Intuitives Essen 

Übergewicht, Essstörungen, frustrierende Diäten und Junk-Food. Vieles spricht dafür, dass wir beim Essen den Bezug zu unserem Körper und unserer Intuition verloren haben. Genau hier setzt intuitives Essen an. Wir fragen: Was beinhaltet dieses Ernährungskonzept? Welche Vorteile hat es? Und wie lässt sich intuitives Essen im Alltag umsetzen?

Ernährung in der Krise – Wozu brauchen wir intuitives Essen?

Schon lange bestimmen unsere Vorbilder und die Gesellschaft unsere Schönheitsideale. Während 1967 noch die sogenannte „Plusform“ angestrebt wurde, gilt heute: „Je schlanker, je jünger oder je muskulöser, desto besser.“ Von Social Media und der Werbeindustrie wird dieses Bild ganz bewusst genutzt, um Produkte zu verkaufen oder Follower zu generieren. Leider entsteht so ein enormer Druck auf uns alle, speziell jedoch auf sehr junge Menschen. Meist haben diese Schönheitsideale oder unsere Rollenvorbilder jedoch wenig mit der Realität zu tun. Über Foto- und Videobearbeitung oder Styling und Make-up wird die „Realität“ verschönert. Transparent gemacht wird das aber meist nicht. So sitzen die Menschen weiterhin vor Instagram und Co. und eifern Bildern nach, die nicht realitätsnah sind. Eine traurige Folge davon: 34 Prozent der Deutschen (Stand 2019) fühlen sich durch vorherrschende Schönheitsideale unter Druck gesetzt. Im Geschlechtervergleich wird deutlich, dass Frauen sich mit 42 Prozent durch Schönheitsstandards häufiger als Männer mit 25 Prozent unter Druck gesetzt fühlen. Eine Folge davon ist, dass der Fokus nur noch darauf gerichtet ist: Wieviel darf ich heute essen? Welchen Sport muss ich machen, um schlank zu bleiben oder zu werden? Welche Lebensmittel muss ich mir verbieten? Die Folge davon wiederum: Menschen beginnen Diäten oder teure Sportprogramme, die Zahlen von Essstörungen steigen. Der Jojo-Effekt nach einer Diät führt zu noch mehr Frustration und negativen Emotionen seinem Körper gegenüber.

Dabei kommen wir völlig davon weg, uns die Frage zu stellen: Was braucht mein Körper eigentlich? Wie fühle ICH mich am wohlsten? Ein Konzept, was genau diese Fragen beachtet, ist das intuitive Essen. Dabei geht es darum, sich mit den eigenen Bedürfnissen

auseinanderzusetzen und seinen Körper wieder kennenzulernen. Wie fühlt sich Hunger an? Wie fühlt es sich an, wenn ich satt bin? Esse ich gerade bewusst oder nur nebenbei? Welche Lebensmittel tun mir gerade gut?

Was ist intuitives Essen?

Entwickelt wurde dieses Konzept von den beiden Ernährungswissenschaftlerinnen Evelyn Tribole und Elyse Resch im Jahr 1995. Tragend ist dabei die Beziehung zum Essen und dem eigenen Körper. Wie signalisiert Ihnen Ihr Körper, dass Sie hungrig sind? Hunger ist ja nichts Schlechtes, sondern in erster Linie ein Signal Ihres Körpers, dass er demnächst wieder Energiezufuhr braucht. Häufig warten wir jedoch nicht auf das Hungergefühl, sondern essen, weil alle essen oder es gerade 12 Uhr ist. Wer intuitiv isst, richtet seine Mahlzeiten nicht nach Tageszeiten oder Diätplänen, sondern nach Hungersignalen. Auch Langeweile oder Gefühle, wie Wut, Trauer oder bloße Gewohnheit lassen uns zur Kühlschranktür greifen. Die wichtigste Regel beim intuitiven Essen ist deshalb: Was sagt mein Bauchgefühl? In den meisten Fällen weiß unser Körper instinktiv genau, was uns gerade guttut und was nicht. Meist haben wir nur verlernt, darauf zu hören.

Bevor Sie zum Essen greifen, hilft es, einmal kurz innezuhalten und sich zu fragen: Ist es Appetit? Heißhunger oder einfach nur Langeweile? Oder ist es wirklich Zeit für die nächste Mahlzeit? Am besten erst einmal für einen Moment ablenken. Ändert sich nichts an dem Drang, etwas zu essen, handelt es sich höchstwahrscheinlich um „richtigen“ Hunger. Mit der Zeit lernt man so, sein Hungergefühl (wieder) besser einzuschätzen und die viel gefürchteten Heißhungerattacken zu überstehen.

Auch bei der Wahl der Lebensmittel weiß unser Körper im Normalfall intuitiv, was uns guttut und was nicht. Wer glaubt, sein Körper will dann den ganzen Tag nur Junk-Food und Schokolade, der irrt. Im Gegenteil, je länger Sie sich im intuitiven Essen üben, desto natürlicher wird das Verlangen nach nährstoffreichen und unverarbeiteten Lebensmitteln. Aber Schokolade oder andere Lebensmittel, die so oft als „schlecht“ bezeichnet werden, sind keineswegs verboten.

