HPV-Impfung - Umstritten, teuer, viel praktiziert 

Kaum eine Impfung ist so umstritten, wie die HPV-Impfung, die vor einigen HP-Viren schützen soll, die prinzipiell Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Unsere Online-Redaktion hat mit Experten gesprochen und Ihnen einen Überblick über Argumente für und gegen die HPV-Impfung zusammengestellt, damit Sie selber gut informiert entscheiden können.

Große Verunsicherung bei HPV-Impfung

Weltweit gilt Gebärmutterhalskrebs als zweithäufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen zwischen 14 und 44 Jahren. In Deutschland rangiert Gebärmutterhalskrebs als krebsbedingte Todesursache auf Platz 9. 

Seit 2007 basiert der Schutz vor Gebärmutterhalskrebs bei uns vor allem auf zwei Säulen:

  • der Vorsorgeuntersuchung zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs und 
  • der HPV-Impfung.

Mit viel Furore wurden die beiden HPV-Impfstoffe Gardasil und Cervarix 2007 in Deutschland eingeführt. Einige Medien priesen die HPV-Impfung gar als Impfung gegen Krebs. Eine Aussage, die so nicht haltbar ist, denn schützen soll die HPV-Impfung nur vor einigen HP-Virustypen, die prinzipiell Gebärmutterhalskrebs auslösen können. So groß der Wirbel um die HPV-Impfung war/ist, so groß ist auch die Verunsicherung bei Frauen und Eltern von Mädchen im impffähigen Alter. Zur Verunsicherung beigetragen hat sicherlich, dass es sowohl in Österreich als auch in Deutschland jeweils einen Todesfall nach der ersten bzw. der zweiten Impfung gegeben hat. Grund genug, sich näher mit der HPV-Impfung auseinanderzusetzen.

Wir danken unseren Interviewpartnern:

Dr. med. Martin Hirte, Facharzt Kinder- und Jugendheilkunde, München
Dr. med. Friedgard Gaudig, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Berlin
Priv. Doz. Dr. med. habil. Werner Behrendt, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Hanau
Dr. med. Bernd Winkler, Oberarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe am Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart

HPV-Impfung - Umstritten, teuer, viel praktiziert

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Eine Impfung gegen Krebs gibt es (noch) nicht, auch wenn manche Medien das in großen Schlagzeilen nur zu gerne suggerieren. Allerdings sind viele Menschen verunsichert, seit es zwei Impfstoffe gibt (Gardasil und Cervarix), die vor einigen HP-Virustypen schützen sollen, die Gebärmutterhalskrebs auslösen können – und seitdem es sowohl in Österreich als auch in Deutschland jeweils einen Todesfall nach der ersten bzw. der zweiten Impfung gegeben hat.

Gute Argumente haben sowohl Impfbefürworter wie Impfgegner. Wer seinem Arzt die Entscheidung nicht alleine überlassen will, hat viele Möglichkeiten sich zu informieren und das jeweilige Pro und Contra abzuwägen. Denn auch wenn die Ständige Impfkommission (STIKO) seit März 2007 die Impfung für alle Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren empfiehlt und die Krankenkassen die Kosten (manchmal auch für ältere Frauen) übernehmen, bleibt die Entscheidung bei den Patienten – eine Impfpflicht gibt es nicht. [Später wurde die Empfehlung auch für jüngere Mädchen ausgeweitet; Stand Juli 2018 gilt die Empfehlung von 2 Impfungen für Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren. Für ältere Mädchen werden 3 Impfungen empfohlen, die möglichst bis spätestens 17 Jahren erfolgen sollen.]
Die Unsicherheit vor allem unter Eltern junger Mädchen in Deutschland ist spätestens seit den beiden oben genannten Todesfällen immens. In Internetforen wird das Für und Wider erbittert diskutiert und nicht selten hagelt es Vorwürfe für Eltern, die eine Impfung ihrer Töchter für unnötig oder sogar gefährlich halten. Auch in der Politik ist das strittige Thema längst angekommen: So hat Bündnis 90/die Grünen kürzlich im Bundestag eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, in der die Impfempfehlung der STIKO kritisch hinterfragt wird. So wird etwa danach gefragt, ob es eine herstellerunabhängige Begleitforschung zu möglichen Nebenwirkungen der Impfung gebe, wie die Bundesregierung zu den von der Pharmaindustrie unterstützten Impfkampagnen steht und wie zu der Tatsache, dass der frühere Vorsitzende der Ständigen Impfkommission wenige Monate vor der Zulassung des Impfstoffes Gardasil einen mit 10 000 Euro dotierten Preis erhalten habe, der wiederum vom Impfstoffhersteller Sanofi-Pasteur MSD gestiftet wurde.
Da auch die Ärzte und andere Experten sich über die Sinnhaltigkeit und den Nutzen der Impfung vollkommen uneins sind, bleibt Patienten, die ihrem Arzt nicht blind vertrauen wollen, nur die Möglichkeit, sich ausführlich zu informieren. Wir haben aus zahlreichen (gynäkologischen) Fachzeitschriften, Aufsätzen und Studien und im Gespräch mit drei Gynäkologen einige zentrale Fakten und Meinungen recherchiert.

