Gestörter Schlaf - eine Lösung
Vielleicht hatte ich bei all meinen über die Jahrzehnte (gar nicht so häufigen) verteilten Arztbesuchen auch immer den Fehler gemacht, mein Problem, schon allein um nicht in Tränen auszubrechen, selbst ein wenig herunterzuspielen. Doch als ich damals mit meinen kleinen Kindern das Gefühl hatte, jetzt könne ich wirklich gar nie mehr als ein paar Minuten schlafen, konnte es passieren, dass ich anfing zu heulen, wenn jemand mich nur ganz unbedarft fragte, wie es mir gehe. Endlich geriet ich zufällig an einen anderen Arzt, der der bislang erste und einzige war, der meine Probleme und das was ich ihm darüber erzählte, wirklich ernst zu nehmen schien. Er überlegte fast eine Stunde lang mit mir, woran mein Schlafproblem liegen könnte, fragte nach elektrischen Geräten, der Beleuchtung im Zimmer, ob mein Mann schnarche, der Qualität der Matzratze und vieles mehr. Dann empfahl er mir einen Kurs im Autogenen Training bei seiner Frau, die auch Ärztin und Psychotherapeutin ist. Wenn man nicht mehr schlafen kann, gibt es Schlimmeres, als zum dritten Mal eine Technik zu üben, die einem die ersten beiden Male gar nicht geholfen hat, bzw. nur während des entspannenden Kurses selbst, wenn nämlich die Unterrichtenden derart einschläfernd ihr Mantra gesprochen hatten, dass ich dort jedes Mal total entspannt war.
Mein dritter Kurs im Autogenen Training unterschied sich in einem wichtigen Punkt von den ersten beiden. Bei dieser Technik sollten wir uns nicht nur die typischen Formeln wie „Arme und Hände strömend warm“ oder „“Es atmet in mir“ suggerieren, sondern dazu noch ein passendes Bild vorstellen. Bei den warmen Händen und Armen sah ich mich beispielsweise in der Badewanne liegen. Das klingt einfacher als es ist, denn natürlich hat unser Hirn, zumindest meines, einen starken Drang, „Wichtigeres“ zu denken. „Ich darf nicht vergessen, den Hautarzt anzurufen, die Projekttage für die Schule vorzubereiten, die Mutter eines Geburtstagskindes wegen des gewünschten Geschenks anzurufen und eine saure Sahne für den Spinatkuchen muss ich auch unbedingt noch kaufen....“ Ständig muss man seine Gedanken freundlich verscheuchen. Das kann man mit einem eingeschobenen „Die Gedanken kommen und gehen, sie stören mich nicht“ tun. Krampfhaftes Entspannen könne nicht funktionieren, schärfte uns die Ärztin immer wieder ein. Auch wenn wir den Faden in unseren Übungen verloren, mache das nichts, man mache einfach da weiter, wo man wegen anderer Gedanken aufgehört habe zu üben.
Ich kann es nicht anders ausdrücken: Der Kurs hat bei mir eingeschlagen wie eine Bombe, allerdings eine positive. Nach den ersten Stunden des Kurses war ich mit meiner Familie zwei Wochen im Urlaub am Gardasee. Früher hätte das ziemlich sicher bedeutet, dass ich zumindest die ersten Nächte vergessen konnte und die nächsten auch nur dann gut sein konnten, wenn alle Bedingungen stimmten (gute Matratze, Ruhe...). Dieses Mal war alles anders. Ich übte brav jeden Nachmittag während meine Kinder am Pool Eidechsen jagten oder – unter Aufsicht ihres Vater - anderen Unsinn anstellten. Und abends, vor dem Einschlafen, übte ich ein zweites Mal und kam nie wirklich weit mit meinen Übungen, sondern verschlief sie einfach. Auch nach dem Urlaub und nach dem Ende des Kurses übte ich brav weiter – solange bis ich dachte, ich hätte jetzt ja meine Schlafprobleme im Griff und brauche nicht mehr zu üben.
Das war ein Fehler. Nach und nach schlichen sich wieder schlechte Nächte ein, auch solche, in denen ich gar nicht schlafen konnte, aber alles war noch in einem erträglichen Rahmen – bis ich unverhofft beruflich so stark eingespannt war und zum Teil auch in für mich unglaublich stressigen Arbeitsverhältnissen, dass ich auf einem Schlag überhaupt keine guten Nächte mehr hatte und schon froh war, wenn ich abschätzen konnte, etwa vier Stunden geschlafen zu haben. Auch im Urlaub ging nichts, oft schlief ich erst gegen Morgen ein, wenn sich im Kopf das Gefühl breit gemacht hatte, jetzt habe das Einschlafen ohnehin keinen Sinn mehr. Leider verlernt man das Autogene Training durchaus wieder, und, was noch viel schwerer wiegt, war zumindest in meinem Fall, dass ich den Glauben ans Autogene Training verloren hatte. Es half nicht mehr wie vor Jahren, wenngleich ich es nach wie vor weiter betreibe. Was ich dieses Mal allerdings gelernt habe, ist mehr auf mich und meine Arbeitstage zu achten. Man kann nicht sieben Tage die Woche von morgens bis spät Abends arbeiten, ich jedenfalls kann das nicht mehr und will es auch nicht. Seitdem ich mein Arbeitspensum reduziert habe, bei Anfragen wegen ehrenamtlicher Arbeit auch mal Nein sage und darauf achte, gemeinsam mit meiner Familie wenigstens alle drei Wochen ein (erwerbs)arbeitsfreies Wochenende zu haben, geht es mit dem Schlafen wieder gut. So gut, dass ich manchmal schon wieder das Autogene Training vergesse...
Protokoll aufgezeichnet von Barbara Bross-Winkler