es diverse Varianten des Grundrezeptes und immer eine Schüssel selbst gebackenes Knusper-Müsli im Schrank .....). 

Ich koche seit vielen Jahren vollwertig und meine Familie mag die deftige Vollwertkost. Trotzdem nehme ich viele neue Anregungen mit. 

Wir treffen uns zum Abendtee. Heute lasse ich den Honig wieder weg. Ich habe das Gefühl, dass der Hunger dann seltener kommt. Mir fällt auf, dass der Hunger fast nur am Schreibtisch durchblitzt, eigentlich nie in der Bewegung. Es muss mit der körperlichen Ruhe bei der geistigen Arbeit zusammenhängen. 

Danach lädt Dr. Gaisbauer 
ins Klavierzimmer ein. Er referiert über „Naturheilverfahren und Ganzheitsmedizin“. 
Insbesondere geht er auf die Bedeutung des Darmes ein. Hier leben 1015 verschiedene Bakterienformen in Symbiose mit dem Körper. Je besser diese zusammenspielen, desto besser funktioniert unser Immunsystem. An jedem Krankheitsgeschehen ist der Darm beteiligt. Deshalb hat die Fastentherapie bei so vielen Erkrankungen so nachhaltige Wirkung. Dabei wird zuerst der Darm saniert. Insbesondere berichtet er von Forschungsvorhaben zum Einsatz des Brottrunkes. Er zeigt die Wirkstoffe des Getränks und stellt die Ergebnisse der Forschungsprojekte vor. 

Ich gehe auf mein Zimmer und nutze noch etwas Zeit zum Schreiben. Zum Tagesabschluss gönne ich mir mein persönliches Wellnessprogramm: Ich dusche, bürste mich ausgiebig und reibe meinen Körper mit duftendem Öl ein. Wohlig schlafe ich ein. 

Sechster Fastentag. Donnerstag

Heute darf ich etwas länger schlafen. Ab heute bekomme ich keine Essigabwaschungen mehr. Mein Kreislauf ist inzwischen so stabil, dass ich auch so gut aus dem Bett komme. Nach ausführlichem Recken und Strecken stehe ich auf.

Ich dusche warm und kalt, bringe das Ölsaugen hinter mich und gehe zum Stretching, das heute angeboten wird. Im morgendlichen Schwung lässt Birgit Presser alle Körperpartien richtig dehnen: Übungen im Stehen und im Liegen. Wir spüren Muskelgruppen, von denen wir vorher nicht wussten, dass wir sie besitzen. Wieder ist der Gymnastiksaal gut gefüllt. Die Übungen bereiten in der Gruppe noch mehr Spaß.

Das Stretching ist für mich eine gute Vorarbeit für die nächsten beiden Therapien: die Breuß und später Dorn Therapie bei Frau Lieb. Beide Therapieformen werden oft kombiniert angeboten. Viel habe ich davon bereits gehört. Während bei der Breuß-Therapie die Muskelstränge entlang der Wirbelsäule gelockert werden, werden in der Dorn-Therapie die Wirbel selbst mit sanften Bewegungen leicht auseinandergezogen und in Kombination mit der Bewegung angrenzender Muskelgruppen und Gelenke stimuliert, so dass sie wieder in die richtige Position „rutschen“. 

Während ich auf dem Bauch liege, streicht Frau Lieb zunächst sorgfältig alle Muskelgruppen entlang der Wirbelsäule aus. Nicht selten werden damit auch seelische Verspannungen gelöst [Patienteninformation Breuß/Dorn]. Der Behandlung der Wirbelsäule folgt in einem solchen Fall in den nächsten Tagen eine intensive seelische Arbeit beim Patienten. 
Ich merke, dass die Kollegen an den vorherigen Tagen hier bereits gut vorgearbeitet haben, es schmerzen nicht mehr so viele Stellen wie bei der ersten Massage. Zum Abschluss streicht Frau Lieb Johanniskrautöl dick über die Wirbelsäule , damit die Muskeln sich entspannen, deckt dies mit einem Seidenpapier ab und legt jetzt ihre Hände auf die Wirbelsäule. Deutlich spüre ich die Erwärmung. Das tut gut. 

Dann geht sie an die Wirbel. Zuerst überprüft Frau Lieb, ob beide Beine gleich lang sind. Unterschiedliche Beinlängen sind in den meisten Fällen auf eine Verschiebung der Hüften und nicht etwa auf unterschiedliche Knochenlängen zurückzuführen. Sie sind dann Ursache für Verschiebungen der Wirbel und müssen folglich zuerst ausgeglichen werden. Durch Ziehen an den Beinen und sanfte Bewegungen in den Hüften rückt Frau Lieb das entsprechende Bein wieder exakt ins Hüftgelenk und korrigiert damit die Beinlängendifferenz. 
Dann sitze ich auf einem Hocker vorn über gebeugt, während sie mit den Fingern meine Problemwirbel ertastet. Präzise erspürt sie, wo es schmerzt. Sie lockert, dazu bewege ich Arm oder Kopf. Die Wirbel werden durch seitlichen Druck auf den Wirbel wieder eingerichtet. Sehr sanft passiert das. Außerdem wird durch das Lösen der Blockaden ein Entgiftungsprozess ausgelöst, bei dem aufgestaute Schlacken freigesetzt werden [Gay2000]. Beim Fasten können diese Schlacken optimal abtransportiert werden. 
Hinterher fühle ich mich gut: fast ein wenig freier. Es wäre schön, wenn dies jetzt möglichst lange so bliebe. Das bedeutet für mich, auf einen möglichst guten Ausgleich zwischen Schreibtischarbeit und Bewegung zu achten. 

Ich hatte mit der Küche vereinbart, dass ich noch einige Stimmungen aus der Vollwertküche der Klinik im Bild festhalte. Die Vorbereitungen für das Mittagessen laufen in vollem Gange. Barbara Jopp bäckt Brot. Der Teig sieht lecker aus. Zwei große Schüsseln werden manuell durchgewalkt. Zum Mittag soll es heute Zucchinipasteten geben, zum Abendbrot Kartoffelsalat.

Die Küche hat zur Zeit ca. 50 Faster und 25 Patienten mit Aufbaukost zu versorgen. Die Zutaten der Speisen werden frisch verarbeitet, oft aus dem hauseigenen Garten, damit alles möglichst werthaltig auf den Tisch kommt. Allein für den morgendlichen Möhrensaft werden pro Woche 250 bis 350 kg frische Möhren geputzt und entsaftet. Nudeln werden auch selbst hergestellt. Die Patienten sollen mit dem Gefühl nach Hause fahren, dass Vollwertkost gut schmeckt, abwechslungsreich ist und gut tut. Und das bedeutet nach Aussage der Küchenchefin Ursula Seitz sehr viel Basisarbeit. Es gibt manches Mal lange Gesichter bei Neuankömmlingen, für die die Umstellung von herkömmlicher Zivilisationskost auf die vollwertige Nahrung ein Sprung ins kalte Wasser ist. 

