Feldenkrais 

Sich auf seinen Körper konzentrieren, eigene Gewohnheiten beobachten, falsche Bewegungen erkennen: Feldenkrais will Menschen helfen, sich bewusst und damit auch schmerzfrei zu bewegen.

Dem Bilde nach handeln

"Wir handeln dem Bilde nach, das wir uns von uns machen. Ein jeder bewegt sich, empfindet, denkt, spricht auf die ganz ihm eigene Weise, dem Bild entsprechend, das er sich im Laufe seines Lebens von sich gebildet hat. Um die Art und Weise seines Tuns zu ändern, muß er das Bild von sich ändern, das er in sich trägt."

(Feldenkrais 1978)

Ursprung und Geschichte

Moshe Feldenkrais (1904-1984) ist der Auffassung, dass viele Menschen nicht in der Lage sind, ihren Bewegungsapparat richtig zu benutzen. Sie bewegen sich falsch und können deswegen nach einiger Zeit ihren Körper nicht mehr belasten. Als Mathematiker, promovierter Elektro- und Maschinenbauingenieur und Forschungsoffizier für U-Boot-Abwehr interessierte sich der gebürtige Russe zunächst weniger für die Bewegungsabläufe des Körpers.

Erst nach einem Unfall beim Fußball begann er Alternativen zu schulmedizinischen Methoden zu entwickeln. Da er einige Monate lang nicht mehr richtig gehen konnte, musste er lernen, mit einem eingeschränkt bewegungsfähigen Knie umzugehen. Diese Tatsache sensibilisierte ihn für minimale und unbewusste Bewegungsabläufe.

Wirkungsweise

"Wir stehen und wissen nicht wie", sagt Moshe Feldenkrais und weist darauf hin, dass wir uns normalerweise unbewusst bewegen. Ziel seiner Arbeit ist es, Menschen die sich nur noch mit Schmerzen bewegen können, zu verdeutlichen, welche minimalen Bewegungsabläufe die Schmerzen reduzieren. Nach Feldenkrais prägen Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten unser Tun. Wir verrichten die täglichen Aufgaben, ohne innezuhalten und darüber nachzudenken, wie wir es tun und welche anderen Möglichkeiten wir haben, Tätigkeiten auszuführen. So automatisieren wir alle Handlungen, bis das Tun einen starren, schematisch und immer gleichen Charakter annimmt. Damit beginnen die Beschwerden. Das ist die These, auf der Moshe Feldenkrais seine Arbeit aufbaut. Feldenkrais ist der Auffassung, dass gesunde Bewegung nicht zu den Tugenden gehört, die in unserer Gesellschaft für erstrebenswert gehalten werden. Wir sind auch dann lebensfähig, wenn wir nicht in der Lage sind, uns optimal zu bewegen. Erfolg und Ansehen, meint Feldenkrais, stellen sich auch ohne die Fähigkeit zur bewussten Bewegung ein. Aber dies ist eine Abspaltung eines wichtigen Bereichs des Menschen und kann zu psychischer Unausgeglichenheit führen. Feldenkrais‘ Ziel ist es, gewohnheitsgemäß falsche Bewegungen zu reorganisieren, um den Menschen zu seiner Einheit zurückzuführen.

Das vollzieht er in zwei Schritten:

  1. Schritt: Fehler erkennen
  2. Schritt: Bewegung auf eine neue, bewusste Art und Weise ausführen

Bewusstheit erleben, d.h. ein Bewusstsein für sich selbst zu entwickeln, sich bewusst zu erleben, das sieht Feldenkrais als die höchstmögliche Stufe menschlicher Entwicklung. Sie zeigt sich in einem harmonischen Zusammenspiel von Körper und Geist.

Mit Bewusstheit können Fähigkeiten erweitert werden, ohne dass versucht wird, allein mit Kraft die fehlende Differenzierung in der Bewegung auszugleichen. Durch die gedankliche Konzentration können sogar angenommene Grenzen überschritten werden.

Vorgehensweise

Bei der Feldenkrais-Methode werden zwei Verfahren angewandt.

  1. Bewusstheit durch Bewegung
    Wird zumeist als Gruppenstunde angeboten. Die verbal angeleitete Form der Feldenkrais- Methode besteht aus sanften, erforschenden Bewegungssequenzen, die um eine spezifische menschliche Funktion herum aufgebaut wird, z.B. Greifen, Bücken, Gehen.
    Es geht darum, eine genauere Wahrnehmung von der Vielzahl existierender Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln.
    Dies geschieht vorwiegend im Stehen, Sitzen oder im Liegen auf dem Boden.
  2. Funktionale Integration
    Diese Einzelbehandlungs-Lektionen setzen sich zusammen aus verbaler Anleitung und sanften, Berührungen durch einen Feldenkrais-Lehrer.
    In solch einer Stunde besteht die Funktion von Berührung darin, zu kommunizieren, nicht zu korrigieren.

