Reizmagen 

Patienten mit einem Reizmagen stehen häufig vor einem Dilemma: Trotz ihrer mitunter intensiven Beschwerden lässt sich schulmedizinisch keine Ursache finden. Hier erklärt der Ganzheitsmediziner Dr. Thomas Heintze, wie die Naturheilkunde Patienten mit Reizmagen helfen kann.

Rund die Hälfte der Patienten, die einen Arzt wegen Magen-Darm-Beschwerden aufsuchen, sind organisch gesund, d.h. eine körperliche Ursache für ihre Beschwerden kann nicht gefunden werden. Tatsache ist, dass sich die Beschwerden oft nicht objektiv messen lassen, so dass deshalb ihre Existenz unter Umständen angezweifelt wird. Auf der einen Seite gibt es also keinen objektiven Befund nach erfolgter Diagnostik, auf der anderen Seite ist die Befindlichkeit des Patienten aber erheblich beeinträchtigt. Hier liegt die Stärke der Naturheilverfahren. Der Mensch wird ganzheitlich als Körper-Seele-Geist Einheit in all seinen Lebensäußerungen, wozu auch die Krankheit gehört, ernst genommen und der ganze Mensch behandelt.

Belastende Beschwerdevielfalt bei Reizmagen und -darm

Die Beschwerden bestehen häufig schon seit längerer Zeit, seit Monaten oder Jahren:

  • dumpfe oder brennende Schmerzen im Bereich des Oberbauches, meist mittelstark,
  • Völlegefühl, Übelkeit, Brechreiz und
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten.

Häufig nehmen die Beschwerden abends ab, können im Stehen zunehmen. Der Schlaf ist in der Regel nicht durch die Beschwerden beeinträchtigt.

Die Weisheit der Sprache kann uns hier weiterhelfen. „Das ist mir auf den Magen geschlagen“ hören Menschen, die vor lauter Ärger und Streit Bauchschmerzen bekommen haben und einige kennen sogar aus eigener Erfahrung, z.B. vor Prüfungen, dass sie „Schiss gehabt haben“, also sich fast „vor Angst in die Hose gemacht haben“. Die Wirkung des vegetativen Nervensystems auf Magen und Darm ist hier offensichtlich.

Die Diagnose Reizmagen und Reizdarm ist eine Ausschlussdiagnose, d.h. dass nach ausführlicher Befragung, gründlicher Untersuchung, Labordiagnostik, ggf. Ultraschalluntersuchung und Spiegelung von Magen und Darm oder weitergehenden Untersuchungen kein krankhafter Organbefund gefunden worden ist. Insbesondere bei erstmalig aufgetretenen Beschwerden bei Patienten über 50 ist eine sorgfältige Diagnostik unabdingbar. Auch die Untersuchung von Stuhl auf Blut, eventuell ein Laktoseintoleranztest zum Ausschluss einer Milchzuckerunverträglichkeit oder ggf. eine Röntgenuntersuchung des Dünndarms können im Rahmen der diagnostischen Abklärung notwendig werden.

Nicht selten finden sich bei Patienten mit Reizmagen oder Reizdarm depressive Verstimmungszustände, schwere Stressbelastung, öfter Müdigkeit, eine subjektiv unzureichende Schlafqualität, Kopfschmerzen und andere Symptome einer vegetativen Dysregulation. Die Abhängigkeit von der Einnahme bestimmter Lebensmittel wird öfter beschrieben. Mitunter finden sich Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten. Patienten mit Reizmagen klagen nicht selten über Kopf-, Glieder- oder Rückenschmerzen, Frauen außerdem über Blasen- und Menstruationsbeschwerden. Dem Stuhl kann in seltenen Fällen Schleim beigemengt sein. Die Beschwerden sind oft unter psychischer Anspannung schlimmer.

Einige Patienten berichten, dass die Beschwerden im Anschluss an eine Operation oder nach einer Antibiotikatherapie auftreten. Die Operation kann als Auslöser gesehen werden, welcher „das Fass zum Überlaufen gebracht hat“. Später kann eine Operationsnarbe als Störfeld derartige Beschwerden unterhalten.