Ich gehe zum Fastensaal und trinke nun auch meinen Möhrensaft. In der Bibliothek nebenan läuft ein Violinkonzert von Mozart. Mit meinem Tee setze ich mich in einen Sessel und lasse die Musik auf mich wirken.

Heute steht ein Wechselsitzbad auf meinem Behandlungsplan. Sitzbäder kenne ich – meist zu Heilungszwecken mit pflanzlichen Ölen - nicht jedoch den Wechsel von warm und kalt. Auch dafür stehen in der Klinik spezielle Becken zur Verfügung, zu Hause würden jedoch genügend große Schüsseln ausreichen. Das Wechselsitzbad wirkt stimulierend und heilend auf den Magen-Darm-Trakt, die Geschlechtsorgane, sowie den Blasen- und Nieren-Bereich. 
Das Sitzen im warmen Wasser ist angenehm, die aufsteigenden Luftbläschen kribbeln auf der Haut. Beim Wechsel in das kalte Wasser zögere ich. Obwohl ich keine Mühe habe, in das kalte Wasser eines Sees hinein zu laufen, fällt es mir schwer mit dem Gesäß zuerst in das kalte Wasser einzutauchen. Ich halte die Luft kurz an ... und bin froh nach 10 Sekunden wieder im warmen Bad zu sitzen. Beim zweiten Mal geht es schon etwas leichter. Beim Abtrocknen spüre ich wieder die intensive Durchblutung. 

Beim Ergometertraining habe ich heute wieder Blei in den Füßen und komme kaum über 85 Watt. Auch später auf der Treppe muss ich heute zum ersten Mal zwischen der zweiten und dritten Etage kurz verschnaufen, bevor ich weiterlaufe. Also doch, jetzt erlebe ich sie auch hier: die bekannten Fastenausfälle bei kurzzeitigen Belastungen. Wenn sie auch deutlich später kommen als beim Fasten zu Hause. 

Bei der Colontherapie misst Schwester Svetlana heute 55,8 kg, also 0,5 kg weniger als gestern. Dies liegt im Rahmen des Üblichen. 

Vor dem Mittag bin ich im Speisesaal der Klinik, wo den nichtfastenden Kurgästen die Speisen serviert werden und fotografiere beim Abfasten. Die Zeremonie des Abfastens hat eine lange Tradition in der Klinik. Das Abfasten steht am Ende einer Zeit des Entsagens und am Beginn einer Zeit des Aufbaus und Neubeginns. Deshalb geben die Ärzte der Klinik der ersten Kartoffelsuppe einen kleinen festlichen Rahmen. Der Tisch wird mit Grün dekoriert. Heute zündet Dr. Norbert Lischka die Kerze am Tisch an, serviert die Kartoffelsuppe und wünscht den vier Kurgästen, die heute mit dem Abfasten beginnen, alles Gute für ihre Zeit nach dem Fasten. Jetzt werden die Weichen gestellt, wie lange die Erfolge des Fastens anhalten werden. Georg Bernhard Shaw sagte dazu: „Jeder Dumme kann fasten, aber nur ein Weiser kann das Fasten richtig abbrechen“. Wer Zeit hat, und noch einige Tage in der Klinik bleiben kann, bekommt hier in der Klinik das richtige auf den Tisch. Bricht man zu Hause das Fasten ab, muss man genügend Disziplin mit nach Hause nehmen, die man aber während des Fastens reichlich geübt hat. Von der Klinik erhält man Hinweise dazu in einem kleinen Büchlein. Ausführliche Anleitung gibt es auch in der Literatur [Lischka 2005] und [Lützner 2005]. 

Ich habe noch einige Tage des Fastens vor mir. Im Fastensaal löffele ich meine Brühe. Beim Hochsteigen in mein Zimmer merke ich wieder das Blei in meinen Füßen. Heute ist der 6. Fastentag, bei vielen Fastern ein Krisentag, vielleicht hängt es auch bei mir damit zusammen. Ansonsten geht es mir gut, keine Spur von Krisentag. Ich sehe jedoch schwarz für das am Nachmittag angesetzte Powerworkout. 

Zunächst genieße ich die Mittagsruhe mit dem Kartoffelsack und schlafe fest. Gut, dass ich meinen Wecker gestellt hatte. Nach der Mittagsruhe habe ich immer noch nicht das Gefühl, dass ich jetzt „Bäume ausreißen könnte“, aber ich gehe trotzdem zum PowerWorkout, neugierig, was hinter diesem Namen steckt. 

Der Physiotherapeut Jagos Marek leitet das PowerWorkout im Gymnastiksaal. Außer mir findet sich noch eine weitere Fasterin ein. Was steckt nun dahinter? Wir trainieren Bauch-, Bein- und Gesäßmuskeln mit langsamen dosierten Bewegungen. Ich spüre, wie meine Trägheit sich auflöst. Auch in meiner Morgengymnastik stärke ich diese Muskelgruppen. Jagos Marek korrigiert meine Technik, bei der sich im Laufe der Zeit Bewegungen eingeschlichen haben, die Muskeln und Sehnen einseitig belasten. Wir üben hier deutlich langsamer, als ich am Morgen sonst. Die langsamen Bewegungen kosten mich mehr Kraft und belasten meine Muskeln stärker, so dass meine Übung wirksamer wird. Bisher habe ich Kraft mit Schwung ersetzt. Rückblickend war die Übungsstunde nicht das, was ich mir unter dem Namen „PowerWorkout“ vorgestellt hatte. Doch in meinen Muskeln spüre ich die deutliche Wirkung und ich nehme einige Anregungen in mein morgendliches Übungsprogramm auf. 

Danach bin ich mit Frau Dr. Lischka verabredet. Sie wird ein Forum zum Heilfasten in unserem Portal moderieren und ich möchte sie mit der entsprechenden Technik bekannt machen. Herr Dr. Lischka kommt später dazu. Wir reden lange über die Entwicklung der Klinik, das Fasten und seine Wirkungen und auch darüber, wie wir Menschen dafür begeistern können eine gesunde Lebensweise auszuprobieren. Nachdem sich ein neues Körpergefühl eingestellt hat, bleiben die meisten Menschen bei dieser Lebensweise. Das Problem ist der erste Schritt der Umstellung. 

Dann wird es Zeit für meine letzte Behandlung an diesem Tag: Die Akupunkt-Massage nach Penzel. In der Literatur und auf Messen bin ich dieser Therapieform bereits häufig begegnet. 
Die Akupunkt-Massage basiert auf der chinesischen Lehre der Meridiane. Ziel der Behandlung ist das Lösen von energetischen Blockaden um wieder einen geordneten Fluss der Lebensenergie (Chi) zu erreichen. Über gezieltes Ausstreichen ausgewählter Meridiane stellt der Therapeut die innere Harmonie zwischen der männlichen Energie Yang (männlich, kosmisch, positiv, heiß, hell – Luft und Licht) und der weiblichen Energie Yin (weiblich, irdisch, negativ, feucht, kalt, dunkel -Nahrung) her. Achim Penzel sah die Ursachen von Erkrankungen im gestörten Fluss dieser Lebensenergie [Patienteninformation APM]. 

