Therapie
Aus dem reichhaltigen Fundus der alternativen Therapiemöglichkeiten beim Reizdarm-Syndrom hat Herr Dr. Langhorst die Entspannungs- und die Ordnungstherapie näher betrachtet.
Psyche und Entspannungstherapie beim Reizdarm-Syndrom
Liegt ein Reizdarm-Syndrom vor, so bedeutet dies, dass der Patient bereits gründlich untersucht wurde, und keine gravierende organischen Ursachen für seine Beschwerden gefunden werden konnten. Insofern kann der Reizdarm-Patient beruhigt sein, dass alles abgeklärt wurde, und das keine bedrohliche Erkrankung dahinter steckt. Für viele Patienten ist es beruhigend zu wissen, dass das Reizdarm-Syndrom keinen Einfluss auf die Lebenserwartung hat.
Eine gezielte psychosomatische Therapie ist insbesondere bei den am Reizdarm-Syndrom Erkrankten wichtig, bei denen psychische Traumata oder sexueller Missbrauch in der Anamnese zu finden sind.
Selbsthilfestrategien, wie z.B. ein Patientenhandbuch, können die Beschwerden beim Reizdarm-Syndrom nachweislich bessern.
Es gibt Hinweise darauf, dass eine Verhaltenstherapie bei einigen Patienten mit Reizdarm-Syndrom hilft. Allerdings sind die Ergebnisse der bislang hierzu vorliegenden Studien uneinheitlich und es fehlen Langzeitbeobachtungen.
Im Bereich der Entspannungstherapie bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, die entsprechend der persönlichen Vorlieben des Reizdarm-Patienten ausgewählt werden können. Zur Entspannung eignen sich z.B. Meditation, Diaphragmentales Atmen, Visualisierung, Yoga, Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, Achtsamkeit, Autogenes Training, Qigong usw. Als alleinige Therapie reicht Entspannung beim Reizdarm-Syndrom zwar nicht aus, ist aber sicherlich eine sinnvolle Ergänzung in einem breiten Therapieansatz. Insgesamt ist die Studienlage zur Wirkung von Entspannung beim Reizdarm-Syndrom als noch nicht ausreichend zu bewerten.
Dagegen gibt es gute Studiendaten, die belegen, dass die Hypnotherapie beim Reizdarm-Syndrom erfolgreich hilft! So konnte gezeigt werden, dass etwa die Hälfte der Menschen, die an einem Reizdarm-Syndrom leiden, von der Hypnose profitieren, was als sehr gutes Ergebnis zu werten ist. Hypnose verbessert die Beschwerden im Magen-Darm-Trakt und verbessert die Lebensqualität.
Fazit: Entspannungstherapie, Verhaltenstherapie und Hypnose können sinnvolle Bestandteile einer Therapie des Reizdarm-Syndroms sein. Bislang lässt sich aber noch nicht vorhersagen, welcher Patient von welcher Therapie besonders profitieren wird.
Ordnungstherapie
Ähnlich wie das Reizdarm-Syndrom, zu dem sich schon bei Hippokrates erste Beschreibungen finden, gab es die Ordnungstherapie schon vor Christi Geburt. Verbunden ist die Ordnungstherapie mit Namen wie Hippokrates, Paracelsus, Hufeland, Kneipp, Bircher-Benner, Kabat-Zinn und Senn. Der Pfarrer Sebastin Kneipp drückte sich seinerzeit so aus: „Oft konnte ich den Menschen erst helfen, als ich Ordnung in ihre Seelen gebracht habe.“ Dies spiegelt den ganzheitlichen Ansatz der Ordnungstherapie wider.
Die Ordnungstherapie ist aus verschiedenen Modulen zusammengesetzt. Schwerpunkte der Ordnungstherapie sind eine Lebensstiländerung und eine dauerhafte Integration gesundheitsfördernder Elemente. Hierzu gehören u.a. Bewegung, gesunde Ernährung sowie Entspannung und Stressbewältigung. Auch wenn es dazu noch keine Studien gibt, beschrieb Dr. Langhorst aus seiner praktischen Arbeit heraus die Erfahrung, dass einzelne Patienten ausdrücklich von einer der Ordnungstherapie profitieren können. Dr. Langhorst empfahl Menschen mit Reizdarm-Syndrom eine leichte, individuell zusammengestellte Vollwertkost. Insbesondere sollte man individuell prüfen, ob Laktose, Fruktose, Gluten und Sorbit vertragen werden.
Arzt als Therapeutikum
Zum Abschluss seines Vortrags stellte Dr. Langhorst noch eine hochinteressante Studie zur Therapie des Reizdarm-Syndroms mit Scheinakupunktur vor. In dieser Studie wurden die Reizdarm-Patienten in 3 Gruppen eingeteilt:
- In Gruppe 1 wurden die Patienten mit Scheinakupunktur behandelt, wobei sich der Therapeut den Patienten aufmerksam zuwandte.
- In Gruppe 2 wurden die Patienten nur mit Scheinakupunktur behandelt, ohne dass sie Aufmerksamkeit durch den Arzt erhielten.
- In Gruppe 3 standen die Patienten auf Warteliste, wurden also nicht behandelt.
Die besten Erfolge zeigten sich in der ersten Gruppe (Aufmerksamkeit + Scheinakupunktur).
Insgesamt lässt sich festhalten, dass 30-80 % eine Therapieerfolgs nachweislich durch den Einsatz von Placebos (Scheinmedikament bzw. -behandlung) erreicht werden können. Allein durch die Betreuung durch den Therapeuten kann die Selbstheilung des Körpers positiv beeinflusst und die Beschwerden verbessert werden. So gesehen ist der Therapeut ein hocheffizientes Therapiemittel. Deshalb ist es wichtig, dass die Chemie zwischen Arzt und Patient stimmt.