Durch Antibiotika können nicht nur Krankheitserreger abgetötet werden, sondern auch natürliche, nützliche (physiologische) Darmbakterien – gewissermaßen also „Gesundheitserreger“ – Schaden nehmen. Dann spielt die resultierende Störung der Darmflora (Dysbiose) für den Reizdarm eine ursächliche Rolle.

Oft sind der Darm und die umgebenden Gewebe schmerzempfindlicher gegenüber Dehnungsreizen im Darm. Messen lässt sich dies z.B. mit Hilfe eines Ballons, der nach Einführen in den Darm mit Luft gefüllt wird. Auf diesen Dehnungsreiz reagieren Menschen mit Reizdarm sehr viel empfindlicher als gesunde, die Reaktionsschwelle liegt niedriger. So kann ein Gasgehalt des Darmes, der nicht höher ist als bei gesunden Vergleichspersonen, oft schon Beschwerden auslösen. Druck von außen auf den Bauch, z.B. durch zu enge Röcke oder Hosen, verursacht Beschwerden.

Auch Medikamente können als Nebenwirkung Magen-Darm-Beschwerden hervorrufen. Acetylsalicylsäure und andere Schmerzmittel, wie sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), können Entzündungen der Schleimhäute von Magen und Zwölffingerdarm hervorrufen, ggf. sogar Geschwüre, die unter Umständen sogar bluten können. Bestimmte Medikamente wie z.B. Antidepressiva können eine Verstopfung bewirken.

Ein Reizmagen äußert sich neben den o.g. Beschwerden durch Druck und Völlegefühl im Oberbauch, wenig Appetit, Unverträglichkeit z.B. von Fetten, Alkohol, Koffein und unterschiedlichen Lebensmitteln. Schlechte Essgewohnheiten, unregelmäßige Mahlzeiten, hastiges Essen, unzureichendes Kauen sowie psychische Belastungen können die Beschwerden hervorrufen. Auch Ernährungsfehler wie zu kalt, zu heiß, zu viel, zu fett, zu salzig essen bewirken bei Anfälligen Reizdarmbeschwerden. Die Beschwerden sind in der Regel chronisch und werden häufig durch Stress und Konflikte ausgelöst.

Die gestörte Wechselwirkung zwischen zentralem Nervensystem, also Gehirn/Rückenmark und dem Bauchhirn und Darm spielt dabei eine Rolle. Die anthroposophische Medizin findet ein primäres Überwiegen des Nerven- Sinnessystems oder ein primär zu schwaches Stoffwechsel-Gliedmaßensystem, welches später zu einem Überwiegen des Nerven-Sinnessystems führt.

Das bedeutet, dass physiologische Prozesse, die am falschen Ort, zur falschen Zeit oder in falschem Maße auftreten, zu Krankheit führen. Unter diesem Aspekt sind die Bauchbeschwerden „Bewusstsein am falschen Ort“.

 

Schulmedizinische Therapie beim Reizmagen

Schulmedizinisch werden zur Besserung der gestörten Magen-Darm-Kontraktionen sogenannte Prokinetika eingesetzt, welche die Peristaltik, d.h. die Bewegung des Darm, verbessern. Gegebenenfalls werden Säureblocker oder H2- Rezeptoren-Blocker gegeben. In Abhängigkeit vom Beschwerdebild wird eine Psychotherapie veranlasst, über die Änderungen der Beschwerdeauslöser gesprochen, Nikotinstopp empfohlen, Alkoholreduktion sowie gesunde regelmäßige Ernährung nahegelegt.

