Fasten - ein Erfahrungsbericht ein Erfahrungsbericht

Unser Erfahrungsbericht soll Neugier wecken und Mut machen, selbst einmal das Fasten auszuprobieren, eine detaillierte Anleitung zum Fasten ist es nicht. Wer vor hat, das Fasten auszuprobieren und es zum ersten Mal tut, sollte sich bei der Volkshochschule oder den zahlreichen Angeboten einer Gruppe anschließen. 

Was bedeutet Fasten?

Unser Erfahrungsbericht soll Neugier wecken und Mut machen, selbst einmal das Fasten auszuprobieren, eine detaillierte Anleitung zum Fasten ist es nicht. Wer vor hat, das Fasten auszuprobieren und es zum ersten Mal tut, sollte sich bei der Volkshochschule oder den zahlreichen Angeboten einer Gruppe anschließen. Das erleichtert den Start. Wollen Sie es im Alleingang probieren, gibt es wirklich gute Bücher, die Schritt für Schritt beim Fasten helfen und auch auf die Probleme eingehen, die beim Fasten auftreten. Wir haben Ihnen eine Auswahl zusammengestellt.

 

 Jeder kann zaubern, 
 jeder kann seine Ziele erreichen, 
 wenn er denken kann, 
 wenn er warten kann, 
 wenn er fasten kann.

 

 (Hermann Hesse, Siddharta)

 

Fasten bedeutet nicht zu hungern. Der Körper schaltet um und gewinnt seine Energie aus seinen angelagerten Depots. Es ist leichter als weniger zu essen. Für viele ist es sogar mit einem Hochgefühl und hohem körperlichen Leistungsvermögen verbunden. Fasten ist eine gute Gelegenheit, 

  • ein neues Körpergefühl zu erlangen, 
  • sich über Gewohnheiten und „Laster“ Gedanken zu machen und für eine Zeit frei zu sein von alledem, 
  • neue Ernährungsrichtungen eine Zeit lang auszuprobieren, weil der Körper und die Geschmacksnerven durch das Fasten einen Neuanfang erhalten und nicht zuletzt 
  • das Gewicht zu reduzieren unter der Voraussetzung, dass man lange genug fastet und sehr sorgfältig die Aufbautage einhält. 

Prinzipiell wird unterschieden in: 

  • Fasten für Gesunde – also für jedermann, möglich in Eigenregie oder in den zahlreichen Gruppen, 
  • Heilfasten – in einer Fastenklinik oder unter ärztlicher Aufsicht,  
  • Spirituelles Fasten – zur inneren Einkehr, Sammlung und Konzentration, eingebunden in religiöse Riten aber auch vor wichtigen Entscheidungen oder in Trauerphasen. 

Siehe auch den Artikel von Dr. med. Hellmut Lützner "Was ist Fasten ? Was ist Heilfasten?" 
 
In unserem Erfahrungsbericht zeigen wir, wie Fasten im Alltag funktioniert, wir wollen die Scheu vor dem Fasten nehmen, Lust machen auf einen Versuch. Tag für Tag begleiten wir unsere Redakteurin in ihrer Fastenkur. Für die fachliche Beratung danken wir Dr. med. Reimund Wagner und der Heilpraktikerin Kriemhilt Waldenmaier. Viel Spaß beim Lesen.
 
Dieser Erfahrungsbericht ist jedoch keine detaillierte Anleitung zum Fasten. Hier verweisen wir auf die Links im Internet oder unsere Literaturempfehlungen. Es gibt sehr gute Bücher, die das Fasten in Eigenregie unterstützen. Im Forum können Sie mit anderen Lesern Ihre Fastenerfahrungen teilen.

Vorspann

Abstillen, ein tiefes Loch und ein Entschluss

Meine Tochter ist krank, eine Mageninfektion krempelt ihr den Magen um: eine ganze Nacht im Abstand von 15 Minuten, später 30. Keines der Mittel, die ich kenne, hilft. Erst gegen 5 Uhr morgens kann sie zwei Stunden am Stück schlafen und ich mit. Am kommenden Vormittag schläft sie viel. Ein wenig Schlaf kann ich nachholen. Wenn sie wach ist, benötigt sie die Mutter ganz, noch immer bricht sie gelegentlich, obwohl ich ihr nicht mal Tee gebe. Ab Mittag behält sie die ersten Löffel Tee im Bauch. Endlich greift auch die Akupressurmassage gegen Übelkeit und hilft, manchen Anfall abzuwenden. 
 
(Akupressurpunkt für Übelkeit: Der Punkt liegt auf dem Unterarm, ca. 3 cm über der Falte des Handgelenks. Er liegt genau in der Mitte zwischen den Sehnen. Diesen Punkt gleichmäßig für ca. 30 s massieren, nach 10 Minuten wiederholen. Hilft auch bei Übelkeit im Auto. Quelle: BERGER: „Kranke Kinder ganzheitlich behandeln“, Trias Verlag) 
 
Eigentlich stille ich noch. Es wäre jetzt gut, wenn sie wieder trinken könnte, damit sie wieder auf die Beine kommt. Während ich bei einem einfachen verdorbenen Magen kurze Zeit nach dem Erbrechen weiterstillen konnte, wusste ich, dass ich bei einer Infektion die Milch erst langsam wieder einschleichen kann: 5 Schluck Tee, 5 Schluck Muttermilch, 5 Schluck Tee. Das hat sonst immer ganz gut geklappt. Am Abend war die Kleine soweit, dass ich es versuchen kann, Tee bleibt drin, nach Milch gefragt hat sie schon mehr als genug. Das Ergebnis war schockierend: es räumt ihr völlig den Magen aus und sie beginnt wieder mit 15-minütigen Brechanfällen. Nach ein-einhalb Stunden schläft sie wieder. Der Erfolg eines dreiviertel Tages ist hinüber. 
 
Ich liege lange bei ihr und denke nach. Je länger ich grübele um so deutlicher wird es, dass dies ein Zeichen ist das Abstillen anzugehen. Die Kleine ist 3 ½. Es war für uns beide in Ordnung, die Stillbeziehung so lange aufrecht zu halten und sie hat sich konzentriert in wenigen Minuten „Mutter“ geholt, auch wenn ich zeitweise durch meinen Beruf wenig Zeit für sie hatte. 
 
Als sie wach wird und Milch verlangt, akzeptiert sie es anstandslos, dass sie meine Milch nicht mehr verträgt. Noch zwei drei Nachfragen am folgenden Tag und in der folgenden Nacht, dann fragt sie nicht mehr. Ich war froh und entsetzt gleichzeitig. 
 
Am folgenden Tag ist meine Brust hart. Ich hab jetzt 36 Stunden nicht mehr gestillt. Die Brust bleibt auch über den ganzen Tag hart, wenn ich trinke, ist es Salbeitee.
 
