Der Aderlass gehörte bei allen Naturvölkern zu den wichtigsten therapeutischen Eingriffen und gewinnt langsam seine Anerkennung zurück. Der Aderlass bewirkt eine Verringerung und Reinigung des Blutes.
Einführung
Der Aderlass gehörte bei allen Naturvölkern zu den wichtigsten therapeutischen Eingriffen und gewinnt langsam seine Anerkennung zurück. Der Aderlass bewirkt eine Verringerung und Reinigung des Blutes. Das Blutvolumen wird durch Rückresorption von Flüssigkeit aus dem Gewebe sofort ersetzt, woraus ein erheblicher Verdünnungseffekt in der Endstrombahn mit einer Verbesserung der Mikrozirkulation entsteht. Dank der angeregten Blutbildung wird wiederum das Immunsystem aktiviert. Die meist in der Ellenbeuge entnommene Blutmenge (zwischen 50 und 500 ml) richtet sich nach Alter, Geschlecht und Konstitution des Menschen.
Ursprung und Geschichte
Der Aderlass gilt als eine der ältesten Therapieformen überhaupt. Die meisten Naturvölker nutzten die Therapie. Auch die alte indische Medizin beschreibt zahlreiche Indikationen für den Aderlass (s. Beitrag zu Panchakarma). Theoretische Begründung fand er dann in dem humoral-pathologischen Denksystem der "Säftelehre" des griechischen Altertums. Er gilt als eine Sonderform der so genannten ausleitenden Verfahren. Hippokrates (um 460 v.Chr.) empfahl ihn bei Entzündungen und Schmerzzuständen. Hildegard von Bingen (1098-1179) beschreibt ihn als Teil ihrer Lebenskunst und empfiehlt einen Aderlass pro Jahr zur regelmäßigen Reinigung und Entgiftung des Gesamtstoffwechsels und zur Stimulation der körpereigenen Heilkräfte.
Vom Mittelalter bis ins 19 Jahrhundert hinein hielt man dieses Verfahren für ein Allheilmittel gegen jedes Leiden; inzwischen wird der Aderlass nur noch selten und dafür sehr gezielt vorgenommen.
Wirkungsweise
Der Aderlass zählt zu den Ausleitungsverfahren: Stoffe, von denen der Körper zu viel hat, werden nach außen geleitet, um ihn zu entlasten. Der Aderlass ist eine Blutentnahme zu therapeutischen Zwecken.
Die vielfältige Wirkungen des Aderlasses erklären sich aus dem "leeren Raum", der durch den Blutentzug geschaffen wird. Dieser wird durch ein Nachströmen von Gewebsflüssigkeit wieder aufgefüllt. Dadurch verändert sich die qualitative Zusammensetzung des Blutes. Dadurch wird die Fließeigenschaft des Blutes verbessert, ein blutbildender Reiz auf das Knochenmark ausgeübt und eine Vermehrung der Leukozyten (weiße Blutkörperchen) bis hin zu einer Einflussnahme auf im Gewebe zurückgehaltene Stoffwechselendprodukte und Toxine (Gifte) erreicht.
Arten des Aderlasses
- Der natürliche, reaktive Aderlass: das sind spontane Blutungen wie Nasenbluten bei Bluthochdruck, Zahnfleischbluten oder übermäßige Regelblutungen;
- Die Blutspende: entnommen werden ca. 400 ml Blut;
- Der schulmedizinische Aderlass: wird in Ausnahmen durchgeführt, wenn der Hämatokritwert (Wert für Blutdicke)zu hoch ist; es werden ½ bis 1l Blut entnommen;
- Der naturheilkundliche Aderlass: wird zur Entgiftung durchgeführt: es werden max. 200 ml Blut entnommen;
- Der Aderlass nach Hildegard von Bingen: spezielles Verfahren zur Entgiftung, kombiniert mit Vorschlägen zur Ernährung und Lebensweise nach dem Aderlass;
Wie wird Aderlass durchgeführt?
In Laboruntersuchungen wird die Zusammensetzung des Blutes bestimmt. Nach den Ergebnissen richtet sich die Blutmenge, die abgenommen wird. Sie liegt beim "kleinen Aderlass" um 150 Milliliter, beim "großen Aderlass" um 500 Milliliter Blut. Je nach erwünschter Wirkung kann jede Menge aber auch zwischen diesen beiden Marken liegen. Oft genügt eine Behandlung, manchmal folgt nach vier Wochen eine zweite. Kürzere Abstände schwächen den Körper zu sehr, auch wenn es sich um "kleine" Aderlässe handelt.