 

Ganzheitliche Therapie beim Reizmagen

Ernährung

Die wichtigsten Maßnahmen zur Behandlung des Reizmagens beziehen sich auf die gesunde Lebensordnung, ganz besonders die Ernährung. Regelmäßige Mahlzeiten in Ruhe mit gutem Kauen, schlecht Bekömmliches meiden, die Speisen dürfen weder zu kalt, noch zu heiß, noch zu scharf sein. Zu große Mahlzeiten sind ebenso zu meiden wie zu viel Fett, zu viel Süßes, Kaffee, Alkohol, Nikotin und Schwarzer Tee. Kaffee, Nikotin, Alkohol (ganz besonders schlecht: hochprozentiger Alkohol ab 40 %) schädigen die ohnehin sensible Magen- und Darmschleimhaut. Wenn individuell schlecht bekömmliche Nahrungsmittel bekannt sind, sind diese selbstverständlich ebenfalls wegzulassen.

Darüber hinaus empfehle ich meinen Patienten mit Reizmagen, sich an den Richtlinien der Hayschen Trennkost zu orientieren. Auf Bekömmlichkeit der Trennkost ist besonders zu achten. Bei Personen, die den hohen Anteil an Rohkost nicht vertragen, soll die Rohkost erheblich verringert werden, stattdessen ist vermehrt gedünstetes Gemüse, welches außerordentlich gut bekömmlich ist, zu genießen. Blähende Speisen wie Zwiebeln, Kohl und Bohnen sind zu meiden.

Homöopathie

Chamomilla (Kamille) – besonders bei Magendruck und Magenkrämpfen, besonders bei Kaffeetrinken.

Nux vomica (Brechnuss)– bei Heißhunger, besonders am Tag vor den Beschwerden, druckempfindliche Magengegend, Oberbauch gebläht, Druck wie von einem Stein auch noch mehrere Stunden nach dem Essen.

Colocynthis (Coloquinte) – Drücken im Magen wie von einem Stein, täglich Drücken besonders nach dem Essen mit Hungergefühl. Erbrechen und Durchfall durch Zorn mit Entrüstung.

Natrium muriaticum (Natriumchlorid) – Der Patient ist hungrig, magert jedoch ab, Abneigung gegen Brot sowie gegen alles Schleimige und Fett, Magenschmerzen bedingt durch stillen Kummer sprechen oft auf dieses Mittel an.

Pulsatilla pratensis (Küchenschelle) – Abneigung gegen fettes Essen, warmes Essen und Getränke, hartnäckige Verdauungsstörungen (anfallsweise), mit großem Druck auf der Brust und Übelkeit, durch geistige und körperliche Aufregungen, Empfinden von Ängstlichkeit um die Magengegend.

Staphisagria (Stephanskraut) – Völlegefühl in der Magengrube mit Drücken und Stechen dort, Magenschmerzen nach Erregung. Hungergefühl. Gefühl der Magen hinge schlaff hinunter. Kein Appetit, oft Übelkeit.

Die genannten homöopathischen Mittel in einer D12 einmal täglich eine Tablette lutschen.

Phytotherapie

Die Natur bietet uns viele Heilpflanzen, welche die gereizte Magenschleimhaut beruhigen. Hierzu gehören Engelwurz, Süßholzpulver, Melissenblätter, Kamille oder z.B. folgender Kräutertee:

 

Kräutertee für die gereizte Magenschleimhaut

  • Sanikelkraut 2 Teile
  • Kamillenblüten 2 Teile
  • Eibischwurzeln 2 Teile
  • Gänsefingerkraut 2 Teile
  • Salbeiblätter 2 Teile
  • Ringelblumenblüten 1 Teil

Davon 3x täglich einen Teelöffel der Mischung in einer Tasse aufbrühen, 3–5 Min. ziehen lassen, abgießen, ggf. mit etwas Honig gesüßt, schluckweise ½ Stunde nach dem Essen trinken.

Ein bewährtes Kombinationsphytotherapeutikum ist Iberogast. Es enthält die Bittere Schleifenblume sowie Angelikawurzel, Kamillenblüten, Kümmelfrüchte, Pfefferminzblätter, Mariendistelfrüchte, Schöllkraut, Melissenblätter und Süßholzwurzel.

Diese Mischung ist seit vielen Jahren als sehr erfolgreich bewährt. Ihre Wirkung hat sich auch in Studien belegen lassen: weniger Sodbrennen, muskuläre Entspannung, der Magendruck sinkt und der Abtransport des Mageninhaltes wird aktiviert.