Was sind Humane Papillomviren?

Humane Papillomviren (HPV) sind eine Gruppe von DNA-Viren. Zwischenzeitlich sind fast 120 HPV-Typen vollständig beschrieben. Sie befallen Epithelzellen von Haut und Schleimhäuten und verursachen ein tumorartiges Wachstum. Meist sind die Tumoren gutartig und es entstehen lediglich Warzen an den befallenen Stellen. Manche HPV-Typen können aber auch zu bösartigen Veränderungen führen.

Rund 30 HPV-Typen infizieren Haut und Schleimhaut von Anus und Genitalien. Sie werden in zwei Gruppen eingeteilt: Die Hochrisikotypen (dazu gehören neben etlichen anderen v. a. HPV 16, 18, 31, 33) und die Niedrigrisikotypen (v.a. HPV 6, 11 als Hauptverursacher von Warzen im Genitalbereich). Bei fast allen Krebstumoren des Gebärmutterhalses (Zervixkarzinom) sind die Hochrisikotypen beteiligt und identifiziert worden, in 70 Prozent aller Fälle waren es die HPV-Typen 16 und 18, gefolgt von 31 und 33. Die Niedrigrisikotypen werden bei Zervixkarzinomen zwar ebenfalls gefunden, dann aber meist gemeinsam mit den Hochrisikotypen. Die Niedrigrisikotypen gelten also nicht als direkte Auslöser von Karzinomen.

Wie verbreitet ist eine Infektion mit HPV?

Infektionen mit HPV gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Viruserkrankungen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Zahl der Infektionen stark gestiegen. Fachleute schätzen, dass mehr als 70 Prozent aller Frauen Antikörper gegen unterschiedliche HPV-Typen im Blut haben. Andere Studien drücken die Durchseuchung so aus, dass innerhalb von 24 Monaten nach dem ersten Sexualkontakt jede dritte Frau mit HPV infiziert sei. Fakt ist aber: Auch wenn die STIKO eine Impfung nur jungen Mädchen vor dem ersten Geschlechtsverkehr empfiehlt (und damit vor der ersten Möglichkeit einer Ansteckung, wenn man einmal von einer Infektion des Neugeborenen bei der Geburt absieht) sind Männer vor HPV nicht gefeit. Allerdings ist die Datenlage bei ihnen wesentlich dürftiger, weil es nicht die entsprechenden regulären Vorsorgeuntersuchungen wie bei Frauen und kaum Studien gibt. Auch wenn geschätzte 70 Prozent der Partner von mit HPV infizierten Frauen ebenfalls infiziert sind, bemerken die meisten Männer nichts von der Infektion, die oft nur winzige Läsionen am Penis verursacht. Aber auch bei den meisten Frauen verläuft eine HPV-Infektion ohne Symptome und das Immunsystem macht die Viren unschädlich. Nur rund 10 Prozent der Infektionen bleiben bestehen und rufen Zellveränderungen (Dysplasien) hervor. Zwischen ein und drei Prozent davon wiederum entwickeln sich über einen langen Zeitraum hinweg zu einem Gebärmutterhalskrebs.

Gebärmutterhalskrebs – einige Zahlen

Weltweit gilt Gebärmutterhalskrebs als zweithäufigste Krebs-Todesursache bei jungen Frauen. Angesichts dieser erschreckenden Tatsache darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass rund 80 Prozent aller Fälle in Entwicklungsländern auftreten, während die Vorsorge, etwa durch den Pap-Abstrich beim Gynäkologen, in Deutschland dazu führt, dass hier der Gebärmutterhalskrebs bei Frauen jeden Alters an 11. Stelle bei den bösartigen Neubildungen liegt (Quelle Robert-Koch-Institut, Zahlen für 2004).

