23.09.2011
Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)
Patienten mit leichter bis mittelgradiger Demenz profitieren von einem gezielten Bewegungsprogramm. Regelmäßiges Training macht die Patienten kräftiger. Gehen, Treppensteigen und andere Leistungen fallen ihnen leichter. Die Betroffenen haben weniger Angst zu stürzen und leiden seltener unter Depressionen. Außerdem verbessert gezieltes Training auch die geistigen Funktionen. Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) fordert daher jetzt die Einführung von Demenzsportgruppen.
„Sport tut alten Menschen gut. Das wissen wir schon lange. Aber jetzt hat sich gezeigt: Auch Patienten mit Demenz können an einem ambulanten Trainingsprogramm teilnehmen und davon profitieren.“ Das betonte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG), PD Dr. Werner Hofmann, auf dem 22. Deutschen Geriatrie Kongress vom 22. bis 24. September in Bad Bramstedt. In der Krankenhausbehandlung nutze die Geriatrie die Prinzipien der Frührehabilitation und Bewegungstherapie nach akuter Erkrankung und Operationen schon länger. Dazu existierten im Augenblick 15 Spezialstationen, in denen spezielle, für Demenzkranke geeignete Behandlungsprogramme zum Einsatz kommen.
Derzeit leben bereits 1,1 Millionen Menschen mit Demenzen in Deutschland. Bei gleichen Behandlungs- und Vorbeugemöglichkeiten wird sich diese Zahl innerhalb der kommenden 30 Jahre verdoppeln.
„Die motorischen Fähigkeiten von dementen Patienten verbessern sich durch das Training ähnlich wie die nicht dementer Teilnehmer“, berichtete PD Dr. Klaus Hauer vom Agaplesion Bethanien Krankenhaus Heidelberg auf dem Kongress. In einer der weltweit größten Untersuchungen zum Thema untersuchten Hauer und sein Team, was ein speziell auf demente Patienten zugeschnittenes Trainingskonzept den Betroffenen bringt. Die Ergebnisse lassen aufhorchen: Danach haben Demenzpatienten, die regelmäßig gezielt trainieren, mehr Kraft. Motorische Schlüsselqualifikationen wie Gehen und Aufstehen fallen ihnen leichter. Ein wichtiges Ergebnis für die Patienten war, dass sie sich wieder als jemand erlebten, der selbst etwas bewirken kann. „Ein solches Erfolgserlebinis, welches auf das eigene Handeln zurückgeführt werden kann, auch ‚Selbstwirksamkeit’ genannt, ist im Alter sehr rar, ganz besonders bei Dementen“, sagte Hauer. Die Patienten litten durch das Training seltener unter Depressionen, sie kamen im Alltag besser zurecht und die Gefahr zu stürzen war bei ihnen geringer. Diese Erfolge hielten auch in der Nachbeobachtungsphase an. „Die Studienergebnisse zeigen, dass gezieltes körperliches Training für diese Patientengruppe sinnvoll und wichtig ist“, so Hauers Fazit. „Was bei Herzinfarktpatienten schon lange Standard ist, nämlich das Training in Herz-Sportgruppen, müssen wir auch für Demenzpatienten umsetzen“, forderte Hofmann auf Grund der am 22. Deutschen Geriatriekongress bekanntgemachten Studienergebnisse.
Bis zur flächendeckenden Einführung von Demenzsportgruppen ist es aber noch ein langer Weg. Bislang fehlen Trainer, die im Umgang mit den Patienten und mit gezielten Trainingsprogrammen vertraut sind. Das Team um Hauer hat daher eine Übungsleiterausbildung für Trainer im Bereich „Sport mit demenziell Erkrankten“ entwickelt.
Aber auch, wer ein solches Angebot nicht in der seiner Nähe hat, braucht nicht zu warten: Für das Heimtraining mit Angehörigen oder Betreuten hat die Forschungsgruppe am Bethanien-Krankenhaus ein Internetangebot entwickelt. Die Seite www.bewegung-bei-Demenz.de bietet kostenlose animierte Trainingsanleitungen, Selbsttests zur motorischen Leistung und Hintergrundinformationen.
Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Ärzte, die sich auf die Medizin der späten Lebensphase spezialisiert haben. Wichtige Schwerpunkte ihrer Arbeit sind unter anderem Bewegungseinschränkungen und Stürze, Demenz, Inkontinenz, Depressionen und Ernährungsfragen im Alter. Häufig befassen Geriater sich auch mit Fragen der Arzneimitteltherapie von alten Menschen und den Wechselwirkungen, die verschiedene Medikamente haben. Bei der Versorgung geht es darum, den alten Menschen ganzheitlich zu betreuen und ihm dabei zu helfen, so lange wie möglich selbstständig und selbstbestimmt zu leben.