Feuchte Oberbauchwickel bei Reizmagen

Geeignet ist ein Heublumensack auf den Oberbauch oder einfach ein feuchtes ausgebreitetes Handtuch, eine sehr warme Wärmflasche darauf und ein trockenes Handtuch darüber, zum Mittagsschlaf für 15–20 Min. oder vor dem Einschlafen. Diese wirken körperlich und seelisch sehr entspannend und bessern die Reizmagensymptome. Außerdem wird der Stoffwechsel verbessert und die Stimmung aufgehellt.

 

Bewegung und Entspannung beim Reizmagen

Genügend Bewegung, ausreichend Schlaf, individuell abgestimmte Entspannungsverfahren und das Konfliktbereinigen helfen, eine Störung der Harmonie erfolgreich zu behandeln. So können Meditation, progressive Muskelrelaxation und autogenes Training helfen, Stress abzubauen.

Bei Ärger, Sorgen, Zeitdruck, Nervosität und Stress sollen ggf. mit therapeutischer/psychotherapeutischer Unterstützung erfolgreiche Stressbewältigung praktiziert werden, Konflikte gelöst werden und der Weg zu einer gesunden Lebensordnung gebahnt werden.

 

Weitere Maßnahmen bei Reizmagen

  • Die Neuraltherapie des gesamten Oberbauches inklusive Solarplexus und zur vegetativen Umstimmung die der Schilddrüse hat sich sehr bewährt.
  • Der bewährte Akupunktur-Fernpunkt bei Oberbauch ist Magen 36 unterhalb der Knie.
  • Zink und Vitamin C tun in der Regel der gereizten Schleimhaut gut, sollten aber möglichst nach dem Essen eingenommen werden.
  • Bei Übersäuerung hilft Basenpulver.

 

Autor/en dieses Beitrages:
, FA. für Innere Medizin aus Marburg-Bauerbach
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  • Aline, am 22.03.2016
    Mir ist das Gefühl eines gereizten Darms sehr bekannt gewesen - bis ich auf den Toilettenhocker [(...)] aufmerksam geworden bin. Mit Hilfe des [...] Hockers kann ich meinen Darm schnell und vollständig entleeren. Das gibt einem jedes Mal ein gutes Gefühl bei der täglichen Toilettensitzung. Des Weiteren kann ich durch meinen Toilettenhocker weitere mögliche Beschwerden des Darmes präventiv behandeln.
  • Andre, am 30.11.2014
    Die Webseite Naturheilmagazin.de gehört von nun an zu meinen Favoriten.
    Als Reizmagen Betroffener bin ich froh hier so detaillierte und umfassende Informationen erhalten zu haben.
    Meine Hoffnung ist nun beflügelt mein Leiden jetzt zu minimieren und vielleicht sogar zu ganz zu heilen.

    Vielen DANK
  • Peter-Hansen Volkmann, am 28.07.2014
    Oft hilf bei akuten Magenschmerzen oder Magendruck und Völlegefühl das Kauen von 2 Kapseln 3-SymBiose plus für ca. 2-3 Minuten. Es bildet sich eine "Speichelsuppe" mit lebensfähigen Symbionten, das sind Keime, die die gestörte Verdauung und Magen-Darm-Besiedlung wiederherstellen. Diese Therapie ist auch ein optimaler Ansatz bei Säuglingsdyspepsie oder bei akuten Durchfallerkrankungen und Erbrechen.
    Einen Film zum Thema Magen- und Darmsanierung finden Sie hier:
    https://www.youtube.com/watch?v=-Kycyetv-F0&feature=youtu.be&list=PLm-SMmVGVXK1wzrMLnRwWithhlyZtv2qh

    Von Zink und Vitamin C würde ich im akuten Fall der Magenschmerzen bei empfindlichen Patienten eher abraten.

Experten zum Thema

Heilpraktikerin
Ivonne Pannier
Praxis für Traditionelle Chinesische Medizin
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