In der Fernsehsendung Quarks & Co „Wie viel Impfung muss sein?“ vom Oktober 2007 werden Zahlen angeführt, die auch das Robert-Koch-Institut nennt: Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 6500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs neu und 1700 sterben an der Krankheit. Zum Vergleich: An Brustkrebs sind 2004 rund 57 000 Frauen neu erkrankt und 18 000 gestorben; die Diagnose Darmkrebs wurde 2004 bei rund 36 000 Frauen gestellt - 14 000 starben 2004 an dieser Krankheit. An Lungenkrebs schließlich sind 2004 etwa 13 000 Frauen erkrankt und 11 000 gestorben. Einer Stellungnahme des Feministischen Frauen-Gesundheits-Zentrums Berlin (FFGZ) zufolge ist 2002 unter den 15- bis 45-Jährigen eine Frau von 100 000 an Gebärmutterhalskrebs gestorben. Der Bundesverband der Frauengesundheitszentren wiederum nennt folgende Zahlen: 3,16 Prozent aller Krebsneuerkrankungen und 1,8 Prozent aller Krebstodesfälle von Frauen in Deutschland gehen auf den Gebärmutterhalskrebs zurück. Damit ist die volksmedizinische Bedeutung des Zervixkarzinoms relativ gering.

Krebsvorsorge-Untersuchung

Seit in den 1970er-Jahren der sogenannte Pap-Test als Vorsorgeuntersuchung eingeführt wurde, sind in Deutschland die Erkrankungszahlen und Todesfälle durch Gebärmutterhalskrebs um 60 Prozent zurückgegangen – obwohl nur etwa zwei Drittel aller Frauen an den Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen. Der vom griechischen Arzt George Papanicolaou entwickelte Pap-Abstrich ist ein Zellabstrich von der Schleimhaut des Muttermundes (Zervix) und wird vor allem zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs eingesetzt. In Deutschland wird er ab dem 20. Lebensjahr routinemäßig im Rahmen der Krebsvorsorge angeboten. Mit seiner Hilfe können Veränderungen des Zellgewebes unterschiedlichen Schweregrades (CIN I – III, Cervical inthraepithelial neoplasia bzw. Dysplasien) festgestellt werden, die entweder auf eine Entzündung zurückgehen oder auf die mögliche Entwicklung von Tumorzellen hinweisen. Die Testergebnisse werden in die Befundgruppen Pap I bis V eingestuft und haben entsprechend unterschiedliche Therapien, von Antibiotika über eine Konisation des Muttermundes bis hin zur Entfernung der Gebärmutter zur Folge. Auffällige Befunde nach einem Pap-Test bedeuten also längst nicht immer, dass eine Krebs-Vorstufe vorliegt. Der Pap-Test kann nur veränderte Zellen nachweisen – im Gegensatz zum HPV-Test, einem genetischen Test zum Nachweis einer HPV-Infektion. In Deutschland wird er zur Nachuntersuchung von Patientinnen mit unklaren Abstrichergebnissen eingesetzt. Mit Hilfe des HPV-Tests können die ursächlichen HPV-Viren konkret identifiziert werden. Bei kaum einer anderen Krebsart hat die Früherkennung einen so hohen Stellenwert wie beim Gebärmutterhalskrebs: Erkannte Dysplasien werden praktisch zu hundert Prozent geheilt und auch ein frühzeitig erkanntes invasives Zervixkarzinom hat kaum schlechtere Heilungschancen.

Seit einigen Jahren wird an Alternativen zum Pap-Abstrich gearbeitet. Die Verfahren der so genannten Dünnschichtzytologie sind technisch aufwändig und teuer, liefern in Einzelfällen sehr genaue Ergebnisse, sollen aber einigen Studien zufolge dem üblichen Pap-Abstrich nicht entscheidend überlegen sein.