Für die Blutabnahme gibt es verschiedene Möglichkeiten
- Das Blut wird mit einer Spritze abgenommen, wie man es von der normalen Blutentnahme kennt (kleiner Aderlass),
- es wird eine Verweilnadel gelegt und daran ein Schlauch fixiert, dieser Schlauch wird in ein größeres Gefäß mit Volumenanzeige geleitet,
- Meist kommt zuerst sehr dunkles Blut, wenn das Blut heller wird, hört es oft spontan auf zu bluten bzw. ist das ein Zeichen, die Blutung zu stillen
- man schneidet die Vene mit einer Lanzette an und lässt sie bluten.
Wer führt den Aderlass durch?
Der Aderlass gehört zu den von der Schulmedizin anerkannten Verfahren und wird von vielen Ärzten durchgeführt, man kann ihn aber auch von einem Heilpraktiker vornehmen lassen. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass es sich um Fachkräfte handelt. Deshalb sollte man diese Therapie nicht an sich selbst vornehmen.
Anwendungsgebiete
Aderlass wird therapeutisch eingesetzt, wenn die Blutgefäße durch Ablagerungen an den Gefäßwänden zu eng geworden sind, um das Blut ungehindert transportieren zu können. Das ist zum Beispiel bei Arteriosklerose der Fall. Durch den Blutstau in den engen Gefäßen kann es zu gefährlichem Bluthochdruck, einem Schlaganfall, zu Thrombosen oder Embolien kommen. Nach der Entnahme wird das Blut dünner, es gelangt leichter in die verengten Gefäße. So werden selbst die äußersten Körperteile vom kleinen Zeh bis zum Großhirn wieder besser durchblutet und mit mehr Sauerstoff versorgt. Und da sich der Blutdruck nach einem Aderlass senkt, vermindert sich die Gefahr, dass Gefäße unter dem Druck platzen. Als weiterer Indikation für die Aderlasstherapie gelten erhöhte Hämoglobinwerte (Hb=roter Blutfarbstoff), und ein erhöhter Hämatokritwert (Hk= das Verhältnis von Blutzellen zu Blutflüssigkeit in Prozent).
Folgende Indikationen werden beschrieben:
- Hoher Blutdruck
- Verengte Blutgefäße
- Thrombose oder Thrombosegefahr
- Blutvergiftung
- Anzeichen für Lungenödeme
- Schwangerschaftskrämpfe
- Polyzythämie (zu viele rote Blutkörperchen).
- Eisenspeicherkrankheit.
- Herzinfarktgefahr bei Übergewicht und Bluthochdruck
Ein Aderlass wird angewendet, wenn sich der Patient lustlos und schlapp fühlt, er sich ungesund ernährt, wenig Bewegung und viel Stress hat, über Kopfweh und "Blei in den Beinen" klagt: All das sind Anzeichen dafür, dass der Körper nur ungenügend mit Sauerstoff versorgt wird, dass das Blut "zu dick" ist und Thrombosegefahr besteht.
Immunabwehr stärken
Positiver Nebeneffekt des Aderlasses: Die blutbildenden Organe (beim Erwachsenen das Rückenmark und das Mark der kleinen, flachen Knochen wie Rippen, Brust- und Hüftbein) werden nach einem Aderlass besonders aktiviert, Blut nachzubilden. Das stärkt das körpereigene Immunsystem, die Abwehrkräfte bekommen neuen Schwung.
Grenzen
Als Kontraindikation zählen unter anderem Anämie (Blutarmut); trotzdem gilt eine leichte Änämie auch als Indikation für einen "kleinen Aderlass", als Reiz für das blutbildende System, damit sind weniger als 150 ml gemeint.
Wichtig:
Im Normalfall bildet sich das Blut nach, das dem Körper entnommen wird. Von einem Aderlass abzuraten ist jedoch Patienten mit niedrigem Blutdruck, mit Untergewicht und Patienten, die ohnehin geschwächt sind. Vorsichtig sollten auch Frauen sein - sie verlieren durch die Monatsblutung sowieso regelmäßig Blut. Wer es mit dem Aderlass übertreibt, riskiert einen Mangel an roten Blutkörperchen.
Stand der naturheilkundlichen Forschung
Dr. Ewald Töth hat die Wirkung des Aderlasses nach Hildegard von Bingen untersucht und das Blut vor und nach dem Aderlass mit verschiedenen Methoden verglichen. Er untersuchte mit einem herkömmlichen Mikroskop, mit dem Dunkelfeldmikroskop, bioelektronisch an verschiedenen Körpermesspunkten und die Blutdicke im Labor. In allen Verfahren konnte er einen deutlichen Unterschied vor und nach dem Aderlass feststellen.
Nebenwirkungen
Wie bei allen Methoden, bei denen die Haut verletzt und mit Blut hantiert wird, muss man auch bei einem Aderlass die hygienischen Vorschriften sehr genau beachten, da sonst die Gefahr einer Übertragung von Krankheitskeimen besteht. Weitere Nebenwirkungen sind bei sachgemäßer Ausführung nicht bekannt.