Die Kleine schläft viel, sie will aber nicht allein bleiben, sobald sie merkt, dass ich den Raum verlasse, wird sie wach. Langsam bekomme ich ein Problem. Bis zum Abend muss ich eine Arbeit fertig stellen. Mein Mann kommt früher von der Arbeit, so schaffe ich es doch noch: der übliche Spagat zwischen Berufstätigkeit und Muttersein, das mal mehr mal weniger gelingt. Mein Mann bringt die Kleine auch ins Bett, sie ist wohl über dem Berg. 
 
Am Abend dann bricht alles aus mir heraus, was ich in mir habe. Danach ist erst mal Ruhe. Ich lasse alles stehen und gehe Schlafen. Aber der Schlaf kommt nicht. Mich überfällt jetzt heftig das Abstillen: Trauer, dass die kuscheligen Momente zu Ende sind, Momente voller Nähe und Wärme. Eigentlich sollte ich mich freuen: mein Körper gehört wieder nur mir allein, bei Festen mal wieder ein Glas Sekt trinken, mal wieder einen Body tragen... Die Freude will sich nicht richtig einstellen. 

Gleichzeitig macht sich die Erkrankung richtig breit in mir, ich merke, wie mir zunehmend elender wird. Als die Kleine dann wach wird und auf Toilette muss, muss sie es allein tun. 
 
Als ich am Morgen wach werde, geht es mir so schlecht wie lang nicht mehr. Ich schaffe mit viel Mühe der Kleinen einen Tee zu kochen, sie ist wieder fit. Sie hat erstaunlich viel Verständnis für mich: „Bleib nur liegen Mama“, sie genießt es, nicht mehr im Bett liegen zu müssen, bewegt sich im ganzen Haus, spielt mit ihren Puppen und isst mit Hochgenuss, was sie schon essen darf: Reiswaffel und Apfel: endlich wieder essen und trinken!
 
Ich bleibe im Bett, möchte Schlafen, trau mich aber nicht, möchte wenigstens mit den Ohren verfolgen was sie so treibt. Als kurz vor Mittag mein Mann auf meinen Hilferuf hin tatsächlich kommt, bin ich überglücklich. Ich schlafe bis in den frühen Abend. Es geht besser, aber nicht gravierend, ich habe üble Gliederschmerzen, die dieses massive Krankheitsgefühl auslösen. 
 
Während ich im Bett liege, kommt mir der Gedanke zu fasten. In den letzten 3 ½ Jahren des Stillens hatte ich mir immer vorgenommen: wenn du nicht mehr stillst, fastest du wieder. Ein Großputz ist nach der langen Zeit sicher gut, meine Essensportionen sollte ich wieder umstellen auf Eigenbedarf - das ist viel leichter nach dem Fasten, ein hastiges Essen hat sich in den Alltag geschlichen und nicht zuletzt wäre es nicht so schlecht, wenn auch noch ein, zwei Kilo verschwinden, die nach der Schwangerschaft hängen geblieben sind.
 
Das Fasten kommt jetzt zwar etwas plötzlich aber der Bauch ist sowieso leer. Damit fällt zwar der sonst zum Fasten führende Entlastungstag weg, das hat mir sozusagen die Erkrankung vorweggenommen. Ich brauche trotzdem noch eine Stunde bis ich vom Entschluss so weit bin, dass ich an die Durchführung gehe.
 
Erste Aktion: Einlauf, ich hoffe damit auch meinen Gesamtzustand zu verbessern. Irgendwie hatte sich ein leichter Widerwillen gegen diese Aktion eingeschlichen, obwohl es nicht neu für mich ist. Ich bin jetzt überrascht, wie leicht es geht. 
 
(Einlauf: Man braucht bei einem Erwachsenen dazu einen Irrigator mit einem Klistierrohr (gibt es in der Apotheke), bei Kindern reicht eine Klistierspritze. Das Gefäß des Irrigators wird mit ca. einem halben Liter körperwarmen Wasser gefüllt (Kamillentee wäre nur hilfreich bei lang anhaltendem Durchfall). Das Klistierrohr wird eingefettet und in Seitenlage 10 cm in den After eingeführt. Den Wasserbehälter stellt man ca. einen Meter höher. Man dreht das Hähnchen auf und lässt das Wasser einlaufen. Dann versucht man es 5-15 min zu halten und entlehrt es über den üblichen Weg.) 
 
Ich sauge noch Öl, dass hab ich seit einer Paradentoseerkrankung eine Zeit lang jeden Abend durchgeführt, in letzter Zeit seltener. Es soll meinem Körper helfen, die durch die Erkrankung mobilen Gifte schneller loszuwerden. 
 
(Ölsaugen: Ölsaugen ist eine alte russische Methode zur Körperreinigung: ein Esslöffel natives Öl (Sonnenblumen, Sesam) wird ca. 10 – 15 Minuten immer wieder durch die Zähne gezogen. Dadurch wird das Lymphsystem des Gesichts mobilisiert. Die Lymphe ist verantwortlich für den Abtransport von Schlacken und Giftstoffen. Man zieht durch die intensive Bewegung diese Stoffe in das Öl. Es entsteht eine wässrige Emulsion, die giftig ist, unbedingt ausgespuckt und über den Müll entsorgt werden sollte. Dem Ölsaugen werden zahlreiche Wirkungen im Mundsystem aber auch im gesamten Körper nachgesagt. Eine ausführliche Beschreibung von NORBERT MESSING findet sich z.B. in der Zeitschrift Natur&Heilen, Heft 11/2001)
 
Ich entschließe mich noch für ein Vollbad, auch um richtig durchzuheizen. Ich lasse ständig heißes Wasser zu, bis es mir zu viel wird. Schon beim Abtrocknen merke ich, dass es wohl wirklich zu viel war: in meinen Ohren rauscht ein Wasserfall. Ich lasse mich aufs Bett fallen und „dampfe“ erst mal ab, bis der Wasserfall weg ist. Am nächsten Tag lese ich in meinem Fastenbuch, dass ich an diesem Tag lieber hätte nicht baden sollen. Es ist lang her, dass ich es gelesen hatte.
 
Zumindest sind nach den ganzen Aktionen meine Gliederschmerzen nahezu weg, ich kann herrlich schlafen. Morgen beginnt mein erster Fastentag. 

1. Fastentag

Ich stehe auf und fühle mich um Größenordnungen besser. Heute ist mein erster Fastentag, es gibt einiges zu organisieren. Zunächst eine Prüfung des Kühlschrankinhaltes: was kann die Familie ohne mich nicht verbrauchen. Ich schenke es der Nachbarin bzw. lagere es im Null-Grad-Fach. 
 
Eigentlich beginnt man den ersten Fastentag mit einer gründlichen Darmreinigung. Sehr häufig wird dafür Glaubersalz verwendet. Das benötige ich nun nicht mehr, das hat die Erkrankung vorweg genommen. 