Die HPV-Impfung

Seit März 2007 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung aller Mädchen von 12 bis 17 Jahren – bestenfalls vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Innerhalb eines halben Jahres gibt es drei Impfdosen, die sich die Kassen rund 470 Euro kosten lassen. Die Impfung soll jene Gewebeveränderungen (Dysplasien) verhindern, die durch die HPV-Typen 16 und 18 ausgelöst werden und die zu Gebärmutterhalskrebs führen können – die aber auch bei seltener auftretenden Karzinomen an Penis, After und Vulva sowie im Hals- und Rachenbereich eine Rolle spielen. 2018 gab es zwei unterschiedliche Impfstoffe: Das das seit Herbst 2007 zugelassene Cervarix und das seit 2016 verfügbare Gardasil® 9. Cervarix soll vor einer Infektion mit den besonders gefährlichen Virustypen 16 und 18 schützen, Gardasil 9 zusätzlich gegen 7 weitere Virustypen (siehe unten).
Es handelt sich um biotechnologisch hergestellte sogenannte Totimpfstoffe, die abgetötete Viren enthalten und so das Immunsystem stimulieren. Ein Totimpfstoff enthält virusähnliche Partikel, die den natürlichen Viren zwar sehr ähnlich, aber weder infektiös noch vermehrungsfähig sind. Äußerlich sehen sie aus wie die Viren, enthalten aber nicht deren gefährliche Erbinformationen.

Beide Impfstoffe wirken vorbeugend, eine bereits bestehende HPV-Infektion kann durch eine Impfung nicht beseitigt werden. Vorsorgeuntersuchungen sind außerdem weiterhin unverzichtbar, denn andere Virustypen können ebenfalls zu Gebärmutterhalskrebs führen – HPV 16 und 18 sind nur in 70 Prozent der Gebärmutterhalskrebs-Proben nachweisbar.

HPV-Impfung: Pro und Contra

Vehement für die Impfung setzt sich der Hanauer Gynäkologe Dr. Werner Behrendt ein. Der Frauenarzt mit den Schwerpunkten Zytologie und Onkologie widerspricht der Kritik der Impfgegner an den zu hohen Kosten der Impfung. Viel höher, rechnet er vor, seien die Ausgaben im Fall einer tatsächlichen Krebserkrankung. „Wer heute krebskrank wird, verursacht im Schnitt Kosten von 120.000 Euro bis zum Tod“, ist sein Gegenargument. Während Impfgegner meinen, die Vorsorge könne effizient genug vor Gebärmutterhalskrebs schützen, sagt Behrendt, dass er die jungen Mädchen und Frauen nicht zur regelmäßigen Vorsorge zwingen könne. Spätestens mit dem Wunsch nach der Pille kämen die Mädchen aber dann doch in die Praxen und das ist für ihn auch der Moment, die HPV-Impfung anzusprechen, die er für ein absolut geeignetes Präventionsinstrument hält. „Ich überrede aber niemanden, ich überzeuge“, erklärt der Gynäkologe. Schließlich hält er die von der STIKO gezogenen Altersgrenzen zwischen 12 und 17 auch für willkürlich. Kommen zu ihm ältere Frauen mit Impfwunsch, so impft er auch sie. Hier sträuben sich aber die meisten Kassen und die Frauen müssen häufig bereit sein die erkleckliche Summe selbst zu bezahlen.

Auch die Berliner Gynäkologin Dr. Friedgard Gaudig ist vom Nutzen der Impfung überzeugt, zumal die Promiskuität gerade unter jungen Mädchen und Frauen groß sei. Meistens kämen die Mädchen gerade mit dem Impfwunsch – und, wegen der zu leistenden Unterschrift, begleitet von der Mutter – in die Praxis. „Wer nicht von vorneherein allgemein kritisch gegen Impfen eingestellt ist, lässt auch gegen HPV impfen“, ist die Erfahrung der Gynäkologin. Allerdings werde wegen der hierzulande durch die Medien bekannt gewordenen beiden Todesfälle schon mal nach den Risiken gefragt. Sie selbst hat nach der Impfung noch keine nennenswerten Nebenwirkungen erlebt, allerdings werde oft die zweite Dosis schlechter vertragen als die erste. „Aber wer in seiner Familie einen Todesfall wegen Gebärmutterhalskrebs hatte“, ist ihr schlagendes Argument, „der nimmt ein Impfrisiko gern in Kauf.“

