Vitalpilze & Therapie
Vitalpilze werden auch Heil- oder Medizinalpilze genannt, die Anwendung der Vitalpilze zu therapeutischen Zwecken auch Mykotherapie.
Vitalpilze wurden schon vor Hunderten oder sogar Tausenden von Jahren benutzt, um die Gesundheit zu fördern oder zu schützen. Das zeigt uns beispielsweise der „Gletschermann Ötzi“, bei dem Birkenporling-Scheiben gefunden wurden. Nachdem die Heilwirkungen der Vitalpilze nahezu völlig in Vergessenheit geraten waren, nimmt ihr Bekanntheitsgrad in den letzten Jahren enorm zu. Inzwischen sind manche Menschen sogar überzeugt davon, dass Vitalpilze nicht nur Krankheiten heilen, sondern auch Gifte aufsaugen und beim Abnehmen helfen.
Das ist aus meiner Sicht nicht richtig. Solche Nachrichten werden möglicherweise auch verbreitet, um die Absatzmöglichkeiten von Vitalpilz-Produkten zu verbessern.
Richtig ist meiner Überzeugung nach, dass Vitalpilze das Immunsystem positiv beeinflussen können und gute Effekte in der unterstützenden Behandlung chronischer Krankheiten haben.
Ursprung und Geschichte
In der Vergangenheit entdeckten Heilkundige auf der ganzen Welt, dass Ernährung und Gesundheit miteinander zu tun haben. Auf allen Kontinenten entwickelten sich erfahrungsheilkundliche Strömungen, zu denen auch der Einsatz von Vitalpilzen gehörte: in der traditionellen chinesischen Medizin ebenso wie in der nordindianischen Heilkunst oder in Südamerika wurden Vitalpilze eingesetzt.
Auch in Europa kannte man in alten Zeiten die heilkräftigen Wirkungen von Vitalpilzen. In der Antike wurde beispielsweise der Lärchenporling (Laricifomes officinalis) wegen seiner abführenden Wirkung beschrieben. Im Mittelalter war die Mykotherapie relativ verbreitet, u.a. wurden die Stinkmorchel (Phallus impudicus), das Judasohr (Aricularia auricula judae), der Echte Zunderschwamm (Fomes fomentarius) die Anistramete (Trametes suaveolens) und der Riesenbovist (Langermannia gigantea) zu therapeutischen Zwecken angewandt.
Der Grund für die heilkräftigen Wirkungen von Vitalpilzen liegen in ihren natürlichen Umweltbedingungen: Ihr Lebensraum ist feucht und dunkel. Hier werden Pilze oft von Krankheiten befallen, die durch Bakterien oder andere Erreger ausgelöst werden. Überlebt haben vor allem die Pilzsorten, die sich gegen solche Erreger verteidigen konnten. Es ist also nicht verwunderlich, dass sich in Vitalpilzen Inhaltsstoffe finden, die gegen Bakterien oder Pilzbefall gerichtet sind.
Diese Substanzen können auch bei Menschen wirksam sein.
Behandlungsmethode
Die Form der Behandlung mit Vitalpilzen ist abhängig vom Wissen und der Erfahrung des Anwenders. Auch sein diagnostisches Potenzial (welche Testverfahren beherrscht er?) spielt eine wichtige Rolle. Häufig ist es sinnvoll, ergänzend zu den Vitalpilzen Kräuter, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente einzusetzen (so genannte Mykomolekulare Therapie).
Die Vitalpilze werden bei der Therapie in verschiedenen Formen durch den Mund (oral) zugeführt. Die Auswahl der Vitalpilze kann sich je nach Therapeut und Patient am Anwendungsgebiet (indikationsbezogen) oder am Gesamtbefinden des Patienten orientieren. Dabei können sowohl Einzelpilze als auch Mischungen verschiedener Vitalpilze zum Einsatz kommen. Traditionell wurden früher Heilpilze zu Pulver vermahlen und dann zu Pillen verpresst. Im Rahmen der Mykotherapie werden heute in der Regel Extrakte in Kapseln abgefüllt. In meiner Praxis arbeite ich mit Vitalpilz-Extrakten in Kapselform.
Vitalpilz-Pulver oder Extrakte?