Die Kleine ist zwar wieder fit, aber ich gönne ihr noch einen Tag zur Regeneration bevor sie wieder in den Kindergarten geht. Ich entschließe mich mit Ihr zum Kräutergarten zu fahren um mir einen Fastentee zu holen. Unser Auto steht ein Stück weg, aber der Weg dorthin ist kein Problem, ich fühle wieder Kraft in mir. Im Kräutergarten decke ich mich mit allerlei Tees ein: Brennnessel, Löwenzahn, Ringelblumen, .... Der Inhaber sucht mir raus, was passt. Ich werde sicher viel Tee trinken. 
 
Zu Hause koche ich schnell ein Mittag für die Kinder. Der Große ist inzwischen aus der Schule gekommen. Ich selbst bleibe zunächst bei Tee. 
 
Mittagsruhe: ich lege mich mit der Kleinen hin und schlafe eine halbe Stunde. Die Kleine schläft lang, es bleibt sogar noch etwas Zeit zum Arbeiten übrig. 
 
Am Nachmittag basteln wir gemeinsam an einem Kostüm für den Kindergarten. Irgendwann stellt sich ein Geschmack wie Seife auf der Zunge ein, meine Zunge ist weiß-gräulich belegt, die Entgiftung setzt ein. Nur noch ab und an guckt ein Hungergefühl durch. Manchmal ein leichter Schwindel. Das ist aber normal und vergeht an diesem Tag recht schnell wieder. Ich bin gut gelaunt, mir geht es gut und ich genieße dieses Gefühl nach dem gestrigen Tag. 

Zum „Abendbrot“ gibt es Tee mit Zitrone, die tut mir gut. Zitrone wird oft zum Fasten empfohlen, weil sie den seifigen Geschmack auf der Zunge dämpft.
 
Mein Temperaturhaushalt ist etwas entgleist: ich war während des Stillens schon immer sehr verfroren, jetzt sitze ich bei Zimmertemperatur mit zwei Schafswollpullovern, einer warmen Weste und zwei Paar Strümpfen. Mein Körper spart Energie, man weiß ja nie wie lange es nichts zu essen gibt....
 
Nach dem Abendessen zieht es mich an den Schreibtisch, viel ist liegengeblieben. Ich genehmige mir nur die angenehmen Dinge rauszusuchen, die unangenehmeren verschiebe ich auf morgen. Ein kleines Fastenprivileg. 
 
Noch weit vor 12 gehe ich schlafen. Ich bin aber hellwach. Es heißt, beim Fasten benötigt man weniger Schlaf oder vielleicht hab ich mich auch gestern ausgeschlafen. Ich liege im Bett und lasse die Gedanken ziehen. Die Idee zu diesem Artikel wird geboren. Zum letzten Mal sehe ich um halb zwei auf die Uhr.

2. Fastentag

Das Aufstehen ist überraschenderweise gar nicht so schlimm nach der kurzen Nacht, etwas zu heftig und schnell – im Kopf ein Karussell. Ich hab mich im morgendlichen Rhythmus von der Tochter mitreißen lassen. Nach Dusche, intensivem Abrubbeln und Yoga-Sonnengrüßen wird es deutlich besser. Die Sonnengrüße sind eine der aktivsten Bewegungen im Hatha Yoga. Sie bestehen aus einer Abfolge von 12 Einzelbewegungen, vielen Reck- und Dehnbewegungen. Schon seit Jahren beginne ich meinen Tag mit dieser Übung, weil ich sie mag und es mir gut tut. Die Fastenbücher empfehlen eine leichte Gymnastik am Morgen, das kann aber fast jede Übung sein um wach zu werden. 

Die Wage zeigt 3 Kilo weniger als sonst - logisch, ist ja nichts mehr drin in mir. 
Zum Frühstück gibt es Tee mit etwas Honig. 
Die Kleine geht heute wieder in den Kindergarten und ich freu mich auf einen ganzen Vormittag Zeit zum Arbeiten. 
 
Als die Kleine im Kindergarten ist: Einlauf, das war mir vorher zu knapp. Das Abführen vermeidet Hungergefühle und sorgt dafür, dass Eiweiße, die durch die Darmregeneration entstehen, nicht über Tage faulen bis man sie nach Wiederaufnahme fester Nahrung über den natürlichen Weg ausscheiden würde. Das Abführen erreicht man mit Sauerkrautsaft oder einem Einlauf alle zwei Tage. 

Der Vormittag geht ganz gut, kein Hungergefühl und schon eine Ahnung von der Kraft der Fastenzeit, ich führe viele Telefonate. Gegen Ende des Vormittags gibt es Ärger, ich merke, dass er sich festsetzt, das passiert mir sonst selten.
 
Ich setze noch schnell das Gemüse für das Mittagessen der Kinder auf, dann muss ich zum Kindergarten. Ich bin überrascht, auch der recht schnelle Marsch geht gut.
 
Mit der Kleinen gemeinsam vollende ich das Kochen, nebenher wird der Kindergartentag ausgewertet. Für die Mutter fällt eine Gemüsebrühe ab. Beim Essen murrt der Große. Weil ich nach der Brühe nicht mehr abgeschmeckt und nur nach Gefühl gewürzt hatte, ist das Essen offenbar nicht so würzig wie gewohnt: „Wie lange willste'n das noch machen ...“.

Die Gemüsebrühe hatte ich mit Kräutern angereichert, die waren wohl zu grob geschnitten und haben die Magensäfte wieder angeregt, das merke ich dann am Nachmittag. 
 
Der Ärger schleicht sich in die Mittagsruhe und lässt mich nicht schlafen – nach einem warmen Essen passiert mir das nie, da schlaf ich immer .... Ich merke, dass ich empfindsamer bin und mir der Ärger viel schneller an die Nieren geht. Das ist der Nachteil des Fastens im Alltag, die entspannende Wirkung des Fastens kommt oft zu kurz. 
 
Ich liege trotzdem eine Weile und lasse die Gedanken fließen, dann gehe ich wieder an die Arbeit.
 
Am Nachmittag stellt sich der Hunger ein (wahrscheinlich die Kräuter), das war gestern schon besser, am Abend dann massiver Schwindel – ob da der Ärger noch nachschwingt? Er hält an, bis ich die Kleine ins Bett bringe, dann lege ich mich zu ihr und lege die Beine hoch, es wird etwas besser. Als sie schläft, stehe ich wieder auf, werfe mir kaltes Wasser ins Gesicht und lass es über die Unterarme fließen. Ich hänge noch ein paar ganz gründliche Sonnengrüße an mit vielem Strecken und Recken und einen Kopfstand, damit das Blut zum Herzen zurückfließen kann – langsam aufstehen – besser. Jetzt bleibt noch etwas Zeit zum Arbeiten. 
 