Impfkritiker gibt es einige. Als besonders seriös ist uns der Münchner Kinderarzt und Homöopath Dr. Martin Hirte erschienen, der das Buch „Impfen – Pro und Contra“ geschrieben hat und seine Argumente gegen die HPV-Impfung in einem 15-seitigen, ausführlichen und gut verständlichen Beitrag dargelegt hat. (www.individuelle-impfentscheide.de/).
Dr. Martin Hirte beklagt ganz allgemein, dass medizinische Forschung und Fortbildung in erschreckendem Umfang von Pharmaherstellern über "Sponsoring" gesteuert würden. Auch das Sponsoring von Ärzteveranstaltungen zahle sich für die Pharmaindustrie aus. Aufgrund des Vermarktungsinteresses von Impfstoffen stünden Wirksamkeitsstudien hoch im Kurs. Langzeitstudien dagegen existierten häufig so gut wie nicht. Die Mehrzahl der Studien komme bei Beobachtungen von bis zu drei Tagen nach der Impfung bereits zu dem Schluss, dass der jeweilige Impfstoff gut verträglich sei. In Bezug auf die HPV-Impfung im Besonderen argumentiert Hirte in seinem Beitrag „Die HPV-Impfung“ auszugsweise und verkürzt wie folgt:
Die HPV-Impfung verläuft meist symptomlos und klingt in mehr als 90 Prozent der Fälle spontan wieder ab.
Jedes Jahr infizieren sich rund 1,2 Millionen Frauen mit Hochrisiko-HPV. Bei 100 000 dieser Frauen finden sich in der Folge hochgradige Zellveränderungen, bei 6700 entsteht ein Gebärmutterhalskrebs. Das bedeutet, dass von 200 Frauen mit chronischer HPV-Infektion eine an Krebs erkrankt.
Die Erkrankungszahlen und Todesfälle nach Gebärmutterhalskrebs gehen in Deutschland seit Einführung der Vorsorgeuntersuchung stetig nach unten – obwohl höchstens zwei Drittel der Frauen regelmäßig die Vorsorge nutzen.
Die Zulassung für die Impfstoffe wurde erteilt, ohne dass die Hersteller Studien zum klinischen Nutzen vorlegen mussten. Die vier Studien, die zur Zulassung von Gardasil führten, sind noch nicht abgeschlossen. Echte Wirksamkeitsstudien mit Mädchen vor und während der Geschlechtsreife und mit Jungen werden derzeit nicht durchgeführt. Die Hersteller begnügen sich mit dem Nachweis von Antikörpern im Blut der Jugendlichen in den Monaten nach der Impfung, was jedoch wenig aussagekräftig ist. Die Impfempfehlung der STIKO ist daher nicht vereinbar mit einer beweisgestützen Medizin.
Unklar ist, ob nicht andere Viren die biologische Nische auffüllen, die durch die Impfung entsteht – das sogenannte Serotype-replacement.
Eine Grundimmunisierung in Deutschland mit drei Spritzen kostet 477 Euro – in Australien ist Gardasil mit 96 Euro erheblich billiger. Bei Teilnahme aller Mädchen im entsprechenden Alter entstünden in Deutschland Kosten von 200 Millionen Euro im Jahr, die in anderen Bereichen fehlen.
Umso größer ist der wirtschaftliche Erfolg für die Hersteller der Impfstoffe: Laut Hirte war Gardasil 2007 in Deutschland das umsatzstärkste Arzneimittel überhaupt, denn bis Herbst 2007 ist bereits ein Drittel der 12- bis 17-jährigen Mädchen geimpft worden.
Zwar soll etwa Gardasil hundertprozentig vor einer Infektion mit HPV 6, 11, 16 und 18 schützen. Aktuellere Studien zeigen jedoch, dass CIN II- und III-Dysplasien in den ersten drei Jahren nach der Impfung lediglich um 17 Prozent zurückgehen, so dass in einem Leitartikel des New England Journal of Medicine die Wirkung der Impfung als „bescheiden“ bezeichnet wurde.
Hirte zitiert auch das Arzneimitteltelegramm 3/2008, in dem die Einführung der HPV-Impfung ohne systematische wissenschaftliche Begleitung als ein unkontrolliertes Experiment mit der weiblichen Bevölkerung dargestellt wird.
In den USA sind im unmittelbaren Anschluss an die Impfung elf Mädchen im Alter von 11 bis 19 Jahren gestorben, in Deutschland wurden dem Paul Ehrlich Institut bis Januar 2008 189 Nebenwirkungen gemeldet, darunter Lähmungen, Blutgerinnungsstörungen, Schwindel und andere neurologische Beschwerden. In Österreich und Deutschland gab es im Zusammenhang mit der Impfung je einen Todesfall, dessen Ursache nicht geklärt werden konnte.
Durch Safer Sex und effektive Vorsorge kann der Gebärmutterhalskrebs ausreichend kontrolliert werden.
Eine bescheidene Wirkung der Impfung kann nur erwartet werden, wenn vor dem ersten Sexualkontakt geimpft oder eine Infektion mit HPV 16 und 18 ausgeschlossen wird. [Eine schwedische Studie aus dem Jahr 2020 bestätigt den Einfluss des Impfzeitpunkts. Demnach traten Zervixkarzinome bei Frauen, die vor dem 17. Lebensjahr geimpft wurden, im Beobachtungszeitraum deutlich seltener auf als Frauen, die später geimpft wurden. (N Engl J Med 2020; 383:1340-1348).]
Völlig ungeklärt ist die Nachhaltigkeit der Impfung – niemand kann bislang sagen, wie lange der Impfstoff wirkt.

