Wie entsteht Tinnitus?
Ein Tinnitus kann viele Ursachen haben: organische oder mental/psychische.
Organische Ursachen
Arteriosklerose: Sind Blutgefäße in Ohrnähe durch Arteriosklerose, durch einen Blutpfropf oder durch bestimmte anatomische Fehlbildungen verengt, werden Wirbel im Blutstrom als Strömungsgeräusche hörbar. In diesen Fällen spricht man von objektivem Tinnitus.
Knalltrauma oder extremer Lärm: Bei extrem lauten Geräuschen kann durch den starken Schalldruck das Trommelfell beschädigt werden. Auch wenn dieser Extremfall nicht eintritt, kann z.B. nach einen lauten Konzert ein Tinnitus zurückbleiben. Schäden am Ohr sind auch möglich durch zu lautes Hören mit Kopfhörern.
Mittelohrentzündung: Durch die Entzündung der Gehörknöchel wird der Schall nicht mehr korrekt weitergeleitet. Es entsteht ein temporärer Tinnitus, der nach Abklingen der Entzündung wieder verschwinden sollte.
Schäden im Innenohr – und damit ein Tinnitus – können auch durch bestimmte Medikamente ausgelöst werden. Die Liste der Wirkstoffe mit ototoxischen Nebenwirkungen enthält einige Antibiotika, Diuretika und auch so alltägliche Schmerzmittel wie Aspirin.
Weniger typisch ist ein Zusammenhang Tinnitus - niedriger Blutdruck. Ohrensausen und Schwindel begleiten zwar häufig Episoden von besonders niedrigem Blutdruck, sind jedoch zeitlich auf diese Episoden begrenzt. Wer besonders sensibel reagiert, kann durch solche Erfahrungen allerdings dazu gebracht werden, Ohrgeräuschen mehr Bedeutung beizumessen.
Muskuläre Verspannungen im Bereich von Nacken und Kiefer können ebenfalls einen Tinnitus verursachen. Man vermutet, dass abnorme Aktivität in diesem Bereich über die sogenannten somatischen Afferenzen das Hörzentrum im Gehirn anregt.
Zahnärztin Frau Dr. Nadj-Papp macht aus dem Bereich der Ganzheitlichen Zahnmedizin auf mögliche Tinnitus-Ursachen im Bereich von Mundhöhle und Kiefer aufmerksam:
Fehlstellungen:
- Fehlstellung der Zähne
- Fehlstellung und Überbelastung der Kiefergelenke
- vom Kiefer ausgehende Fehlstellungen des gesamten Skelettalsystems (craniomandibuläre Dysfunktion)
Die genannten Fehlstellungen verursachen Muskelverspannungen und biochemische Fehlschaltungen, die eine Auswirkung auf den Tinnitus haben können.
Als Herde kommen aus zahnärztlicher Sicht in Frage:
- chronische Entzündungen der Zähne (in der Regel ungenügend oder nicht behandelte tote Zähne, oder auch verlagerte Weisheitszähne)
- Fremdkörper, Fremdmaterialien und Toxine, die negative Auswirkungen auf den Tinnitus haben können
Daher sind eine interdisziplinäre Diagnostik und Therapie (HNO-Arzt + Zahnarzt + Orthopäde) von großer Bedeutung.
Ein Zusammenhang Tinnitus - Krankheiten ist häufig: Es können alle Erkrankungen, die Ohren und Sehnerv schädigen (Trommelfellverletzungen, gestörte Funktionen der Ohrtrompete = Eustachische Röhre, virale oder bakterielle Infekte etc.) potentiell auch einen Tinnitus auslösen.