Die Berührung wird so gestaltet, dass die bewusste Eigenwahrnehmung gesteigert und explizit Veränderungen der Funktionsweise bewirkt werden können. Der/die Lernende kann liegen, sitzen, stehen, knien oder in Bewegung sein.

Im Training legt Feldenkrais Wert auf minimale Bewegungen. Die Schüler lernen kleinste Unterschiede in ihren Bewegungen zu bemerken. Es geht um die Konzentration auf den Körper, um Ausruhen und um Beobachtung. Das ist notwendig, da sonst kein Bewusstsein für Verhaltensweisen entstehen kann, die sich sehr früh bilden. Mit seiner Arbeit führt Feldenkrais seine Schüler dahin, unbewusste, gewohnte und alte Bewegungen bewusst zu steuern.

Pausen zum Nachspüren

Im Anschluss an das Ausführen von kleinen Bewegungen in Koordination mit der Atmung, steht die Phase des Nachspürens. Völlig bewusst wird eine Handlung nur dann ausgeführt, wenn man sich auch noch ein bis zwei Minuten danach auf sie konzentriert.

Die Veränderung der Haltung soll erfasst werden.

Wenn man ohne Pause von einer Handlung zur nächsten übergeht, versäumt man es, die Nachwirkungen wahrzunehmen. Man handelt wie eine Maschine, meint Feldenkrais. Es ist ein mechanischer Vorgang. Erst wenn man sich Zeit lässt und seine Aufmerksamkeit darauf verwendet, sich seiner selbst bewusst zu werden, beginnt man, sich selbst zu verstehen.

Hauptanwendungsgebiete

"... es geht dabei um Lehren und Lernen, nicht um Krankheit und Heilung" (Feldenkrais 1994).
Feldenkraisunterricht wird in vielen Bereichen eingesetzt:

  • Gesundheitsvorsorge,
  • Arbeit mit Behinderten,
  • Rehabilitation z.B. nach Unfällen, Knochenbrüchen, neurologischen Erkrankungen..
  • Schmerztherapie

Beim Unterrichten von Tanz, Theater, Musik, Kunst, Kampfkünsten und Sportwird die Feldenkrais-Methode oft begleitend verwendet, um die sensomotorischen Fähigkeiten zu verbessern.

Feldenkraisstunden helfen eingeschliffene Bewegungsmuster im Alltag aufzulösen und zu überdenken. Die Methode dient dazu, Körper und Geist beweglich zu halten und die Freude am Lernen nicht zu verlieren. So etwa finden Schmerzgeplagte zu mehr Wohlbefinden, künstlerisch tätige Menschen zu reicheren Ausdrucksmöglichkeiten, Sportler zu gesteigerter Leistung ohne zusätzliche Anstrengung und Tänzer zu mehr Eleganz.

Grenzen

Die Feldenkrais-Methode ist geeignet für Menschen jeden Alters und aller Arbeits- und Lebensbereiche. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
Durch Feldenkrais lernt der Übende, seine Bewegungen wahrzunehmen und zu verbessern. In vielen Fällen überträgt sich diese Selbstwahrnehmung auf andere Aspekte des Lebens dieses Menschen, und kann dadurch eine Veränderung auslösen.

Wobei kann die Methode nicht helfen?

Feldenkrais ist kein Heilmittel, aber die Methode selbst kann bei vielen Problemstellungen helfen. Es kommt darauf an, was man unter 'helfen' versteht.

Beispiel:

Feldenkrais wird kein gebrochenes Bein heilen, aber bei der Rehabilitation, kann die Methode benützt werden, um z.B.

  • besser mit Krücken oder andere Einschränkungen umzugehen,
  • ein gesundes Gehmuster während der Reha-Phase zu erhalten, bzw. Spannungen zu vermeiden,
  • eine nachträgliche Schonhaltung wahrzunehmen und aufzulösen,
  • möglicherweise die Bewegungsmuster, die zu dem Unfall führten, zu erkennen und zu verbessern.

Nebenwirkungen

Es gibt keine Nebenwirkungen im eigentlichen Sinne, sondern es stellt sich auf Dauer eine klarere Körperwahrnehmung ein. Die Aufmerksamkeit in Bezug auf den eigenen Körper wird geschult.

Autor/en dieses Beitrages:
, Feldenkraislehrer/in aus München
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