Was ändert sich mit Gardasil 9?

Im April 2016 ist zu Gardasil und Cervarix der neunvalente HPV-Impfstoff Gardasil® 9 auf dem deutschen Markt hinzugekommen. Gardasil 9 soll zusätzlich zu den HPV-Typen 6, 11, 16 und 18 gegen die HR HPV-Typen 31, 33, 45, 52 und 58 immunisieren. Diese fünf zusätzlichen HPV-Typen werden laut Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) für weitere 15 % bis 20 % aller Zervixkarzinome verantwortlich gemacht [Epid. Bull. 16/2016]. Nachdem Gardasil im Juli 2017 vom Markt genommen wurde, standen im Juli 2018 noch zwei HPV-Impfstoffe in Deutschland  zur Verfügung. Cervarix und Gardasil 9.
An den Impfempfehlungen der Stiko hat die Neueinführung von Gardasil 9 nichts geändert.
Grundsätzlich empfohlen wird jedoch, eine bereits begonnene Impfserie gegen HPV, soweit verfügbar,
stets mit dem gleichen HPV-Impfstoff durchzuführen.

Impfstoffe im Vergleich

HPV-Impfung für Jungen

Seit Juni 2018 wird die HPV-Impfung auch für Jungen zwischen 9 und 14 Jahren empfohlen [Epidemiologisches Bulletin 26/2018 des Robert Koch Instituts]. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass die HPV-Impfung für Mädchen nicht ganz so gut wie erhofft angenommen wird. So waren 2015 lediglich 44,6 % der 17-jährigen Mädchen vollständig gegen HPV geimpft. Dabei geht man davon aus, dass solange die Impfquote unter 50 % liegt, kein guter Herdenschutz erreicht werden kann. Und da die Mädchen zu impfträge sind, holt man die Jungen mit ins Boot, die persönlich deutlich weniger von der Impfung profitieren als Mädchen.
Schließlich liegen die Erkrankungsraten durch HPV-assoziierte Krebsarten bei Jungen deutlich niedriger als bei Mädchen. Schätzungen gehen von folgenden Zahlen aus:

  • 600 Analkarzinome
  • mindestens 250 Peniskarzinome
  • mindestens 750 Karzinome in der Mundhöhle bzw. im Rachen als Neuerkrankungen.

Peniskarzinome sind selten und betreffen vor allem ältere Männer. Unter den HR-HPV-Typen scheinen die Typen 16 und 18 eine gewisse Rolle zu spielen. Gegen diese beiden Typen richten sich auch Cervarix und Gardasil 9, wobei sich Gardasil 9 noch gegen 7 weitere 9 Virustypen richtet. Neben dem Alter und HPV-Viren gibt es eine ganze Reihe weiterer Risikofaktoren für Peniskarzinome, darunter

  • Rauchen
  • häufig wechselnde Sexualpartner
  • chronische oder wiederkehrende Entzündungen am Penis
  • Lichttherapie mit ultravioletter Strahlung
  • unzureichende Hygiene
  • Phimose

Die Impfung kann also nur einen kleinen Teil der Risikofaktoren reduzieren.
80 % der Analkarzinome sind, von denen ein großer Teil durch die HR-HPV-Typen 16, 18 und 33 verursacht wird. Von den 2018 in Deutschland verfügbaren Impfstoffen richtet sich nur Gardasil 9 auch gegen den Typ 33.
Man darf gespannt sein, wie sich die Impfraten bei Jungen entwickeln, wenn von dieser Impfung scheinbar mehr das Allgemeinwohl als der Geimpfte profitieren soll.