Nach ausführlicher Befragung stellt der Physiotherapeut Sebastian Wurster fest, dass bei mir heute die Yang-Energie zu stark ist, so dass er deshalb hauptsächlich auf diesen Meridianen arbeiten wird. Er bittet mich zunächst, Ringe und meine Halskette mit dem kleinen Stein abzulegen, sie stören die Behandlung. Ich liege auf dem Bauch. Im Hintergrund läuft leise Musik. Mit einem Massagestäbchen streicht Sebastian Wurster entlang der Meridiane und beobachtet meine Reaktion. Entsprechend dieser Reaktion verweilt er beim betroffenen Meridian oder wendet sich dem nächsten zu. Das Ausstreichen ist angenehm. 

Schließlich deckt er mich zu und verlässt den Raum. Zehn Minuten liege ich so. Nach kurzer Zeit spüre ich die Wirkung der Behandlung: Im Nacken und auf den Schulterblättern habe ich das Gefühl, als ob etwas unter meiner Haut kämpft, es wird warm, fast heiß. Dieses Gefühl hält noch lange an, auch als ich im Zimmer in meinem Bett liege. Sebastian Wurster verordnet mir mindestens eine halbe Stunde Bettruhe. Schade, dadurch verpasse ich Frau Dr. Lischkas Wohlspannungsübungen. Ich bin neugierig drauf, was das ist. 

Diese Akupunkt-Behandlung ist Ausgangspunkt für weitere. Insbesondere bei chronischen Erkrankungen wären nach gewisser Zeit weitere Behandlungen notwendig. Ein Energieungleichgewicht, das sich über einen langen Zeitraum gebildet hat, kann nicht in einer einzigen Behandlung vollständig ausgeglichen werden. Hier müsste ich am Heimatort mit einem ansässigen Therapeuten die Behandlung fortsetzen. 

Eine reichliche halbe Stunde liege ich. Dann gehe ich zum Ermutigungstraining, das Dr. Norbert Lischka im Vortragsraum leitet. Er stellt die Frage in den Raum: „Was entmutigt uns?“: Ärger mit dem Chef, Ärger mit unseren Nachbarn, mit der Familie, wenn Dinge, die wir uns vorgenommen haben, nicht klappen, wenn wir gern Übergewicht los werden wollen und es nicht schaffen, fehlende Liebe und Anerkennung, die täglichen Nachrichten im Fernsehen... Wie oft sind wir völlig gefangen in einem solchen Problem, es überdeckt unser ganzes Leben mit einem Schatten, es ist übermächtig und wir haben das Gefühl, von dem Problem erdrückt zu werden. 

Norbert Lischka fragt: „Wir bringen am Morgen unsere Haare vor dem Spiegel in Ordnung, tun wir dies auch mit unserer Seele?“ Wie können wir uns selbst ermutigen? Er schlägt vor den Tag mit dem Satz zu beginnen: „Anke, ich mag Dich, gut siehst Du aus, wir werden den Tag zusammen meistern.“ – jeden Tag den eigenen Seelenakku aufladen. 

Wie gehen wir mit uns selbst um? Was läuft schief, wenn wir uns ärgern? Was ist Ärger überhaupt? 

Ärger und Wut sind seelische Energieformen, die uns tätig werden lassen, die uns aktivieren. Wann zehrt dieser Ärger sinnlos unsere Energie auf und wie könnten wir Ärger produktiv nutzen um etwas zu bewegen? 

Die Ursache für den Ärger liegt in erster Linie in uns selbst, in unserem Inneren. Warum kann der andere uns überhaupt ärgern. Das Recht dazu räumen wir ihm ein, wenngleich wir uns das selten eingestehen wollen. Den anderen können wir meist nur sehr bedingt ändern, was wir leicht verändern können, sind wir selbst. Wir müssen also lernen mit äußeren Konflikten so umzugehen, dass sie uns nicht dauerhaft ärgern. 

Lange haben wir über Erwartungen gesprochen: er-warten = auf etwas warten. Wie oft haben wir eine Erwartung an unseren Gegenüber, richten innerlich Vorwürfe an ihn, ohne dass dieser etwas von dieser Erwartung ahnt. Norbert Lischka nennt eine Erwartung eine „vergammelte Bitte“. Wir sollten lernen, Bitten zu äußern, damit der andere unsere Erwartung kennt. Im Versuch der Teilnehmer eine solche Bitte zu formulieren werden die Hürden herausgearbeitet: eine Bitte als liebevolle Aufforderung, ohne den Zündstoff des Vorwurfes, klar abgrenzend, was will ich erreichen und was will ich in diesem Moment von meinem Gegenüber. 

Norbert Lischka stellt das von Jakob und Udo Derbolowski entwickelte Tropho-Training vor. Es ist eine Selbsthilfemethode um selbst in schweren Zeiten die notwendige Gelassenheit auf einfache Weise zu bewahren. Jakob und Udo Derbolowski nannten es Tropho-Training, weil trophotrop in der Physiologie den Körperzustand bezeichnet, in dem der Mensch sich von innen heraus regeneriert. Das Tropho-Training vereint Visualisierung, Tagtraumtechnik, Selbstversenkung, Autogenes Training und Meditationspraktiken [Derbolowsky 2000]. 

Ziel dieses Trainings und des Aufenthaltes in dieser Klinik ist ein warmherziger Umgang mit uns selbst, Selbstachtung und innere Stärke um von dieser Position aus mit äußeren Konflikten leichter umzugehen. 

Nach dem Abendtee sitzen wir noch mit anderen Kurgästen in einer der Leseecken und diskutieren: über das Fasten, die Naturheilmedizin und ihre Möglichkeiten, die Klinik und unseren Aufenthalt hier.
Danach bleibt mir noch etwas Zeit zum Schreiben. 

Beim Schlafengehen sehe ich: meine Ödeme sind wieder da. Schade. Es zeigt mir, dass ich hier noch ein „Stück Weg zu gehen“ habe. Einige Tage des Fastens verbleiben ja noch.

Siebenter Fastentag. Freitag

Ich stehe um 7:30 Uhr auf und gehe nach dem Duschen, Ölsaugen und Bürsten mit meiner Gymnastikmatte nach unten. Barfuss laufe ich durch das nasse Gras und ziehe danach Wollsocken über meine nassen Füße. Sie werden wohlig warm. Zu Hause hatte ich bereits ein halbes Jahr lang den Tag mit Tautreten begonnen. Leider ist diese schöne Kneipp-Anwendung dann meinem Alltag zum Opfer gefallen. Ich nehme mir vor, dies wieder zu integrieren. Ich lege die Matte ins Gras und starte heute mein Morgenprogramm aus Sonnengrüßen, Yogaübungen, Übungen für die Bauchmuskeln und Liegestützen im Freien. Die Vögel zwitschern und ich atme die klare Luft, durch die Bäume blinzelt die Sonne. Schön! Ich genieße den Augenblick. Ich habe das Gefühl, bei meinen Morgengrüßen der Kraft der Natur näher zu sein und sie so für diesen Tag ganz in mich aufzunehmen. 