Immer mal wieder guckt der Hunger durch, ich antworte mit Tee. 
 
Ich schreibe, beantworte Mails. Zum Abschluss gönne ich mir noch das Lesen von ein paar Seiten in meinem Fastenbuch – wie geht es morgen weiter, Ölsaugen und eine kurze Meditation, mal sehen, wann heute der Schlaf kommt. Es gibt in den Fastenbüchern sehr gute Anleitungen für Bildmeditationen. Ich finde es spannend mich gerade beim Fasten darauf einzulassen.
 
Ich beschließe morgen noch einmal einen Einlauf zu machen und mal ganz nur mit „wässrigem“ zu fasten, also Honig und Kräuter wegzulassen. 

3. Fastentag

Es ist Samstag. Die Kleine weckt mich heute erst um halb acht und ich genieße das Ausschlafen. Alle haben heute frei, kein Zeitdruck nötig. Ich recke und strecke mich im Bett, die Kleine will noch, dass ich ihr ein Buch vorlese. Schön! Also kuscheln wir noch ein wenig unter der Bettdecke und lesen zusammen das Buch. 
 
Beim Aufstehen erst in den Sitz, dann Aufstehen – geht problemlos. Ich fühle mich fitt – bis auf den Hals, der tut weh. Im ersten Moment denke ich: „Schon wieder“, doch mir fällt ein, dass während des Fastens und in der Aufbauzeit danach alte Beschwerden wieder kurz aufflackern können, tatsächlich ist bis Mittag alles wieder im Lot ohne dass ich etwas unternommen habe. 

Dann der morgendliche Einlauf, der schon fast routinemäßig abläuft und Duschen: warm, kalt dann abrubbeln. Meine Lebensgeister sind wach. Ein Blick auf die Wage: 5 Kilo weniger, ich bin überrascht. 
 
An freien Tagen frühstückt die Familie ausgiebig zusammen mit frischen Brötchen. Ich gehe zum Bäcker und genieße die frische kalte Luft. Beim Bäcker alles voll von süßem Gebäck, was mich im Moment überhaupt nicht verlockt, schon eher der Gedanke, wenn das Fasten vorbei ist, bäckst Du so etwas ähnliches auch mal wieder - vollwertig. Auf dem Rückweg nehme ich einen kleinen Umweg durch den Park, lausche den Vögeln, dem Klopfen des Spechts und freue ich über die ersten Schneeglöckchen. Das zügige Laufen tut gut. 

Zu Hause koche ich Tee in diversen Variationen: für jeden in der Familie was er mag. Für mich gibt es heute eine Kräutermischung „Neubeginn“ (Heiligenbasilikum, Johanniskraut, Ringelblumen, Kornblumen, Einsenkraut u.a.) passt zum Fasten und zu meiner Situation gerade – wie immer etwas frischen Zitronensaft im Tee. Wir sitzen zusammen, schwatzen und essen.
 
Nach dem Frühstück steht Einkaufen auf dem Plan, bis zum Super-Markt sind es einige Schritte, ich bin mir aber nicht sicher, ob ich mit Fahrrad und Hänger den steilen Berg hinauf komme. Beim Fasten ist Ausdauersport gut möglich, an die Grenzen kommt man schneller bei Bewegungen, die kurzzeitig viel Energie benötigen, weil der Körper so schnell die Energie nicht aus den Depots mobilisieren kann. Also gehen wir zu Fuß und nehmen den Taschenwagen mit. Die Kleine ist stolz ihn ziehen zu dürfen. 
 
Zum Mittag gibt es für mich Möhrenbrühe, hatte mich extra bemüht, kräftiger zu würzen. Die Familie meinte, es schmeckt trotzdem lau - hm, wahrscheinlich schmecke ich schon intensiver und brauche deshalb weniger Würze. 
 
Zur Mittagsruhe schlafe ich tief und fest 1 ½ Stunden - ungewöhnlich, normalerweise werde ich nach spätestens einer halben Stunde von allein wach. Ich döse noch ein wenig bis die Kleine auch wach wird. 
 
Ich bastele mit der Kleinen, bis mich der Papa ablösen und ich mich noch für zwei Stunden an den Schreibtisch zurückziehen kann. 

Zum Abendbrot gibt es heute für mich „Hagebuttensaft“ – köstlich, herrlich fruchtig. Ich hatte lose, zerschlagene Früchte am Morgen mit kaltem Wasser übergossen und über den Tag stehen lassen. Das trinken wir jetzt roh – eine kleine Vitamin C-Spritze. Danach kann man die Früchte noch einmal zu einem Tee überbrühen. Nach dem Abendbrot kommt die Kleine wieder kuscheln, ich reibe meine Wange an ihren Wuschelhaaren, schön! Da kommt der Ausgleich fürs Stillen.

Durch den Saft ist mir kalt geworden, ich habe eiskalte Füße und Hände trotz Pullovern und Weste. Da sowieso das Spülen des Geschirrs ansteht, lasse ich Wasser ein, so heiß, dass ich gerade noch reinfassen kann, zwei Mal lasse ich heißes Wasser nachlaufen. Ich wasche ab, wie immer, nur vielleicht mit etwas mehr heißem Wasser, weniger Spülmittel und sorge dafür, dass die Hände im Wasser bleiben. 10 Minuten später sind Hände und Füße wieder warm. Der Abwasch ist auch fertig. 
 
Ich fühle mich gut und beschließe noch etwas zu schreiben. Es läuft gut, auch die anderen aus meinem Team sind am Arbeiten – ich sehe es im Online-Chat, es wird ein reger Austausch. Ich warte noch auf eine Mail, die kommt kurz nach 1 Uhr, dann leite ich mein Feierabendprogramm ein. 
 
Ich schließe den Tag mit Blumengießen, Ölsaugen, einem Vollbad und einer dann recht kurzen Meditation. Spät genug ist es ja. 

4. Fastentag

Die Kleine weckt mich um drei-viertel sechs. Reichlich früh dafür, dass ich gestern so lange gearbeitet hatte und wir heute eigentlich frei haben. Nun gut, eine leise Freude auf den Mittagsschlaf sitzt im Knopfloch des Schlafanzugs. 
Die Waage zeigt keine Veränderung seit gestern. Kein Grund zur Sorge, das ist nicht unüblich. Viele Fastende teilen diese Erfahrung und oft sind es gerade diese Tage, an denen sich Fastende schlapp fühlen. Was passiert? Einmal vermutet man, dass Salz im Gewebe gelöst, an Wasser gebunden und erst am nächsten Tag ausgeschieden wird. Außerdem vermutet man, dass an solchen Tagen Fett-Depots geöffnet, diese in wasserlösliche Substanzen umgewandelt und damit vermehrt Schlacken freigesetzt werden. Auch diese müssen erst abtransportiert werden und werden am nächsten Tag ausgeschieden. 