Im Handel sind sowohl Vitalpilz-Pulver (getrocknete, zermahlene Vitalpilze) als auch Vitalpilz-Extrakte (Kapseln mit Heißwasser- oder alkoholischen Extrakten) erhältlich. Folgende Argumente sprechen für den Extrakt:
- Wirkstoffe der Vitalpilze (z.B. Beta-D-Glukane) sind eingebettet in ein Chitingerüst. Chitin ist für den menschlichen Organismus nur unzureichend aufspaltbar. Erst die Extraktion löst die Inhaltsstoffe und macht sie verwertbar! Vitalpilz-Extrakte besitzen also eine höhere Bioverfügbarkeit als Pulver.
- Zur Herstellung von Extrakten benötigt man eine deutlich höhere Menge Grundsubstanz der Vitalpilze als zur Herstellung von Pilzpulver (15- bis 25-fach). Vitalpilz-Extrakte enthalten folglich mehr wirksame Bestandteile als Pilzpulver.
- Die meisten Studien mit Medizinalpilzen werden aus gutem Grund mit Extrakten durchgeführt, sowohl die vor Jahren erstellten Grundsatzarbeiten als auch aktuelle wissenschaftliche Forschungen.
- Seriöse Anbieter von Vitalpilz-Extrakten werden Rückstandskontrollen durchführen, was bei traditionellen Pilzpulvern nicht üblich ist.
Hauptanwendungsgebiete
Um den Rahmen des Artikels nicht zu sprengen, sollen hier nur drei typische Indikationen der Vitalpilze beschrieben werden:
Krebserkrankungen
Es wäre nicht richtig, Vitalpilze als Allheilmittel gegen Krebs darzustellen. Häufig werden Laborstudien zitiert, die verschiedene positive Auswirkungen von Vitalpilz-Extrakten zeigen: Krebszellen können sich nicht mehr gut vermehren, wenn sie in Kontakt mit Vitalpilz-Extrakten kommen. Auch ihre Fähigkeit, Metastasen zu bilden, wird durch Vitalpilz-Extrakte gehemmt. Aber Krebskranke sind Menschen und keine Ansammlungen einzelner Krebszellen. Deshalb lassen sich die Laborergebnisse nicht einfach auf Kranke übertragen.
Patienten mit Krebs profitieren meiner Erfahrung nach immer (aber mehr oder weniger) davon, wenn ihr Immunsystem – z.B. mit Vitalpilzen – gestärkt wird. Häufig verbessern sich das Allgemeinbefinden und die Lebensqualität, vor allem während einer Chemo- oder Strahlentherapie.
Allergien
Das Immunsystem von Allergikern weist eine Besonderheit auf: es produziert besonders viele Zellen, die für allergische Reaktionen nötig sind. Gleichzeitig sind eher wenige Abwehrzellen vorhanden, die für eine Reaktion auf Keime, Viren und Parasiten zuständig sind.
Die Einnahme von Vitalpilz-Extrakten gibt einen Anstoß dafür, dass sich diese Immunlage wieder in eine gesündere Richtung verändert. Der Fachausdruck lautet ‚ausgewogene TH1-TH2-Balance’. Allergien können dadurch gemildert oder sogar vollständig zum Verschwinden gebracht werden.
Leberschutz
Vor allem der Ling-Zhi-Pilz (Ganoderma lucidum) hat leberschützende und -stärkende Eigenschaften. Belastungen und Erkrankungen der Leber lassen sich durch Ling-Zhi-Extrakt positiv beeinflussen.
Möglichkeiten und Grenzen
Der Einsatz der Mykotherapie eröffnet sehr gute Ansätze, um die gesunde Funktion von Organen zu erhalten oder wiederherzustellen. Allerdings ist es dazu erforderlich, den gesamten Menschen zu betrachten. Oft müssen wir zum Beispiel nach der zu Grunde liegenden Schwächung suchen, auf der sich eine Krankheit erst entwickeln konnte. Das kann beispielsweise eine Belastung durch Schwermetalle oder Parasiten sein, auch ungekannte oder unbeachtete Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind häufig.
In solchen Fällen wird es kaum möglich sein, nur durch die Gabe von Vitalpilz-Extrakten eine langfristige Besserung zu erzielen. Stattdessen ist es nötig, zuerst Abhilfe für die belastende Situation zu finden. Im nächsten Schritt können wir den Körper mit Hilfe von Vitalpilz-Extrakten und anderen natürlichen Substanzen wieder aufzubauen.
In allen Fällen ist selbstverständlich eine sorgfältige Diagnostik nötig. Wichtig ist die Tatsache, dass unerwünschte Wirkungen sehr selten auftreten. Wenn, dann handelt es sich meistens um harmlose Verdauungsprobleme, die wieder verschwinden, wenn die Vitalpilz-Extrakte abgesetzt werden.