Ich trinke meinen Morgensaft und gehe in die hauseigene Kapelle zur Meditation. Die Kapelle ist in den Hügel hinter der Klinik hineingebaut. Obwohl dieser Bereich zur Klinik gehört und ihn nur eine Tür vom Flur trennt, spüre ich bereits beim Betreten des Raumes seine eigene Stille. Neben der Kapelle befindet sich ein kleiner Meditationsraum. Stühle stehen im Kreis, im Zentrum steht eine Rose – Konzentration schon im Raum. Schwester Elisabeth leitet zweimal pro Woche die Meditation, das Morgengebet und die Abendandacht. 

Vier Tage pro Woche weilt die Ordensschwester der Vinzentinerinnen in der Klinik und ist Ansprechpartner für alle seelischen Sorgen. Die Ordensschwestern leben in klösterlichen Gemeinschaften. Ursprünglich betreuten sie Waisenkinder, gaben Schulunterricht und gründeten eine Nähschule für junge Mädchen. Heute leisten sie ihren Dienst in Krankenhäusern, Altenheimen, Behindertenzentren, Kindergärten und Pfarreien. Der Orden stützt sich auf den Geistlichen Vinzenz von Paul, der im 17. Jahrhundert einen Weltpriesterorden gründete um den Armen dieser Welt zu helfen.

In der Meditation wird die völlige Konzentration angestrebt: in sich versinken, die Außenwelt mit all ihren Problemen ausblenden. Die Meditation gilt als eine Entspannungstechnik, sie unterstützt den Heilungsprozess, dient der Gesundheitsvorbeugung. Durch die starke Konzentration während der Meditation nimmt der Gedankenfluss ab. Danach werden die Gedanken klarer und es fällt leichter, Lösungen zu finden. Bereits nach einer Meditation spürt man den Energiezuwachs, nach regelmäßigen Meditationen kann man sich mit positiven Gefühlen aufladen, das Selbstvertrauen stärken, Kreativität fördern.
Vorläufer der Meditation finden sich auch in christlichen Kulturen, Meditationstechniken sind untrennbarer Bestandteil des Hinduismus, Buddhismus und des Yoga. [Steinmetz 2002], [Janakananda 1994] 

Verschiedene Meditationsobjekte dienender gedanklichen Konzentration : Geräusche der Natur wie Regen, Meeresbrandung oder Vogelzwitschern, Mantras (Kraftwörter oder –Klänge, Silbenfolgen), die Atmung, der Rosenkranz....
Schwester Elisabeth benutzt einen Bibelspruch. Sie gibt uns vor: „Der Herr ist mein Licht und mein Führer.“ Wann immer meine Gedanken abschweifen, führe ich sie zu diesem Satz zurück. 
Da ich atheistisch aufgewachsen bin, waren Begriffe wie „Gott“ oder „Herr“ für mich lange Zeit eher negativ belegt. So hätte mich vor wenigen Jahren die Auseinandersetzung und der Widerstreit mit diesem Satz noch alle Energie gekostet. Erst über viele Erlebnisse, Meditationen und nicht zuletzt das Yoga habe ich mein eigenes Gottesbild gefunden. Nun kann ich dem von Schwester Elisabeth vorgegebenen Satz zur Konzentration folgen, 

Viele Gedanken und Gefühle treten unbewusst auf, insbesondere wenn wir uns ärgern. Darüber hatten wir am Vortrag schon beim Ermutigungstraining gesprochen. Die Meditation hilft, das Gedankenkarussell zu durchbrechen und psychischen Stress abzubauen. Da dieser Ursache vieler Erkrankungen ist, kann die Meditation helfen Erkrankungen vorzubeugen. 

Mir gelingt es für diese kurze Zeit – 20 Minuten - in die „Versenkung“ einzutauchen. Ich bin erstaunt, dass zwei weitere Personen im Raum sitzen, als Schwester Elisabeth die Meditation beendet. 

Ich gehe zum Ergometertraining und „strample meine 20 Minuten ab“, heute ohne besonderen Kraftschub aber auch ohne Bleifüße. 

Für 9:50 Uhr ist die Abschlussuntersuchung bei Frau Dr. Lischka angesetzt. Viele Fragen habe ich mir aufgeschrieben: zu meinen eigenen körperlichen Erlebnissen und zum Fasten allgemein. Eva Lischka misst Blutdruck und hört mich ab. Alle Werte sind normal. Meine Blutwerte waren schon bei der Ankunft im normalen Bereich, sie wurden hier nicht noch einmal untersucht. Die Ödeme in den Beinen sind schwächer geworden, hier muss ich aber sicher die Behandlung zu Hause noch fortsetzen. Der Darm ist entsprechend dem Tastbefund in Ordnung. Den Kostaufbau muss ich zu Hause allerdings vorsichtig gestalten, damit die erreichte Sanierung erhalten bleibt. 
Um meine Fragen - insbesondere zum Fasten allgemein – für meinen Artikel zu klären verabreden wir uns erneut für den Nachmittag. Draußen wartet bereits der nächste Patient auf seine Visite. 

Im Therapiezentrum erhalte ich einen Wechselarmguss, der anregend auf die Brustorgane Herz und Lunge wirkt und den Kreislauf in Schwung bringt. Er wird ähnlich wie der bereits beschriebene Wechselknieguss ausgeführt. Dabei führt der Therapeut den Wasserschlauch mit warmen Wasser 5 min an beiden Armen an der Arminnenseite von oben nach unten und an der Außenseite von oben nach unten. Dann wiederholt er den Vorgang einige Sekunden mit kaltem Wasser. Beides wird noch ein zweites Mal ausgeführt. Das Wasser legt sich wie beim Knieguss wie eine Hülle in einem dünnen Film um den Arm und führt so Wärme zu oder leitet sie ab. 

Zur Colontherapie misst Schwester Svetlana 55,3 kg - 0,5 kg weniger als gestern. Das Darmbad selbst ist dann schon fast Routine. 

Ich habe noch etwas Zeit und setze mich in einen Sessel vorm Haus. Die Sonne scheint und ich genieße sie eine halbe Stunde lang. Dann habe ich das Gefühl, es reicht für meine Haut.

Ich gehe wieder zur Küche um zu fotografieren. Die Esser der Klinik erhalten heute einen Spinatstrudel mit Kartoffelbrei. Der Spinat kommt aus dem hauseigenen Garten. Der Strudel sieht lecker aus.
Ich nehme mir vor, dies zu Hause auch einmal zu probieren. 
 
Für die Faster gibt es Fenchelbrühe mit Liebstöckel. Fenchel ist normalerweise überhaupt nicht meine Sache. Dafür schmeckt die Brühe sehr gut. Da neben dem namensgebenden Gemüse immer noch andere Gemüse verwendet werden, dominiert dieses nicht so stark den Geschmack. In der Fenchelbrühe sind außerdem enthalten Möhren, Kartoffeln, Lauch und Sellerie. 