Das übliche Morgenprogramm aus Einlauf, Wechselduschen und Abrubbeln. Irgendwie bin ich immer noch müde. Ich versuche die Yoga-Sonnengrüße, aber ich muss mich richtig zwingen, auch weitere - möglichst aktive Übungen helfen nur mäßig. 
 
Die Familie darf noch schlafen, bis zum Frühstück ist noch Zeit. Ich brühe uns einen Tee und spiele mit der Kleinen.

Zum Frühstück gibt es Tee mit Zitrone. Ich werde heute bei Tee und Wasser bleiben. Vielleicht werde ich so den Hunger los, der ab und an noch durch kommt. Gemüsebrühe, Honig - alles regt meine Magensäfte an. Die Zitrone behalte ich bei, ich merke, dass sie mir gut tut. 
 
Nach dem Frühstück gehen wir zusammen raus. Ich drehe eine Runde extra um im eigenen Tempo zügig laufen zu können, bevor ich die anderen wieder treffe. Das hilft jetzt endlich gegen die Müdigkeit. Die kühle Luft tut gut. Langsam kommen meine Lebensgeister in Fahrt. Ich gehe zum Laden um die Ecke weil ich gestern etwas vergessen hatte. Beim Bezahlen suche ich das Geld passend raus, vergreife mich dann aber doch und brauche Minuten, bis ich begreife, was noch nicht stimmt. Der Verkäufer schmunzelt und wir scherzen über den frühen Morgen. Das war also einer der Fastenaussetzer. Neben der Euphorie und guten Leistungsfähigkeit auf körperlicher Ebene erreichen manche Faster auf geistiger Ebene nur 80% ihrer Leistungsfähigkeit, das Denken geht langsamer. Nach Erfahrung eines Fastenarztes betrifft dies häufiger Männer als Frauen. Andere Kopfarbeiter schwärmen von sonst unerreichter Kreativität. Mal von diesem Aussetzer abgesehen, habe ich in dieser Woche bei meiner Kopfarbeit nicht bemerkt, dass es langsamer oder schwieriger ging. So reagiert jeder individuell. 

Wieder zu Hause bleibt noch etwas Zeit zum Arbeiten, ich komme gut voran. 
 
Dann wie immer: Kochen, Mittag, Mittagsschlaf. Ich schlafe lang - fast zwei Stunden und stehe mit der Kleinen ausgeruht wieder auf. Wir sitzen alle gemeinsam bei einem Tee zusammen und flaxen mit der Kleinen. Für Ihr Kindergartenkostüm muss noch eine Kleinigkeit abgeholt werden, ich melde mich freiwillig, Spaziergänge gehören zum Fastenprogramm. Es regnet und die Luft ist wie frisch gewaschen. Ich sauge meine Lunge bewusst voll.
 
Danach hab ich noch einige Zeit zum Arbeiten. Nach dem Abendbrot basteln wir das Kostüm der Kleinen fertig, sie probiert es aus und wir haben eine Menge Spaß, wie sie sich dreht und wendet. Ich koche noch 2 Liter süßen Reis für den Kindergarten - vollwertig, morgen gibt es dort ein Fest. Eine Schüssel, die ein wenig anders schmeckt, wird sicher gegessen. Das Abschmecken übernimmt mein Mann und sehr gern auch der Große. 
 
Ich setze mich noch einmal an den Schreibtisch, ich will noch einen Text fertig stellen. Ich kläre noch einige Kleinigkeiten mit meinen Kolleginnen, die auch gerade arbeiten. 
 
Zum Tagesabschluss bringe ich dann doch noch einen Text zu einer Heilpraktikerin zum Korrekturlesen. Es ist insgesamt ein Fußweg von 15 Minuten. Wieder hat es geregnet, die Luft ist noch ganz feucht. Viele Fenster sind schon dunkel, es ist still und man hört meine Schritte auf der Straße. Ich laufe zügig und lausche, meine Sinne sind ganz wach. Langsam lasse ich den Tag hinter mir. 

5. Fastentag

Heute gibt es vor dem Kindergarten noch viel zu tun. Die Kleine ist früh wach und aufgeregt. Wir erledigen unser Morgenprogramm im Schnelldurchlauf und sitzen dann alle zusammen am Küchentisch, um noch das Obst für eine große Schüssel Obstsalat für das Kindergartenfest fertig zu stellen. Ich wollte das Obst nicht schon am Vortag schneiden, weil es so sicher besser schmeckt. Aber zusammen sind wir schnell fertig. Bepackt laufen wir zum Kindergarten.

Auf die Waage hab ich heute morgen trotz aller Eile doch noch gesehen: sie zeigt heute morgen 6 Kilo weniger. Es ist witzig, wenn ich die Hose schließe: zwischen Hosenbund und Bauch ist viel Luft. Ich habe den Eindruck, dass meine Haut weicher geworden ist. Nach jedem Baden und Duschen hatte ich sie mit einem guten nativem Mandelöl eingerieben, wie ich es sonst auch tue. Man sagt, dass die Haut während des Fastens schneller austrocknet und deshalb mehr Pflege und Fett benötigt. Wichtig ist hier: was trägt man auf? Es sollte bevorzugt ein natürliches Öl oder Fett sein, damit man nicht neue Fremdstoffe aufträgt, die der Körper ja gerade versucht loszuwerden. 
 
Ich habe einen ganzen Vormittag zum Arbeiten vor mir. Ich arbeite an Texten und telefoniere viel. Mit fällt auf, dass sich jetzt auch mein Temperaturhaushalt stabilisiert, ich kann die Weste und einen der Wollpullover weglassen. Mein Körper scheint mit der Situation umgehen zu lernen. 
 
Die Kleine kommt ganz begeistert aus dem Kindergarten. Es gibt viel zu erzählen während des Kochens. Auf ihren Wunsch hin koche ich für die Kinder Spagetti mit Gemüse-Tomatensoße, sie mögen das und in den Aufbautagen, wenn ich selbst wieder mit esse, werde ich es sicher noch nicht kochen. Ich selbst bleibe bei Tee mit Zitrone: der Tee bewährt sich, tatsächlich bleibt der Hunger weg. 

Als wir von der Mittagsruhe aufstehen, wartet die Biokiste vor der Haustür. Einmal pro Woche bringt sie der Lieferservice aus dem Nachbarort ins Haus. Ich genieße den Service, weil ich im Ort sonst kein Bio-Gemüse kaufen kann. Am Vortag hatte ich online dazu bestellt, was wir benötigen. Unter anderem hatte ich auch einen besonders schönen Apfel zum Fastenbrechen dazu bestellt. 
 
