Sterberisiko & Bewegung Bis zu 40 % geringeres Sterberisiko bei mehr Bewegung und Sport

19.09.2011, Alexander Dworzak, Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement, Universität Wien

Obwohl zahlreiche Studien belegen, dass regelmäßige Bewegung die Gesundheit fördert und das Risiko für die Gesamtsterblichkeit senkt, ist der genaue Dosis-Wirkungs-Zusammenhang bisher nur in Ansätzen geklärt. Günther Samitz, Bewegungswissenschafter am Zentrum für Sportwissenschaft der Universität Wien, hat diesen Zusammenhang anhand einer Meta-Studie mit mehr als 1,3 Millionen TeilnehmerInnen untersucht. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts in Kooperation mit Public-Health-Medizinern und Epidemiologen der Universitäten Bern und Bristol wurden in der Fachzeitschrift "International Journal of Epidemiology" veröffentlicht.

10.080 Minuten umfasst eine Woche, bereits 150 Minuten moderate Aktivität und Bewegung pro Woche schützen Erwachsene laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor chronischen Krankheiten und dem vorzeitigen Tod. Ein Forschungsteam um den Bewegungswissenschafter Günther Samitz vom Zentrum für Sportwissenschaft der Universität Wien untersuchte, welcher Zusammenhang zwischen dem Aktivitätsstatus in den verschiedenen von der WHO definierten Kriterien körperlicher Aktivität – Beruf, Alltag, aktiver Transport sowie Freizeit – und dem Gesamtsterberisiko besteht. Zudem galt ihr Interesse, in welchem Ausmaß die derzeitige Mindestempfehlung der WHO das Gesamtsterberisiko bei Erwachsenen senkt.

80 Studien mit 1,3 Millionen StudienteilnehmerInnen

Die Untersuchung wurde in Form einer Meta-Analyse durchgeführt. Bei diesen Studien werden zu einer konkreten Fragestellung die Ergebnisse aus weltweit verfügbaren Einzelstudien mit einem speziellen statistischen Verfahren zu einem Gesamtergebnis kombiniert. Die Ergebnisse dienen in Public Health und Medizin oft als Grundlage für die Entwicklung von neuen Präventions- und Therapierichtlinien.

Von den weltweit etwa 7.000 Quellen erfüllten 80 epidemiologische Studien aus Europa, Kanada, den USA und Asien mit insgesamt über 1,3 Millionen StudienteilnehmerInnen die strengen Einschlusskriterien der Studie. StudienteilnehmerInnen durften zu Studienbeginn keine Herz-Kreislauf-Erkrankung, keinen Krebs oder eine andere schwerwiegende chronische Erkrankung aufweisen und wurden durchschnittlich elf Jahre nachbeobachtet. "Die Ergebnisse der Einzelstudien wurden kombiniert und für wichtige andere Einflussfaktoren, wie z.B. Zigaretten- und Alkoholkonsum, Body-Mass-Index, Blutdruck, Ernährungsverhalten, Bildung und Einkommen korrigiert", erklärt Günther Samitz.

Frauen profitieren stärker

Derzeit erfüllt nur rund ein Drittel der erwachsenen EuropäerInnen die Mindestvorgaben der WHO. Dabei ist eine höhere körperliche Aktivität mit einem niedrigeren Gesamtsterberisiko verbunden – egal ob in Beruf, Alltag, Haushalt und Freizeit oder bei aktivem Transport. Dieser Zusammenhang war für körperliche Freizeitaktivitäten und Alltagsaktivitäten jedoch größer als für berufsbezogene Aktivitäten und bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern. "Frauen und Personen höheren Lebensalters profitierten selbst von mäßig intensiven Alltagsaktivitäten, etwa Haushalts- oder Gartenarbeit und Besorgungen zu Fuß oder mit dem Fahrrad", so der Bewegungswissenschafter. Warum der Gesundheitseffekt bei Frauen größer ist als bei Männern, ist derzeit noch nicht geklärt, könnte aber mit der speziellen Hormon- und Stoffwechselsituation der Frau zusammenhängen.

Etwas Bewegung ist gut, mehr ist besser

In einem weiteren Schritt berechneten die Forscher den Gesundheitsnutzen im Verhältnis zur wöchentlichen Bewegung. Bei leicht bis mäßig intensiven Alltagsaktivitäten war im Vergleich zu keiner Bewegung jede Steigerung der wöchentlichen Bewegungsdosis um eine Stunde mit einer um vier Prozent reduzierten Gesamtsterblichkeit verbunden. "Bei mäßig intensiven Freizeitaktivitäten wie Nordic Walking, Tanzen, Radfahren und Wandern betrug die Risikoreduktion bereits sechs Prozent und bei intensiverem Ausdauertraining oder Sport, etwa Laufen, Tennis und Ballsportarten, sogar neun Prozent", sagt Experte Samitz.

Das Erreichen der von der WHO empfohlenen Mindestdosis von 150 Minuten moderater Alltags- oder Freizeitbewegung pro Woche war mit einer Reduktion des Gesamtsterberisikos um zehn Prozent verbunden. Die Risikoreduktion war aber bei intensiverem Ausdauertraining oder Sport mehr als doppelt so hoch (22 Prozent). Bei 300 Minuten pro Woche, diese Dosis wird für einen weiter reichenden gesundheitlichen Nutzen empfohlen, betrug die Risikoreduktion bei moderat intensiver Alltagsbewegung 19 Prozent und bei höher intensivem Ausdauertraining und Sport 39 Prozent. Aber selbst unterhalb der WHO-Mindestempfehlung war noch ein signifikanter Gesundheitsnutzen zu beobachten.

"Jede körperliche Aktivität ist also besser als keine und selbst banale Alltagsaktivitäten bewirken einen Überlebensvorteil. Mehr und intensivere Bewegung bringen aber einen höheren Gesundheitsnutzen", resümiert Samitz, und empfiehlt: "Wer bisher körperlich inaktiv war, sollte trotzdem zunächst mit moderat intensiven Aktivitäten beginnen und sich erst schrittweise an mehr und intensivere Bewegung herantasten. Denn gerade bei Neueinsteigern ist bei intensiver Belastung das Risiko für Verletzungen und unerwünschte kardiale Ereignisse höher."

Publikation
Guenther Samitz, Matthias Egger and Marcel Zwahlen. Domains of physical activity and all-cause mortality: systematic review and dose-response meta-analysis of cohort studies. International Journal of Epidemiology 2011; 1-19
DOI: 10.1093/ije/dyr112.
Abstract: http://ije.oxfordjournals.org/content/early/2011/09/05/ije.dyr112

Wissenschaftlicher Kontakt
Dr. Günther Samitz
Zentrum für Sportwissenschaft und Universitätssport
Universität Wien
1150 Wien, Auf der Schmelz 6
T +43-1-440 63 08-20
guenther.samitz@univie.ac.at

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