Nach dem Mittag folgt wie immer die Ruhe mit dem Kartoffelsack – ich freue mich fast drauf und lasse den Kartoffelsack im Nacken wirken, wo ich die Wirkung der APM und der Dorn/Preuss Therapie noch spüre. Nachdem der Kartoffelsack wieder auf seinem Stammplatz auf der Leber liegt, schlafe ich fest ein. 

Am Nachmittag wird noch einmal Nordic Walking angeboten, heute mit Jagos Marek und Sebastian Wurster. Wie beim ersten Mal wird zunächst die Technik erklärt. Danach können wir das Erklärte auf kurzer Distanz selbst testen. Nun dehnen wir alle Muskeln und Sehnen und beginnen in zwei Gruppen unsere Runde. Sebastian Wurster führt die kürzere Runde, Jagos Marek die längere. Nach einem kurzen Anstieg folgen wir einem Waldweg. Die Technik klappt heute, am zweiten Tag, bereits deutlich besser bei mir. Anfangs sind meine Arme müde und es kostet etwas Überwindung sie genauso zu belasten wie die Beine. Das legt sich schnell und es kommt Spaß in die Bewegungen. 
Jagos Marek korrigiert einschleichenden Schlendrian oder einseitig belastende Bewegungen. Er lenkt unsere Sinne auf die Eindrücke im Wald: auf das Knirschen der Stöcke auf dem Waldboden, den Geruch des Waldes, den Gesang der Vögel, den Wind in den Zweigen, das Spiel der Muskeln um die Schulterblätter....
Wir sind eine kleine Gruppe und er führt uns auf schmale knorrige Pfade. Bergauf oder bergab können unterschiedliche Techniken ausprobiert werden. Immer wieder erläutert und berichtigt er uns. Schnell vergeht die Zeit in der knappen Stunde, die wir unterwegs sind. 

Vor meiner nächsten Verabredung husche ich schnell noch unter die Dusche. Mit Frau Dr. Lischka spreche ich dann lange über die Ursprünge des Fastens. Das rituelle oder spirituelle Fasten zieht sich in unterschiedlichen Formen durch alle Religionen. Aber auch das medizinische Fasten wurde bereits von Hippokrates und vielen weiteren Ärzten empfohlen. Früher empfahl man den Patienten während des Fastens im Bett zu bleiben. Dadurch wurde neben Fett auch sehr viel Muskelmasse mit abgebaut. Manchmal hatten die Patienten heftige Fiberschübe. Erich von Weckbecker, der Gründer der Klinik, stützt seine Fastentherapie auf Herbert Shelton, der Ende des 19.Jahrhunderts die „Natural Hygiene“ Fastenbewegung gründete und auf den schwedischen Diätetiger Are Waerland, bei dem er während seiner eigenen Genesung fastete. Erst später begegnete er F.X. Mayr, einem bekannten Fastenarzt aus Wien und Otto Buchinger, der selbst Fastenkliniken in Deutschland gründete. So wandelte er das Saftfasten ab, in dem er den basischen Möhrensaft und die Gemüsebrühe verabreichte und die Bewegung Stück für Stück in die Fastentherapie integrierte. Unterschiedliche Richtungen des Fastens flossen zusammen. 

Grundlegende Gemeinsamkeit aller Fastenmethoden ist die verminderte Kalorienaufnahme. Die Ärztegesellschaft für Fasten und Ernährung grenzt den Begriff „Fasten“ noch enger ein, indem sie definiert, dass die Patienten beim Fasten nur flüssiges zu sich nehmen und damit der Magen-Darmtrakt von seiner Verdauungsarbeit entlastet wird. 

Eva Lischka erzählt von schwer kranken Menschen, welche nach langen Wegen durch Arztpraxen und manchmal bereits andauernder Arbeitsunfähigkeit durch mehrwöchiges Fasten Schmerzfreiheit und Heilung erreichten. Fasten wird deshalb oft „Operation ohne Stahl“ genannt. Lesen Sie auch: von  Lischka  Heilfasten – eine dem Leben gemäße, tiefgreifende Therapie 
 
Die Klinik hat zahlreiche Studien zum Fasten durchgeführt z.B. zusammen mit der Uni Essen zur Wirkung des Bullrichsalzes. Früher gab es häufig Patienten, die vor allem nachts, wenn verstärkt Säuren abgebaut werden, über Befindlichkeitsstörungen wie Schmerzen oder Gichtanfällen klagten. Seitdem jeder Patient das Bullrichsalz erhält, das vor allem den Basenpuffer im Körper erhöht, sind derartige Zwischenfälle deutlich zurückgegangen. 

Eine weiteres Forschungsprojekt lief mit Dr. Melchart vom Zentrum für naturheilkundliche Forschung der Universität München. Hier wurde vor allem die Langzeitwirkung des Fastens untersucht. Patienten erhielten Fragebögen, in denen sie Auskunft über ihre Beschwerden unmittelbar nach dem Fasten, nach 3 Monaten und nach einem Jahr erteilten. Ein Drittel der Befragten gab an, dass sich die Beschwerden deutlich gebessert hätten, dass sie seltener zum Arzt gingen und weniger Medikamente nahmen. 

Das Fasten bleibt ein spannendes Thema und sicher hätte man noch länger darüber diskutieren können. 

Nach dem Abendtee – heute wieder süßer Apfeltee - gehe ich mit zwei Mitfasterinnen noch einmal eine Runde durch den Wald. Wir laufen, plaudern und genießen den milden Abend. 

Wieder in meinem Zimmer schreibe ich die Eindrücke des Tages auf. 
Spät am Abend zieht ein Gewitter auf. Heftige Winde lassen die Gardine an der offenen Terrassentür weit ins Zimmer wehen. Der letzte Rest des Tageslichts ist schnell verschwunden, über uns hängen schwarze Wolken. Nur kleine Fetzen des hellen Himmels sind noch zu sehen. In der Ferne zucken Blitze. Wenige dicken Tropfen landen auf dem Balkon, sonst zieht das Gewitter regenlos an uns vorbei. Ich stehe auf dem Balkon und sehe den Urgewalten zu. Dumpfe Schmerzen plagen mich im Unterleib und eine schwere Müdigkeit steckt in mir. Ich lege mir eine heiße Wärmflasche auf und gehe heute zeitig schlafen.

Achter Fastentag. Samstag

Heute stehen nur noch wenige Anwendungen auf meinem Behandlungsplan. 
Das Ende meines Aufenthaltes in der Klinik naht. 
Und es ist Samstag, da geht es immer etwas ruhiger zu.

Ich stehe auf, heute mit kürzerem Morgenprogramm.