Sogar das Sättigungsgefühl kann man (wieder) erlernen. Im Laufe der Zeit haben wir uns angewöhnt, solange zu essen, bis der Teller leer. Damit ignorieren wir unsere eigentlichen Sättigungssignale und trainieren uns ein unnatürliches Essverhalten an. Die natürliche Sättigung zeigt sich jedoch dadurch, dass der Hunger nachlässt und das Essen nicht mehr so gut schmeckt wie zu Beginn. Die Aufmerksamkeit wandert langsam wieder weg vom Essen und es kann sich so anfühlen, als würde sich der Magen schließen. Sie fühlen sich wohlig satt und zugleich zufrieden und energiegeladen. Wenn diese Signale eintreten, ist es ein guter Zeitpunkt, die Mahlzeit zu beenden.

Kurz zusammengefasst lassen sich folgende Punkte von intuitiven Essen festhalten:

Folgende Tipps helfen "Anfängern der vollwertigen Ernährung" die ersten Schritte zu wagen:

  1. Essen, wenn wir wirklich hungrig sind.
  2. Das wählen, was uns schmeckt und guttut. Unser Körper weiß, was er braucht. Es ist wichtig, die Speisen zu wählen, zu denen einen die Intuition führt. Mit der bedingungslosen Erlaubnis, alles zu essen, was einem schmeckt, verändert sich die Lust auf die “verbotene Frucht” automatisch in echten Hunger auf nahrhafte und natürliche Lebensmittel.
  3. Es ist wichtig, aus dem Essen wieder eine bewusste Tätigkeit zu machen. Achtsamkeit und Genuss sind dabei die Schlüsselworte. Außerdem sollte man sich zum Essen Zeit nehmen und sich bewusst darauf konzentrieren. Es ist nicht hilfreich, nebenher noch etwas anders zu machen.
  4. Es ist wichtig, die Mahlzeit bei angenehmer Sättigung zu beenden und so auf das natürliche Signal des Körpers zu hören.

Was erreichen wir mit intuitivem Essen?

Längerfristig kann das viele Vorteile für unser Körpergefühl haben: Die Körperwahrnehmung wird gestärkt und wir werden zufriedener mit unserem Körpergefühl. Im Optimalfall entwickelt sich so längerfristig (wieder) eine positive Grundeinstellung uns selbst gegenüber. Das wiederum hat psychisch positive Folgen. Wir sind belastbarer und selbstbewusster. Auch die Motivation, sich zu bewegen, nimmt zu. Denn wenn der Fokus vom schlechten Gewissen oder Zwang weggeht, unbedingt trainieren zu müssen, bemerken wir, dass auch Sport uns natürlicherweise guttut.

Das Schönste an diesem Konzept ist, dass man keinerlei Vorerfahrung und nicht viel Vorwissen braucht. Man kann einfach bei der nächsten Mahlzeit damit anfangen und schauen, ob das Gefühl danach ein anderes ist.

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  • https://einfachmalessen.de/1-jahr-intuitives-essen/

  • https://www.foodspring.de/magazine/intuitiv-essen

  • https://www.krankenkassenzentrale.de/wiki/intuitive-ernaehrung

  • https://www.fitforfun.de/abnehmen/intuitives-essen-das-bringt-essen-nach-gefuehl-219963.html

  • https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/70275/ssoar-2020-schuttel-Schonheitsideal_schlank_Das_weibliche_Korperideal.pdf?sequence=4&isAllowed=y&lnkname=ssoar-2020-schuttel-Schonheitsideal_schlank_Das_weibliche_Korperideal.pdf

  • Studie zu Prozentzahlen Unzufriedenheit mit dem Körper:
    https://yougov.de/news/2019/11/29/die-mehrheit-der-deutschen-fuhlt-sich-im-eigenen-k/

  • DAZ-Studie zu Menschen, die Dicksein unästhetisch finden:
    https://www.augsburger-allgemeine.de/kultur/Journal/gesellschaft-nicht-passend-wie-dicke-menschen-diskriminiert-werden-id61881736.html

  • RKI-Zahlen, leider auch veraltet:
    https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Themen/Uebergewicht_Adipositas/Uebergewicht_Adipositas_node.html

Linktipps:

  • https://www.amazon.de/Intuitiv-essen-Wissenschaftliche-Erkenntnisse-Ayurveda-Rezepte/dp/3745902432?asin=3745902432&revisionId=&format=4&depth=1
  • https://www.amazon.de/Intuitiv-abnehmen-Zur%C3%BCck-nat%C3%BCrlichem-Essverhalten/dp/3442173868?asin=3442173868&revisionId=&format=4&depth=1
  • https://www.tk.de/techniker/magazin/ernaehrung/essen-und-wissen/intuitives-essen-was-sagt-ihr-bauchgefuehl-2115018?tkcm=aaus
  • https://www.intueat.de/intuitiv-essen-in-studien/

 

Autor: Linda S., Beruf: Ausgebildete Pädagogin und Studierende der frühkindlichen Bildung, Stuttgart

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