Fazit

Ökonomisch gesehen und angesichts der gedeckelten Kosten im Gesundheitswesen scheint die HPV-Impfung momentan wenig sinnvoll, zumal feststeht, dass es auch nach der Impfung ohne regelmäßige Vorsorge zu Gebärmutterhalskrebs kommen kann. Wenig andere Krebsarten können durch die bestehende Vorsorge so gut erkannt und behandelt werden wie der Gebärmutterhalskrebs. Vielleicht illustriert aber ein konkreter Fall das Dilemma ganz gut: Der Gynäkologe Dr. Bernd Winkler steht der Impfung aus ähnlichen Gründen wie Dr. Hirte eher kritisch gegenüber: „Der Nutzen aus der teuren Durchimpfung junger Mädchen ist aus volkswirtschaftlicher Sicht relativ bescheiden, die dafür aufgewendeten Ressourcen könnten sicherlich effizienter im Bereich der Vorsorge eingesetzt werden.“ Der persönliche Nutzen für die einzelne Patientin ist aus seiner Sicht dennoch klar nachgewiesen. Im Fall des Falles kann er sich also gut vorstellen in drei, vier Jahren seine Tochter impfen zu lassen.

Autor/en dieses Beitrages:
, FA. für Kinder- und Jugendmedizin aus München
, aus
, FA. für Frauenheilkunde und Geburtshilfe aus Hanau

Online-Redaktion

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  • Astrid Ebi, am 16.07.2018
    Sehr geehrtes Redaktionsteam, als Mutter zweier Mädchen und zwei Jungs, sind und waren Impfungen immer ein Thema. Einerseits möchte man das Kind schützen, ja alles etdenkliche für dessen Gesundheit tun und andererseits muss man eventuelle Impfschäden akzeptieren. Eine kontroverse Situation, der man, egal wie man sich entscheidet, ausgeliefert ist. Meine Kinder sind alle mit den Grundimpfungen ausgestattet ohne einen für mich ersichtlichen Schaden zu nehmen, was nicht heißen soll, dass mir nicht durchaus bewusst ist, dass Spätfolgen niemals ausgeschlossen sind. Auch ich finde den Schlußsatz, von Dr. Hirte sehr irritierend. Und was bedeutet für ihn im Fall eines Falles? Die aufschlussreichen Ausführungen verlieren somit an Sachlichkeit und beeinflussen definitiv die Befürwortung einer Impfung. Schade eigentlich, da die neutrale Linie ihres Artikels somit verloren geht und man mit der gleichen Verunsicherung herausgeht. Nichtsdestotrotz haben wir uns gegen diese Impfung entschieden und bauen auf regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen. Mit herzlichen GrüßenAstrid Ebi
  • Christiane Hesse, am 16.08.2016
    Sehr geehrte Redaktion von naturheilmagazin.de: Ich finde es sehr gut und wichtig, dass Sie Pro und Contra der HPV-Impfung besprechen und dabei auch Kritiker zu Wort kommen lassen. Allerdings wirkt der Schlusssatz über den Arzt, der meint, die Impfung komme einer Frau im Einzelfall zugute und er werde seine Töchter deshalb auch einmal impfen lassen, auf mich wie eine "Keule", die alles zuvor Gesagte zunichte macht. Die genannten Fakten zeigen ja, dass die Impfung einer Frau u.U. eben gerade im Einzelfall nicht zugute kommt - sie kann daran versterben oder ihr Leben lang an chronischen Krankheiten leiden. Wenn ein Arzt mit der Aussage zitiert wird, er würde eine Behandlung an Angehörigen durchführen lassen, ist dies ein starker emotionaler Faktor, der Leser in Richtung "Pro" beeinflusst. Aus der psychologischen Forschung wissen wir, dass in einem Text das zu Beginn und am Ende Gelesene den stärksten Eindruck beim Leser hinterlässt. Ich verstehe daher nicht, warum Sie Ihren lehrreichen Artikel mit dieser emotionalen Botschaft der "Entwarnung" enden lassen. Die Fakten geben diese nicht her.
    Mit freundlichen Grüßen
    Christiane Hesse

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