Ich möchte noch vor dem Frühstück der Normalesser deren typisches Frühstück fotografieren. Es wird angeboten: ein frisch zubereitetes Müsli, zwei verschiedene frisch zubereitete Brotaufstriche, die von Tag zu Tag variieren, herzhaft und süß und zwei Schreiben guten Vollkornbrotes. 
Alles sieht lecker aus und ich nehme einige Anregungen für das Frühstück in der Nachfastenzeit aus der Klinik mit. 

Um 7:45 bietet Christine Ortloff im Gymnastikraum das Sonnengebet an. Das Sonnengebet entstand in Indien durch die Abwandlung des Yoga-Sonnengrußes. Seit Jahren begleitet mich der Yoga-Sonnengruß in jeden Tag. Nun bin ich neugierig auf diese eher meditative Form. 

Christine Ortloff beschreibt den Ursprung des Sonnengebetes und zeigt uns kurz seine Abläufe. Nach einem Gong beginnen wir das Gebet. Die Bewegungen des ursprünglichen Sonnengrußes wurden leicht abgeändert und verwoben mit dem Gebet. Jede Bewegung erhält eine Sinndeutung: sich verwurzeln - sich seiner Selbst bewusst werden - das ICH spüren - wie eine Schale bereit sein zu empfangen und zu geben - mit Freude den neuen Tag beginnen - die Sonne begrüßen - sich von Angst befreien - sich mit Mut und Freude auf den Weg machen - sich von der göttlichen Kraft getragen fühlen - in Vertrauen erwachen - Menschen wie eine Brücke verbinden - offen sein für den Tag - in Vertrauen nach vorn sehen - bestärkt den Menschen zuwenden und alle Sinne öffnen - Licht, Liebe und Kraft ausstrahlen - ein Segen für die Mensch um mich sein - Frieden stiften [Painadath 02]. 

Mit einem Gong beendet Christine Ortloff das Gebet. In Stille verweilen wir auf unserer Matte. Es ist wunderbar, aufgehoben in dieser Gruppe von Frauen mit dem Blick in die Weite durch die Glasfront des Gymnastikraumes. Das gibt Halt für den ganzen Tag. 

Jetzt bleibt Zeit für meinen Möhrensaft. Ich verweile bei den Gesprächen der Tischnachbarn. Nachdem sie gegangen sind, nehme ich mir einen Tee und gehe in die Bibliothek. Ich lege mir Tschaikowski auf, trinke meinen Tee und lasse die Musik auf mich wirken. Ruhe ist in mir. 

Ich gehe zur Bäderabteilung, Zeit für das Darmbad, in mir trage ich die Musik trage mit. Heute steht das letzte Darmbad auf meinem Behandlungsplan. Sonntags gibt es keine Anwendungen, also auch kein Darmbad: Ruhetag für Patienten und Therapeuten. 
Die Waage zeigt 55 kg, mein absolutes Wohlfühlgewicht. Wenn das so bliebe .... Nach dem Abfasten könnte die Waage wieder zwei Kilo mehr anzeigen, weil der Darm jetzt noch leer ist und der Körper wieder mehr Wasser einlagern wird. Die erlangte Fitness bleibt mir erhalten. Ich habe fest vor, sie so lange wie möglich zu behalten. 
Das Darmbad ist jetzt fast schon Routine, ich spüre die innere Reinigung, das Einlaufen und Absaugen, Völle und Leere. In meiner Vorstellung werden all die Partikel, Schadstoffe und abgestorbenen Zellen ausgespült. Ich lasse alles davonziehen. 

Ich gehe zum Ergometertraining. Heute fällt es mir wieder leichter. Die Leistungsspitze vom Dienstag erreiche ich zwar nicht, ich komme ihr jedoch wieder näher. Immerhin schaffe ich heute wieder fast 100 kcal herunterzustrampeln, das ist so eine schöne runde Zahl. Dafür muss ich beim Hinaufsteigen in mein Zimmer nach zwei Etagen wieder kurz verschnaufen. Ganz so zackig wie früher bewältige ich diese kurzen „Extrembelastungen“ beim Fasten doch nicht. Mein Körper braucht etwas länger, ehe er die Energie aus den Fettzellen gewinnt. Kontinuierliche Mehrbelastungen sind einfacher zu bewältigen, wie z.B. beim Wandern oder beim Fahrradfahren. 

Es bleibt noch etwas Zeit zum Schreiben. 

Kurz vor dem Mittag bietet Sebastian Wurster ein Autogenes Training an. Eigentlich kenne ich das Autogene Training und praktiziere schon seit Jahren regelmäßig Yoga. Ich nutze das Angebot jedoch um mir bei diesen Gelegenheiten Anregungen für meine tägliche Praxis zu holen. Außerdem ist es eine willkommene Gelegenheit meinen Körper bewusst zur Ruhe zu bringen. Viele Personen sind gekommen. Sebastian Wurster verteilt Matten und Polster für den Kopf und die Knie. Er betont mehrfach, dass wir auf eine gute Lage achten sollten. Da schimmert der Physiotherapeut durch. Er legt entspannende Musik auf, die mit Naturgeräuschen unterlegt ist. Langsam führt er uns in die Entspannung. Ich merke, wie mein Körper leichter wird. Auf das Reizwort „Jetzt“ hin lässt er uns Muskelgruppen anspannen und schnell wieder entspannen. Manchmal schweifen meine Gedanken ab, die Anleitung führt sie wieder zurück. Nach dem Autogenen Training gehe ich mit einem guten Körpergefühl in die Mittagspause. 

Heute gibt es Selleriebrühe mit Kresse zum Mittag . Sehr skeptisch probiere ich. In Kinderzeiten habe ich fluchtartig die Küche verlassen, wenn meine Mutter Sellerie kochte. Allein der Geruch hat mir Unbehagen bereitet. Nun bin ich überrascht. Die Brühe schmeckt unerwarteterweise so gut, dass ich mir noch einen kleinen Nachschlag gönne. 

Jetzt wartet der Kartoffelsack im Zimmer. Ich kuschele mich in mein Bett. Meine Gedanken kreisen und sind jetzt schon ab und an bei dem, was mich zu Hause am Schreibtisch erwartet. Schlafen kann ich heute nicht. Aber ich lese, lasse immer wieder das Buch sinken und denke über das Gelesene nach. 

Heute Nachmittag ist kein Programm in der Klinik. Dies bietet mir die Gelegenheit zum Staatsbad zu fahren, von dem jeder behauptet, man müsse es gesehen haben. 
Ich hole die Inline-Scates aus dem Auto und fahre los. Für den Hinweg habe ich eine wenig befahrene Straße ausgewählt. Trotzdem bleiben viele Hindernisse. Ich muss mich beim Fahren sehr konzentrieren und finde meinen Rhythmus nur schwer Am Eingang zum Staatsbad zieht eine Hochzeitsgesellschaft vorbei, ich wünsche dem Brautpaar Glück.