Wenn die Bio-Kiste kommt, ist es für die Kleine immer ein Fest. Begeistert packt sie Stück für Stück aus, wir beriechen es und freuen uns auf die leckeren Sachen, die es jetzt zu essen gibt, bevor wir sie im Kühlschrank verstauen. Unter anderem liegt in der Kiste auch ein frisches Brot. Üblicherweise schneiden wir es an (egal, wie viel Brot noch im Kasten liegt) und genießen es frisch mit Butter und Marmellade. Heute darf die Kleine allein schlemmen. 
 
Der Nachbarsjunge ist da um mit meiner Tochter zu spielen. Währenddessen fotografiere ich. Für ein neues Thema werden viele Aufnahmen benötigt. Ich experimentiere mit Licht und Einstellungen. Die Kinder sehen interessiert zu.
 
Nach dem Abendbrot badet mein Sohn die Kleine. Mein Mann ist unterwegs, er badet sie sonst und bringt sie ins Bett. Unser Sohn ist ein gutes Stück älter als sie und geht am Nachmittag seine eigenen Wege. Wenn Not am Mann ist, springt er gelegentlich ein. Heute schafft mir das eine halbe Stunde Zeit, das Chaos in der Küche zu beseitigen. Als die beiden fertig sind, lasse ich mit der Kleinen den Tag ausklingen. 
 
Als sie schläft, wartet ein großer Berg Arbeit auf mich, der noch heute abgearbeitet werden will. Auch die anderen vom Team sind online. Gemeinsam bereiten wir eine neue Serie vor, besprechen Design, Bilder, Texte. Noch in der Nacht gehen die ersten Texte ins Netz. 

Ich bin müde, als alles getan ist. Unter der heißen Dusche spüle ich den Tag von mir ab. Einige langsame Übungen beenden den Tag. Heute war mein letzter Fastentag. Ich denke, ich könnte noch einige Tage weiter fasten. Trotzdem freue ich mich auch darauf morgen wieder mit dem Essen zu beginnen. Ich bin gespannt, wie meine Sinne und mein Körper nach den Tagen des Fastens reagieren. 

1. Aufbautag

Ich habe jetzt sechs Tage ohne feste Nahrung gelebt. Dabei habe ich 6,5 Kilo abgenommen. Ich habe meine Erkrankung hinter mir gelassen und mich gut gefühlt. Ich habe wieder gelernt, mit dem Gefühl „Hunger“ umzugehen. 
 
Ein wichtiger Teil des Fastens – manche behaupten: der wichtigste Teil überhaupt – ist die Nachfastenzeit, der Kostaufbau. Der Körper muss sich langsam wieder an die Aufnahme von Energie aus der Nahrung gewöhnen, der Darm seine Arbeit wieder aufnehmen. Gleichzeitig gibt es die Chance, Ess-Gewohnheiten gezielt zu verändern, die sich vor dem Fasten manifestiert haben. Wichtig ist sich vorher zu überlegen: was will man ändern. Ich hatte mir vorgenommen: 

  • Das Fasten zum inneren Großputz zu nutzen – dieses Ziel wurde sicher erreicht, 
  • meine Essensportionen sollten nach dem Stillen wieder umgestellt werden auf Eigenbedarf
  • ich wollte versuchen wieder langsamer und bewusster zu essen und
  • nicht zuletzt wäre es nicht so schlecht, wenn auch noch ein, zwei Kilo verschwinden, die nach der Schwangerschaft hängen geblieben waren.

Ein Drittel der Fastentage sollten als Aufbautage folgen. Ich habe mir drei Aufbautage vorgenommen. Drei Tage, an denen die Nahrungszufuhr nur langsam gesteigert wird und die Nahrungsmittel noch bewusster als sonst ausgewählt werden. Die Anregungen dazu hole ich mir aus den Fastenbüchern, vieles wandele ich ab, so wie es mir schmeckt oder wie es zur Familie passt. 

Das Wichtigste am Morgen: Fastenbrechen. Ich wähle mir einen Apfel aus: eher klein, schön geformt mit einer leicht roten Wange. Ich reibe ihn, bis er richtig glänzt. Während die Kleine an ihrem Frühstücksbrot kaut, sitze ich vor meinem Apfel und rieche, nehme seinen Duft ganz in mir auf. Dann schneide ich ihn auf und zerteile ihn in vier gleiche Stücke. Genüsslich kaue ich am ersten Biss. Man sollte 35 mal kauen – unvorstellbar im Alltag! Nach dem Fasten gelingt es mir immer und ich merke wieder, wie Essen sich vor dem Schlucken anfühlen sollte. 
Ich esse meinen Apfel roh. Für Faster mit empfindlichem Magen, empfehlen Fastenärzte auch, den Apfel mit wenig Wasser zu dünsten damit er leichter verdaulich wird. 
 
Gut, dass der Apfel nicht so groß war, nach dem letzten Stück bin ich pappsatt. Ich habe das Gefühl, dass sich alles Blut sofort zum Magen zieht und eigentlich sollte ich mich jetzt eine Weile hinlegen. 
 
Aber wir haben einen Termin mit einem Messebauer und ich muss los. Der Termin läuft gut, wir kommen schnell voran und ich bin zeitiger zu Hause als geplant. Schön!: Geschenkte Zeit. Ich habe wieder Hunger bekommen und gestatte mir einen zweiten Apfel. Einen kurzen Moment hatte ich die Versuchung den Apfel zu essen, während ich die Post durchsehe wie ich es früher oft getan hatte. Aber ich halte inne, lege alles weg, setze mich in den Sessel, lege die Füße hoch und nehme mit Blick nach draußen eine „Apfelauszeit“, kaue und genieße. Ich schmecke dem Apfel noch einen Moment nach und gehe dann wieder an meine Arbeit. 
 
Zum Mittag koche ich Gemüsesuppe. Während ich mit meiner Tochter das Gemüse für die Suppe klein schneide, naschen wir nebenher unsere Mittagsrohkost: Blumenkohl, Möhren, Kohlrabi, ....Hier essen wir zwar auch nebenbei, das jedoch bewusst. Ich bemühe mich ganz langsam zu kauen. Wie intensiv das Gemüse jetzt schmeckt. In der kurzen Zeit vom Abholen der Kleinen bis mein Sohn aus der Schule kommt und das Mittagessen auf dem Tisch stehen sollte, schaffe ich es nicht, ein vollwertiges Essen und einen Salat zuzubereiten. Deshalb essen wir mittags unseren Frischkostanteil schon beim Zubereiten des Essens. Für die Kinder gibt es zur Suppe Gemüsemaultaschen, die ich früher zubereitet und eingefroren hatte. Ich selbst bleibe am ersten Tag beim Gemüse.
 
Nach dem warmen Essen ist die Mittagsruhe willkommen. Wie am Morgen spüre ich förmlich wie mein Körper an der Verdauung arbeitet.
 