Auf die Bedeutung der Nieren beim Tinnitus weist der Kinderarzt Dr. Wolfgang Scheel hin:
"Tinnitus ist ein Musterbeispiel für enge funktionelle Zusammenhänge von Organen, wie sie in der schulmedizinischen Ausbildung leider nicht gelehrt werden. Krankheiten des Ohrs oder am Ohr (z.B. eingerissene Ohrläppchen, Otitis externa / Gehörgangsentzündungen, Ekzeme im/am oder hinter dem Ohr, Durchblutungsstörungen des Ohres und eben auch der Tinnitus) haben - neben anderen Faktoren - eine wesentliche Ursache in der Störung der Nierenfunktion. Leider entspricht es einem tragischen Irrtum zu meinen, dass Nierenfunktionsstörungen sich sofort oder immer bei Urin-, Blut-, Ultraschall- oder anderen Untersuchungen feststellen lassen. So wird auch bei der Diagnostik und Therapie des Tinnitus die Bedeutung der Nierenproblematik meist weder erkannt noch berücksichtigt. Dies sollte im Interesse einer möglichen Heilung unbedingt bedacht werden!
Wichtig für die Nieren sind die individuell richtige Trinkmenge, ausreichend Ruhe/Regeneration, bewusste Atmung, emotionales Gleichgewicht und Angstfreiheit oder -bewältigung, Wärmehaushalt und energetische Gesamtsituation sowie Haltung, Entspannung, Lymphfluss, Durchblutung, Lebensfreude usw. und nicht zuletzt (eine) erfüllte Partnerschaft(en) ..."
Viel häufiger ist der subjektive Tinnitus. Hier sind weder äußere noch innere Schallquellen für die Geräusche verantwortlich. Hörverluste werden als Hauptursache gesehen. Das klingt paradox? Tinnitus versteht man heute als eine Art Phantomwahrnehmung, vergleichbar mit den Phantomschmerzen im Zusammenhang mit verlorenen Extremitäten. Das Gehirn erwartet vergeblich Input von abgestorbenen Hörsinneszellen – und neigt dann zum Improvisieren. Der Hörverlust ist häufig auf hohe Frequenzen beschränkt – und gerade in diesen Frequenzen “klingt” bei den meisten Betroffenen auch der Tinnitus. Dadurch, dass Betroffene dem Geräusch Beachtung schenken, wird das Gehirn gewissermaßen darauf trainiert, es zu erzeugen – so ungefähr stellt man sich heute die Entstehung eines chronischen Tinnitus vor.
Lange suchte man im Ohr nach den Ursachen der Geräusche. Inzwischen gehen Forscher davon aus, dass die Geräusche im Gehirn entstehen. Mit bildgebenden Verfahren konnten sie nachweisen, dass vor allem die zentralen „Türhüter“ für Sinneswahrnehmungen (Nucleus accumbens und der ventromediale präfrontale Cortex) die gestörte Wahrnehmung verursachen. Diese Bereiche filtern Informationen der Außenwelt und bestimmen, welche davon in unser Bewusstsein dringen. In diesen Hirnbereichen werden emotionale Erfahrungen bewertet, das heißt, hier wird bestimmt, wie wir auf ein Signal unserer Sinnesorgane reagieren: (http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-19344-2015-09-24.html). Empfinden wir eine bestimmte Situation als belastend, neutral oder reagieren wir freudig darauf? Dies ist insbesondere im Hinblick auf die These interessant, dass sich oft hinter einer körperlichen Erscheinung eine mentale Ursache verbirgt, z.B. ein Trauma oder eine als belastend empfundene Situation (siehe auch Abschnitt Psychokinesiologie).
Stress kommt eine besondere Rolle bei der Entstehung des Tinnitus zu. Der Körper reagiert auf zunehmende Überforderung mit dem Ohrgeräusch. Stress wirkt Tinnitus-verstärkend – so sehr, dass manche Betroffene das Ohrgeräusch als Stress-Warnsignal kennen und in Grenzen sogar schätzen lernen.
Viele Betroffene arrangieren sich mit der Zeit mit ihrem Tinnitus. Etwa ein Zehntel aber leidet unter den Geräuschen und entwickelt Konzentrationsstörungen, Schlafprobleme, Ängste und/oder Depressionen.