Tatsächlich ist das Staatsbad eine sehenswerte Anlage: die alten Kuranlagen und Häuser. Ich lasse mich treiben und lande in der Trinkhalle. Hier treffe ich zwei Kurgäste aus der Klinik. Einer ist der in diesen Tagen älteste Gast der Klinik: Herr Dr. Leidenberger. In seinen 92 Lebensjahren war er bereits 35 mal in dieser Klinik, immer zum Fasten. Ich probiere die 4 verschiedenen Wasser von Brückenau, während wir uns unterhalten. Nicht jedes Wasser ist ein geschmacklicher Höhepunkt. Irgendwann ist es 17:30 Uhr, die Trinkhalle schließt jetzt. Siedendheiß fällt mir ein, dass ich mit der Küche vereinbart hatte, dass ich um diese Zeit noch mal vorbei komme, um das Abendbrot zu fotografieren. Also schnelle Füße! Auf dem Rückweg durch das Sinntal brauche ich zwar nicht auf den Verkehr achten, muss jedoch zunächst ein ganzes Stück auf Kieswegen laufen. Nach einem Drittel der Strecke kann ich auf die Scater umsteigen und komme schneller voran. Es fährt sich gut und trotz des Zeitdrucks genieße ich das Fahren. Im Georgi-Park muss ich noch einmal laufen, dann ca. 500 m auf schnellen Rädern und zum Schluss noch die Steigung zur Klinik, wieder zu Fuß. Ich laufe zügig bergan. Mein Puls ist jetzt sicher über dem optimalen Trainingspuls. Innerlich muss ich darüber schmunzeln. Doch es geht gut, ohne „Fasten“-Pausen. In der Toilette wasche ich mir den Staub des Weges ab. Noch fast außer Atem komme ich in der Küche an. Angesichts meiner Gesichtsfarbe vermutet Barbara Jopp, dass ich in der Sauna gewesen sei. Ich komme gerade noch rechtzeitig, bevor das Essen nach oben geschickt wird. Ich fotografiere und gehe danach ganz ruhig in unseren Fastensaal, wo mein Abendtee wartetet. 

Wenigstens einmal möchte ich hier in die Sauna gehen. Der Saunagang wird von der Klinik als eine wichtige Entgiftungsmethode empfohlen. In der Wärme öffnen sich die Poren, mit dem Schweiß werden auch diverse Schadstoffe mit ausgeschieden. Deshalb wird die Haut oft als „dritte Niere“ bezeichnet [Lischka2005]. 
Heute Abend ist die letzte Gelegenheit für einen Saunabesuch. Ich bin dort allein (Hinweisschilder weisen ausdrücklich darauf hin, immer nur zu zweit zu saunieren! Ich habe deshalb Bescheid gesagt, dass ich in die Sauna gehe). Allein mit meinen Gedanken bleibt mir viel Zeit zum Nachzudenken, während ich schwitze, dusche oder an der frischen Luft abdampfe. Die genaue Anweisung zum Saunieren hatten wir bereits von Jagos Marek bekommen. Als ich nach dem Saunagang im Hof stehe, regnet es etwas. Der kalte Regen fühlt sich wie winzige Nadelstiche auf meiner Haut an. Eine kleine Eidechse huscht zwischen die großen Steinblöcke an der Böschung. Im Hof liegt eine Spannung zwischen dem Abendkonzert der Vögel und der Ruhe dieses Ortes. 

Winzige Bäumchen haben sich schmale Lücken zwischen den Platten gesucht und streben nun nach oben: die Kraft der Natur auch unter widrigen Bedingungen. Diese Kraft lässt uns Menschen gesunden, wenn wir es zulassen und mit dieser inneren Kraft arbeiten. 

Im Zimmer angekommen hänge ich noch ein kleines Wohlfühlprogramm an. Ich bürste und öle meine Haut. Wohlige Müdigkeit macht sich breit und fast fällt es mir schwer, mich noch einmal an meinen Schreibtisch zu setzen und zu schreiben. 

Ich lade die Bilder von meiner Foto-Kamera und sortiere, ärgere mich, wenn eine schöne Einstellung unscharf geworden ist. Ich freue mich in der Erinnerung an die Momente als die Bilder entstanden. 

Knapp unter den Rippen schmerzt es leicht. Es fühlt sich an wie Muskelkater. Das könnte das Ergebnis von Jagos Mareks Bauch-Beine-Po-Training sein.

Neunter Fastentag. Sonntag, Abreise

Ich bin früh wach. Nie würde ich zu Hause freiwillig so früh aufstehen, schon gar nicht am Sonntag. Ich dusche, begrüße den Tag mit meinen Sonnengrüßen. Ein letztes Mal trinke ich die Bittersalzlösung, fast scheint sie mir weniger bitter als zu Beginn der Fastenzeit. Meine Geschmacksnerven haben sich offenbar daran gewöhnt. Doch das klare Leitungswasser schmeckt danach immer noch fast süß. Ein letztes Mal hier Ölsaugen, nebenher beginne ich zu packen. 

Es kommt ein wenig Wehmut, von hier weg zugehen, fast bin ich heimisch geworden. Diese freundliche Atmosphäre der Menschen, die hier arbeiten, trägt die Besucher und Patienten: egal ob es die Ärzte, die Therapeuten, die Frauen in der Bäderabteilung, an der Rezeption oder all die anderen guten Geister sind, die im Hintergrund wirken. Aber auch die Begegnungen mit den Mitpatienten und Besuchern, die vielen Gespräche, die wir zu den Mahlzeiten oder in den Lesecken führten, haben mich berührt. Jeder, der hierher kommt, bringt seine eigene Lebensgeschichte mit, seine aktuellen Sorgen, für die er hier möglicherweise eine Antwort finden möchte – allein oder mit äußerer Hilfe: kleine Kümmernisse oder Sorgen, welche die Luft zum Atmen nehmen. Sei es Streit in der Familie, der sich wie ein Schatten über aller Ereignisse legt; ein Nachbar, der mit seinem lauten Dasein in ein heiles Wohnumfeld eindringt und alle Lebensfreude vergällt oder die Mutter, die nach langen Jahren der Fürsorge für ein behindertes Kind, zum ersten Mal Raum für ihre Bedürfnisse findet, jetzt, wo es eigene Wege gehen kann... 

Ich habe Respekt vor jeder Geschichte und meine eignen Sorgen relativieren sich fast ein wenig. In jeder Geschichte stecken auch für mich Gedankenanstöße, Anregungen, Kontakte, die ich mit in mein Leben nehme. 

Nun freue ich mich auf meinen kleinen Wirbelwind, der sicher bald mit dem Opa hier eintrifft und auf meine Familie. 

Ich bringe die ersten Sachen zum Auto. In Ruhe trinke ich meinen Möhrensaft.

Kurz nach 10:00 Uhr treffen mein Vater und meine kleine Tochter Linda ein. Ich räume die letzten Sachen aus meinem Zimmer. Gemeinsam laufen wir durch die Klinik. Mein Vater fährt zurück nach Hause, Linda bleibt bei mir. Wir werden nach dem Essen den Heimweg antreten. 

