Yoga für Schwangere 

Yoga gilt als gut geeignet zur Begleitung der Schwangerschaft und als Vorbereitung auf die Geburt. Fast alle bekannten Übungen zur Geburtsvorbereitung basieren auf den Jahrtausende alten Yogaübungen, auf den Atem- und Entspannungstechniken des Yoga. Die Übungen werden langsam, sanft und rhythmisch ausgeführt, ohne jeglichen Leistungsdruck.

 

Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit des Übenden nach innen; der eigene Körper soll bewusst kennen gelernt werden. Zentral ist, sich in der Spannung entspannen zu können, was für die Geburt wichtig ist. Die in der Schwangerschaft stark beanspruchten Sehnen und Bänder und die Wirbelsäule werden gekräftigt. Auch die speziellen Atem- und Meditationsübungen, die Tiefenentspannung und das Loslassen-Lernen helfen bei der Geburt.

Ursprung und Geschichte

Die Ursprünge des Yoga liegen im prähistorischen Indien. Janet Balaskas berichtet von gemeißelten Figuren im Lotussitz als Beweis. Diese Figuren lassen sich in die Zeit zwischen dem fünften und zweiten Jh. v. Ch. einordnen. Schriftliche Hinweise dazu finden sich:

  • in den Sanskrit-Hymnen der Indogermanen: "den Veden" (3000 - 1200 v. Chr.). In dieser Zeit wurden die Yoga - Lehren von einem Lehrer an den Schüler weitergegeben.
  • in der "Bhagavadgita" (ca. 600 v. Chr): In diesem Werk wird Yogaphilosophie als Dialog zwischen dem Gott Krsna und dem Prinzen und Krieger Arjuna beschrieben.
  • in dem "Yoga Sutra des Patanjali": Es versteht sich als ein "Leitfaden für Yoga" und entstand zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr. Die Verse sind kurz und in der alten Sprache des gelehrten Indien (Sanskrit) verfasst. Darin werden Yoga - Haltungen, Atemübungen, Meditationen und spirituelle Anweisungen für den Alitag beschrieben.
  • in der "Hatha-Yoga-Pradipika" (Mittelalter): In diesen Schriften geht es u.a. um die Reinigungsaspekte von Körper und Geist. Reinigung kann durch körperliche Übungen, Atmung und Meditation erreicht werden.

Durch Übersetzung der Texte zur Zeit der indischen Kolonialisierung wuchs das Interesse an Yoga auch im Westen. Laut Überlieferungen handelt es sich bei den erwähnten Texten um eine männliche Tradition. Allerdings entdeckte die Archäologin Marija Gimbutas eine uralte matriarchalische Zivilisation im alten Europa (Ost- und Westeuropa von der Ukraine bis zum Mittelmeerraum). Tonstatuen von Göttinnen in meditativen Yoga - Haltungen ordnet sie in die paläolithische (vor über 30.000 Jahren) und neolithische Zeit (vor 7000 bis 9000 Jahren) ein. Janet Balaskas stellt die Überlegung an, dass Yoga in der Schwangerschaft vielleicht schon in uralten Zeiten praktiziert wurde. In dieser uralten Zivilisation wurde das Weibliche als die "die Große Mutter" angebetet und geachtet. Die Frau als Gebärende und Nährende genoss großen Respekt ( Jariet Balaskas: "Yoga für werdende Mütter, Kösel -Verlag 1995).

Wirkungsweise

Yoga ist ein ganzheitlicher Übungsweg. Yoga lehrt uns, unser Körperempfinden und unsere psychische Befindlichkeit besser wahrzunehmen, und zwar mit Hilfe von Atem-, Konzentrations- und Körperübungen. Körperübungen werden äsanas genannt. Hier einige exemplarische äsanas mit ihren Wirkungen:

  • "cakravakasana": Dehnung des gesamten Rückens, hält die Wirbelsäule elastisch. Wird gegen Mitte bis Ende der Schwangerschaft als besonders wohltuend empfunden, da der Rücken und die Beine in dieser Haltung vom Gewicht des Bauches entlastet werden.
  • "Utthita Padasana" (einseitiges Beinheben): Die Blutzirkulation der Beine wird angeregt, denn durch die Herabsetzung der Muskelgrundspannung der gesamten glatten Muskulatur kann es leicht zu Krampfadern kommen.
  • "Uttanasana" (Vorbeuge): hilft Verspannungen entlang der Wirbelsäule zu lindern.
  • "Ardha salabhasana" (Rückbeuge) an der Wand: Der Rücken soll gekräftigt werden, da er im Verlauf der Schwangerschaft ein immer größeres Gewicht tragen und verkraften muss.
  • "Apanasana": Schmerzen im unteren Rücken sollen gelindert und Spannungen ausgeglichen werden. Dynamisch geübt, wird die Lendenwirbelsäule sanft bewegt und gedehnt.

Das Ziel von Yoga ist nicht eine möglichst schmerzarme Geburt, sondern ein besseres Verstehen des eigenen Körpers. Dieses Verständnis soll helfen, die Vorgänge während der Schwangerschaft und Geburt zu verstehen und anzunehmen. So können unauffällige Botschaften oder individuelle Bedürfnisse des Körpers besser erkannt und gedeutet werden. Zum Beispiel sich mehr Ruhe zu gönnen, weil das Baby vielleicht in einer fordernden Entwicklung ist.