Vitalpilze sind normalerweise sehr gut verträglich und auch für Kinder ab etwa 3 Jahren geeignet. Wenn es Probleme macht, die Kapseln zu schlucken, kann man diese auch öffnen und den Inhalt mit einem Löffel Brei einnehmen.
Vitalpilze - welches Wissen brauche ich zur Anwendung?
In verschiedenen Kursen wird Therapeuten die Anwendung von Vitalpilzen näher gebracht. Die Qualität dieser Angebote ist allerdings sehr unterschiedlich. Es wäre darauf zu achten, dass der Kurs von einem erfahrenen naturheilkundlichen Therapeuten geleitet wird, der sowohl über schulmedizinisches Wissen als auch über die nötige Praxis-Erfahrung verfügt. Wichtig ist auch eine produktneutrale Fortbildungskompetenz.
Einen guten Mykotherapeuten erkennt man daran, dass er
- ein hohes Maß an Erfahrung mit schulmedizinischen und ganzheitlichen Diagnostik- und Therapiemethoden besitzt,
- keine pauschalen Empfehlungen gibt, sondern sich Zeit für den Einzelfall nimmt,
- Vitalpilz-Produkte empfiehlt, die auf Schadstoffe und Rückstände kontrolliert sind,
- wissenschaftliche Publikationen vorweisen kann.
In mehreren Studien wurde festgestellt, dass die Einnahme von Vitalpilzen bei gesunden Menschen unbedenklich ist. Wer sein Immunsystem stärken will, kann beispielsweise vor Beginn der herbstlichen Grippezeit eine Mischung aus mehreren Heilpilz-Extrakten, kombiniert mit gepuffertem Vitamin C (Mykoimmun) einnehmen.
Unabhängig davon ist auf gesund und empfehlenswert, viele Pilze – nicht nur Vitalpilze – zu essen – sofern die Pilze bestimmte Vorrausetzungen erfüllen: Vor allem sollte gewährleistet sein, dass die Pilze nicht zu viele Schwermetalle enthalten oder radioaktiv belastet sind, wie wir das z.B. von Pilzen aus dem Bayerischen Wald kennen. Zuchtpilze und auf Schwermetalle und Radioaktivität geprüfte Vitalpilze und deren Produkte bieten entsprechende Sicherheit.
Stand der naturheilkundlichen Forschung
Einige aktuelle Studienergebnisse zu Vitalpilzen:
- Bei Brustkrebs-Patientinnen ist die Behandlung mit Medizinalpilzen assoziiert mit besseren immunologischen und Blutwerten, so die Ergebnisse einer evidenzbasierten Literaturübersicht. (Quelle: Novaes M.R. et al.: The effects of dietary supplementation with Agaricales mushrooms and other medicinal fungi on breast cancer: evidence-based medicine. Clinics (Sao Paulo). 2011; 66 (12): 2133-9)
- 56 Darmkrebs-Patienten bekamen nach der Operation einen Vitalpilz-Extrakt (ABM - Agaricus sylvaticus) oder Placebo. In der ABM-Gruppe verbesserten sich verschiedene Blutwerte (u.a. Blutzucker, Cholesterin, ASAT, ALAT), auch der Blutdruck sank. (Quelle: Costa Fortes R. et al.: The effects of Agaricus sylvaticus fungi dietary supplementation on the metabolism and blood pressure of patients with colorectal cancer during post surgical phase. Nutr Hosp. 2011 Jan-Feb; 26(1): 176-86)
- 231 Patienten, die nach einer Nierentransplantation eine so genannte chronische Transplantatnephropathie entwickelt hatten, bekamen entweder nur die übliche immunsuppressive Therapie oder zusätzlich Cordyceps. In der Cordyceps-Gruppe hatte sich die Nierenfunktion in 72 Fällen gebessert, in 38 Fällen stabilisiert und in zwölf Fällen verschlechtert. In der Gruppe ohne den Vitalpilz dagegen gab es nur in 14 Fällen eine Besserung, eine Stabilisierung in 50 und eine Verschlechterung 45 Fällen. Offensichtlich war Cordyceps in der Lage, die Nierenfunktion bei diesen Patienten zu verbessern und den Krankheitsfortschritt zu verlangsamen. (Quelle: Zhang Z. et al.: Effect of Cordyceps sinensis on renal function of patients with chronic allograft nephropathy. Urol Int. 2011; 86(3): 298-301)