Bis zum Abend esse ich jetzt nichts mehr, ich trinke lediglich reichlich. Ich will meinem Körper Zeit geben zu verdauen. Ich habe Zeit für einige kurze Besorgungen, die Kleine spielt beim Nachbarn.

Zum Abendbrot bereite ich uns einen Salat zu: aus Rapunzeln, etwas Blattsalat und Radieschen. Beim Dressing bleibe ich bewusst fettarm mit wenig nativem Sesamöl, Apfelessig und Kräutersalz. Auch die Kleine isst reichlich. Seit ich sie nicht mehr stille, greift sie deutlich öfter zu Frischkost. Damit hat sich auch diese Sorge aufgelöst. Wie einfach sich manche Dinge fügen. Nach dem Salat esse ich noch eine Scheibe Dinkel-Vollkornbrot mit Radieschen, und rohen Pilzen, Schnittlauch und Kräutersalz. Ich kaue genüsslich an der festen Krume und spüre den intensiven Eigengeschmack des Gemüses. Danach bin ich satt. Früher hätte ich deutlich mehr essen müssen um satt zu sein.
 
Mein Mann ist noch unterwegs, deshalb bringe ich die Kleine ins Bett. Als sie schläft, sitze ich noch eine Weile bei meinem Sohn. Er hat einige Fragen, wir diskutieren, er zeigt mir, was über den Tag entstanden ist. Dann bleibt noch etwas Zeit zum Schreiben. 
 
Ich beende meinen Tag mit einer heißen Dusche. 
 
Damit ich meinen Körper in seiner Verdauungsarbeit unterstütze, reibe ich meine Füße mit einem entspannenden Öl ein und massiere die Fußunterseite gründlich. An den Füßen sitzen Reflexzonen zu allen inneren Organen (siehe auch Artikel Fußreflexzonen). Bei der Massage werden alle Organe aktiviert. Besonders massiere ich den großen Zeh (die Stelle für die Hirnanhangdrüse, sie steuert alle Organfunktionen), die Fußmitte (Niere) und die Fußinnenseite (Darm). Hier merke ich beim Drüberstreichen, dass diese Stelle besonders druckempfindlich ist. Diese Massage entspannt und lässt mich Abstand vom Tag gewinnen. 

2. Aufbautag

Die Kleine wird um halb sechs wach. Sie ist launisch und noch sichtlich müde, aber sie will unbedingt aufstehen. Würde ich noch stillen, hätte sie getrunken und würde noch ein-einhalb Stunden weiterschlafen. Nicht zu ändern, machen wir das beste draus.

Ich dusche ausgiebig und lasse mir viel Zeit für die Morgengymnastik. Heute übt die Kleine sogar mit. 

Die Waage zeigt heute nur noch 5 Kilo weniger als vor dem Fasten, das Gewicht ist gestern also wieder 1,5 Kilo nach oben gegangen. Das ist normal. Der Darm füllt sich wieder, man nimmt mehr Salz zu sich, das in Wasser gebunden wird und die Kurzzeitspeicher in der Leber und in den Muskeln werden wieder aufgefüllt. 

Zum Frühstück bereite ich heute einen Dinkelbrei zu. Ich wähle bewusst Dinkel als Getreide. Für Hildegard von Bingen ist es DAS Getreide, wenn der Darm seine Arbeit wieder aufnehmen soll oder wenn man krank war. Ich lasse drei Esslöffel frisches Dinkelmehl mit einem viertel Liter Wasser aufkochen. Dann schneide ich Trockenfrüchte (2 Aprikosen, 3 Pflaumen) hinein, die ich am Vortag eingeweicht hatte. Zum Schluss reibe ich noch einen kleinen Apfel drunter. Auch heute merke ich besonders nach dem Frühstück, wie alles Blut in den Magen strömt. 

Ich fahre zu einem Meeting. Es dauert ewig und nur knapp bin ich mittags pünktlich beim Kindergarten. 

Noch während der Fahrt überlege ich, welches Essen heute für meinen Aufbautag angemessen ist, einigermaßen schnell geht und den Kindern schmeckt. Ich entscheide mich für einen „Möhren-Dinkelino-Topf“. Möhren werden mit Zwiebeln kurz angeschmort, dazu gibt man Lauch. Das Ganze wird mit Gemüsebrühe angefüllt. Man lässt es 5 min. köcheln bevor man Dinkelino einstreut (bei manchen Anbietern auch Dinkelreis: es ist Dinkel, der über ein Dampfverfahren vorbereitet wird, so dass er schneller gart). Nach 15 min wird alles mit Kräutersalz, Kräutern und Hefeflocken abgeschmeckt - fertig. Wer mag, kann noch etwas süße Sahne ergänzen. Die Kleine hat begriffen, dass es schnell gehen muss und will deshalb überall mithelfen, leider braucht das auch seine Zeit ....

Wir essen. Gerade beim Mittag muss ich vorsichtig sein. Schnell ist zu viel auf dem Teller. Ich kann schlecht etwas auf dem Teller lassen, wenn ich dem Kind sage: „Nimm nur so viel, wie Du schaffst“. Ich bin nach meiner kleinen Portion gut satt und freue mich auf den Mittagsschlaf. Jetzt in den Aufbautagen brauche ich ihn fast noch nötiger als während der Fastenzeit. Auch das ist normal, der Körper braucht Ruhe, um sich wieder an die Verdauungsarbeit zu gewöhnen. 

Am Nachmittag hat die Kleine eine Freundin eingeladen. Während die beiden spielen, kann ich im Arbeitszimmer etwas aufräumen und Kleinigkeiten auf meinem Schreibtisch erledigen. Zwischendurch haben die beiden Hunger, ich bewundere mal ein Bild, mal eine fertig angezogene Puppe oder schaukele des „Baby“ der Kleinen. 

Zum Abend bereite ich einen Salat aus Blattsalat, Rapunzel und rohem Blumenkohl zu, mit einem Dressing aus Apfelessig, wenig Öl und Senf. Meinem Darm gönne ich noch etwas rohes Sauerkraut, das ich auch außerhalb der Fastenzeit sehr gern esse. Nach einer weiteren halben Scheibe Dinkelbrot mit Avocado und Radieschen bin ich satt.

Während mein Sohn mit der Kleinen badet, räume ich die Küche auf. Dann bringe ich die Kleine ins Bett. Heute Nacht kommt mein Mann von seiner Dienstreise zurück, ab morgen läuft die Familie wieder im üblichen Rhythmus. 

Als die Kleine schläft, telefoniere ich lang. Es ist spät, als ich mich wieder an meine Texte setzen kann. 

Zum Tagesausklang lese ich noch einige Seiten in meinem Fastenbuch, dusche ausgiebig und massiere wieder meine Füße. 