Heute löffele ich meine Brühe im Speisesaal, während meine kleine Tochter das gute Essen kosten darf. Offensichtlich schmeckt es ihr, sie futtert einen ganzen Berg von Salat, Gemüsekuchen; Kartoffeln und Gemüse.. 
Sie plappert, erzählt von Oma und Opa und ihren Erlebnissen in den letzten Tagen und sie freut sich auf ihr Zuhause. 

Wir verabschieden uns von allen hier, bis zur nächsten Fastenkur in der Malteser Klinik von Weckbecker.

Heilfasten - Nachtrag

Ursprünglich wollte ich das Fasten noch ein wenig mit in den Alltag nehmen. Doch ich war neugierig, die vielen neuen Anregungen aus der Lehrküche, aus den Gesprächen mit Ursula Seitz und Barbara Jopp und nicht zuletzt beim Fotografieren in der Küche wollte ich ausprobieren. Deshalb faste ich zu Hause am 10. Tag ab, und nach drei Tagen Aufbaukost, konnte ich die ersten Dinge probieren. So hatte auch meine Familie etwas von meinem Aufenthalt hier in der Klinik. 

Der wichtigste Grund für meine Fastenkur bestand in der Prophylaxe. Ich wollte eine gesundheitliche Basis schaffen, mich von kleineren lästigen Beschwerden trennen, meine Amalgamausleitung voran bringen und mich viel bewegen sowie einige berufliche Dinge überdenken. 

Eine Woche fasten - genau genommen, waren es 9 Tage - ist eigentlich noch immer zu kurz. Es sollten mindestens 10 Tage sein, weil nach sieben Tagen erst Dreiviertel entschlackt sind. Dr. Lützner beschreibt sogar eine mindestens 20tägige Fastenzeit, um Ablagerungen an den Gefäßen zu lösen [Lützner2004]. Eine Fastenkur von dieser Länge sollte jedoch auf jeden Fall ärztlich begleitet werden.
Letztlich ist ein Kompromiss zu finden zwischen äußeren Verpflichtungen und dem Freiraum, den man sich schaffen kann. Andererseits ist jede Fastenkur vorteilhaft, sei sie auch noch so kurz. 

Rückblickend fällt mir auf, dass ich in der Klinik deutlich weniger gefroren habe, seltener und später Leistungsabfälle hatte als beim vorherigen Fasten zu Hause. Vermutlich reinigt das Darmbad dort gründlicher als der Einlauf daheim. Sicher trug auch die höhere Kalorienaufnahme in der Klinik dazu bei. Statt dem Wasser und Tee zu Hause gab es Saft, Brühe und Honig. 

Nach dem Kostaufbau hatte ich tatsächlich wieder zwei Kilo zugenommen, so dass ich in Summe 3 kg abgenommen hatte. Aufgrund der vielen Bewegung kann es sein, dass ich während der Fastenkur deutlich mehr Fett abgebaut und aber einiges an Muskeln aufgebaut habe, denn ich fühle mich deutlich „fitter“ als zuvor. 

Nach Abschluss des Kostaufbaus merke ich, dass mein Darm wieder seinen Rhythmus gefunden hat. Ich schließen eine Behandlung zur Darmsanierung an, um das Erreichte zu festigen. Nach einer Fortführung der Behandlung am Heimatort sind die Ödeme in den Beinen vollständig verschwunden, die Nieren arbeiten wieder normal. 

Zur Beschleunigung meiner Amalgamausleitung hatte ich während meines Klinikaufenthaltes Chloella-Algen eingenommen und das tägliche Ölsaugen beibehalten. Als ich zu Hause den speziellen Minze-Tee zur Ausleitung weitertrinken wollte, mit dem ich vor der Fastenkur die Ausleitung begleitet hatte, verspürte ich eine tiefe Abneigung gegenüber diesem Tee. Bereits sein Geruch war mir unangenehm. Beim nächsten Heilpraktikerbesuch waren keine Schwermetalle mehr im Muskelgewebe nachweisbar. Mich persönlich hat also die Fastenkur auf dem Weg der Schwermetallausleitung wieder ein Stück nach vorn gebracht. Den nächsten Schritt der Ausleitung kann ich angehen, noch vorhandenes Amalgam aus den Nervenzellen mobilisieren (siehe dazu [Mutter03]). 

In der Reflexion der Fastenzeit in der Klinik fällt mir auf, dass es mir auch dort schwer gefallen ist, ganz zur Ruhe zu kommen, einen Gang zurück zu schalten. 
Im Alltag ist mein Leben mit Terminen und Verpflichtungen ausgefüllt und ich stelle von meinem Naturell her meine eigenen Bedürfnisse oft ganz in den Hintergrund. Die Arbeit nimmt sehr viel Raum ein, die kleine Tochter und die Familie. Wenig Spielraum lasse ich für mich. Im Alltag bin ich oft selbst für die letzte Viertelstunde am Abend zu müde, in der ich Öl sauge und den Tag noch einmal gedanklich passieren lasse. 

So bleibt es beim Fasten ein Spagat zwischen möglichst vielen Anwendungen, die helfen sollen, und Leerphasen zur Selbstfindung. Während des Klinikaufenthaltes wollte ich viele Therapieformen ausprobieren und ich bin dankbar um die Erlebnisse und die Erfahrungen, die ich machen durfte. Andere Angebote der Klinik habe ich nicht genutzt: wie die Wassergymnastik, den Fitnessraum, Bastelabende, Ausfahrten, manchen Vortrag..... weil eine Woche für alle Angebote zu kurz ist. 

Das Schreiben und Fotografieren für diesen Erlebnisbericht hat meinen Tag zwar auch gefüllt, mir jedoch großen Spaß bereitet. Doch wichtig wäre auch gewesen, noch häufiger Leerphasen vorzusehen, und mich so zu zwingen, mich mit mir selbst zu beschäftigen: keine Medien, keine Bücher, keine Gespräche ... Diesen Vorsatz nehme ich mit in die nächste Fastenkur. 

Beruflich hat mir die Fastenzeit viele Gedanken und Ideen gebracht und eine intensive Studien- und Strategiephase folgte dem Aufenthalt. Viele Wochen haben mich die Gedanken aus der Klinik beschäftigt und lange werden wir von den Anregungen zehren. Auch wenn dies in den täglichen Aufzeichnung gar nicht so sichtbar war. 

Eins nehme ich ganz sicher mit: wann immer es mir körperlich oder seelisch schlecht geht ist in dieser Klinik ein Platz und hier ist eine Methode, die mir bei meiner Regenerierung hilft und mich zu meiner eigenen Kraft zurück finden lässt.

  • Hellmut Lützner: Wie neugeboren durch Fasten
  • Dr. Rüdiger Dahlke: Das große Buch vom Fasten
  • Ralf Möll: Suppenfasten: Abnehmen, entschlacken - und immer etwas Warmes im Bauch
  • Eva Lischka und Norbert Lischka: Gesundheit und neue Energie durch Fasten. Das Regenerationsprogramm für Körper und Seele.

Dr.-Ing. Anke Schmietainski

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