Richtungen

Yoga - Tradition

Meine persönliche Übungspraxis bezieht sich auf die Grundprinzipien der Tradition von T. Krishnamacharya und T. K. V. Desikachar.

Diese Tradition berücksichtigt die individuelle Lebenssituation, sowie die speziellen Bedürfnisse der Übenden.

Vorgehensweise

Der Unterricht gestaltet sich dynamisch und entwicklungsorientiert. Die Reihenfolge der asanas erfolgt im vinyasa krama, d.h. sie werden schrittweise auf ein bestimmtes Ziel hingeführt. Dabei sind Vorbereitung und Ausgleich der Übungen von Bedeutung, um Spannungen und Risiken zu vermeiden. Die Bewegung des Körpers im asana geschieht in der Verbindung mit dem Atem.

Der Atem bestimmt die Bewegung. Der Atem soll vertieft, bzw. er soll lang und fein (dirga sukshma) werden.
In dieser Tradition ist ein wichtiges Medium das Mantra. Mantras sind Silben, Laute, Klangwörter, Zeichen und Schwingungen, die im Körper wirken. Die Vibrationen der einzelnen Töne wirken sich positiv auf die verschiedenen Körperregionen aus.

Die Bedeutung von Yoga in der Schwangerschaft

Da Yoga uns in Kontakt mit unserem Körper und seinem Befinden bringt, bietet sich dieser Übungsweg für Schwangere an. Die Frau befindet sich in der Schwangerschaft in einer ganz besonderen Lebenssituation, die sie stark mit körperlichen, aber auch psychischen Veränderungen konfrontiert. Durch das Üben von Yoga kann die Frau Sensibilität und Wahrnehmung entwickeln, um ihren Körper mit seinen Veränderungen besser zu verstehen.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass das ungeborene Baby schon sehr früh wesentlich mehr wahrnimmt als gemeinhin angenommen wird. Indem sich die Schwangere Raum und Zeit nimmt für die Beobachtung der unterschiedlichen Prozesse in ihr, nimmt sie sich schon während der Schwangerschaft Zeit für das Ungeborene. Sie hat so die Möglichkeit, ein Klima zu schaffen, in dem Liebe, Geborgenheit und Freude einen Platz eingerichtet bekommen. Wenn die Schwangere in ihrem seelischen Befinden stabil ist, wirkt sich das positiv auf die Entwicklung des Ungeborenen aus. Erwiesen ist, dass sieben Wochen nach der Empfängnis die Nervenzellen des Embryos untereinander Kontakt aufnehmen können. Das bedeutet, dass das Baby schon im Bauch der Mutter Reize von außen aufnehmen kann, indem es hört, fühlt und sieht.
Yoga soll auch Körper und Geist der Schwangeren entspannen. Die Frau lernt sich psychisch und physisch loszulassen. Das sind gute Voraussetzungen für den Geburtsvorgang. Eine richtige Atmung wirkt sich auf das Nervensystem aus und gibt innere Ruhe und Ausgeglichenheit.
Ziel des Übens soll sein, dass die Frauen die Geburt hindurch gut atmen können, lernen sich zu entspannen und dass sie die Geburt aktiv, bewusst und mit Selbstvertrauen angehen und erleben.

Der Schwangerschaft eine besondere Bedeutung im Leben zu schenken ist eigentlich nichts Neues. So können wir in anderen Völkern viele unterschiedliche Sitten und Gebräuche während der Schwangerschaft feststellen. Das heißt, dass diese Völker schon lange die Zeit der Schwangerschaft mit bestimmten Vorgehensweisen bzw. Ritualen achten.
Die Frauen, die Yoga in der Schwangerschaft üben wollen, haben meistens keine Vorerfahrungen. Häufig handelt es sich um eine Schwangerschaft des zweiten oder dritten Kindes. Diese Frauen suchen ganz bewusst nach Zeit, die sie ihrem Kind widmen wollen, denn die bereits vorhandenen Kinder lassen häufig den besonderen Zustand aus dem Bewusstsein geraten. Die Inhalte der Kurse verändern sich mit fortlaufender Schwangerschaft. Am Anfang können und wollen die Frauen noch vielseitig und fordernd üben. Gegen Ende wird nicht mehr viel Bewegung gewünscht, sondern eher Entspannung und die Vorbereitung auf die Geburt.
Das Tönen von Silben in Verbindung mit den asanas wird sehr gut aufgenommen. Viele Frauen entwickeln in dieser Zeit des Übens ein besseres Körper-bewusstsein.
Ich biete meine Kurse erst nach der 13. Schwangerschaftswoche an, um das Risiko für Frauen, die zu einer Fehlgeburt neigen, nicht zu erhöhen.

Grenzen

Für die Gestaltung des Unterrichts ist mir wichtig, dass einige asanas nicht durchgeführt werden: z.B.:

  • Übungen in der Bauchlage, um den Bauchinnendruck nicht zu erhöhen,
  • Drehungen, um die Aktivität der Gebärmutter nicht zu aktivieren,
  • kräftige Vorwärtsbeugen, um den Bauch nicht zu sehr einzuengen und Umkehrpositionen, um die Anforderungen an den Atem nicht noch mehr zu erhöhen.
Autor/en dieses Beitrages:
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ergänzt und kommentiert von:
Dr. med. Wolfgang Scheel, aus Steinheim an der Murr
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