3. Aufbautag

Ich bereite mir zum Frühstück einen Frischkornbrei, wie auch sonst vor der Fastenzeit. Dazu habe ich am Vorabend Getreide (Dinkel und Roggen) grob geschrotet und in Wasser eingeweicht. Jetzt in der Aufbauzeit male ich es noch etwas feiner als vor dem Fasten. Allzu grobe Körner will ich meinem Darm noch nicht zumuten. Dazu ergänze ich am Morgen Trockenfrüchte und frisches Obst, sowie gehackte Mandeln, Leinsamen, Sesam und andere Sämereien – je nach Geschmack und Jahreszeit immer mit wechselnden Zutaten. Besonders wichtig ist auch hier gut zu kauen.

Am Vormittag habe ich einen Termin beim Heilpraktiker. Über die Stillzeit hatte ich meine Konstitutionsbehandlung ausgesetzt weil mein Mittel die Behandlung der Kleinen gestört hatte. Vieles hatte ich während der Stillzeit aufgeschoben. Jetzt ist es an der Zeit, dass ich wieder stärker auf meine eigenen Bedürfnisse achte. Der Besuch heute ist der Anfang. 

Ich bin noch nicht wieder richtig zu Hause bzw. im Büro, da klingelt das Telefon. Noch während ich spreche, kommt der nächste Anruf. Bis ich die Kleine vom Kindergarten hole, steht das Telefon nicht still. Es gibt Tage, da meldet sich niemand, an anderen Tagen klingelt das Telefon am Stück.

Zum Mittag koche ich Vollkornnudeln mit Karotten-Zucchinisauce.

Nach der Mittagsruhe hole ich Erde und bereite mit der Kleinen Pflanzschalen für die Frühjahrsaussaaten vor. Ganz begeistert füllt sie mit mir die Erde ein. Wir lassen die Erde durch die Finger krümeln und nehmen ihren Geruch auf. Die Kleine zieht mit ihren Fingern „Gräben“, in die wir die Samenkörner legen. Vorsichtig schließt sie die „Gräben“ wieder. Die Vorfreude auf die Tomaten des kommenden Sommers pflanzen wir mit ein. 

Am Abend bereite ich einen Rote-Beete-Salat mit Äpfeln zu, dazu gibt es eine Scheibe Vollkornbrot mit vegetarischem Brotaufstrich und Linsen-Sprossen.

Ich esse heute noch etwas weniger als am gestrigen Abend. Ich möchte zum Sport gehen - einmal pro Woche eine Stunde für mich. Nicht jede Woche gelingt es mir. Ich fahre mit dem Fahrrad zur Turnhalle und genieße es mich ausdauernd zu bewegen, Muskelgruppen zu benutzen, die sonst nicht gebraucht werden. An diesem Abend merke ich nur noch wenig von einer Woche ohne feste Nahrung – vielleicht ein wenig mehr Leichtigkeit.

Fazit: 

Meine Fastenwoche und die Aufbauzeit sind vorüber. Die Verdauung funktioniert wieder normal, mein Körper hat sich auf die Energiegewinnung aus der Nahrung umgestellt. Das ist meist einfacher als umgekehrt. 

Ich habe aus einer Erkrankung und einem spontanen Entschluss heraus gefastet, ohne große Vorbereitung, ohne dass der Termin besonders ausgewählt wurde. Das war mit Kompromissen verbunden. Eigentlich gehört Fasten und „frei zu sein“ zusammen, was bedeutet: sich in der Fastenzeit ein Stück aus täglichen Verpflichtungen und Terminen herauszunehmen. Das ist mir kaum gelungen. Damit kommt eigentlich auch ein Stück vom „Zu-sich-Kommen“ der Fastenzeit zu kurz. Ich habe versucht, das mit kurzen Meditationen aufzufangen, was mir aber sicher nur zum Teil gelungen ist. 

Aber ich habe in dieser Woche bewusster gelebt und noch bewusster als sonst die kleinen Momente des Lebens aufgefangen: Gerüche, Geräusche, Empfindungen. Dieses Achten auf die kleinen Momente nehme ich mit in die Nachfastenzeit. 

Ich wollte zurückkommen zu langsamerem und bewussterem Essen. Das ist jetzt viel einfacher als vor dem Fasten. Wichtig ist es, dieses Essverhalten über die Zeit der Aufbautage mit in den Alltag zu nehmen. Ich merke, dass es mir nur gelingt, wenn ich nicht nebenher esse, wenn ich mich ganz auf das Essen konzentriere. Das ist manchmal schwierig, wenn die Familie am Tisch sitzt, wenn die Kinder erzählen und versorgt werden wollen, hier und da noch etwas geholt werden muss, weil es beim Tischdecken vergessen wurde ...

Hier hilft es sicher, wenn man dem Essen mehr Zeit einräumt, dann hat beides wieder nebeneinander Platz: bewusstes und langsames Essen und die so wichtige soziale Komponente des miteinander Essens und Redens.

Wir haben in unserem Bericht gezeigt, wie Fasten im Alltag funktioniert. Das ist zum einen einfacher, weil es viel Abwechslung gibt, die vom Essen oder auch vom Hunger ablenkt, zum anderen aber auch schwieriger, weil oft die Ruhe fehlt und die Freiheit ganz im eigenen Rhythmus zu leben. Wenn man zum ersten Mal fastet, ist es sicher einfacher in der Gruppe oder im Urlaub.

Es gibt gute und praxisnahe Bücher, die eine detaillierte Anleitung zum Fasten bieten und auch auf Schwierigkeiten eingehen, die es im Fasten geben kann. Eine Auswahl finden Sie in der Einführung zum Thema Fasten. Dennoch wird jede Fastenkur individuell sein - jeder muss seinen eigenen Weg finden. 

Wir wünschen Ihnen, wenn Sie es jetzt selbst einmal mit dem Fasten versuchen wollen, Mut diesen Versuch zu wagen und eine Zeit voller Entdeckungen in Ihrem Körper und in Ihrem Umfeld.

  • Hellmut Lützner: Wie neugeboren durch Fasten
  • Dr. Rüdiger Dahlke: Das große Buch vom Fasten
  • Ralf Möll: Suppenfasten: Abnehmen, entschlacken - und immer etwas Warmes im Bauch
  • Eva Lischka und Norbert Lischka: Gesundheit und neue Energie durch Fasten. Das Regenerationsprogramm für Körper und Seele.

Dr.-Ing. Anke Schmietainski

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  • Anne www.lilagluecklich.de, am 19.03.2017
    Hallo,

    vielen Dank für den tollen Bericht. Da sind wirklich ganz viele nützliche Infos drin. Ich selber habe auch schon einige Erfahrungen mit dem klassischen Fasten, aber auch dem Intervall-Fasten gemacht. [...]

    Liebe Grüße
    Anne

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Norbert Hartwig
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