Shiatsu für Schwangere 

Shiatsu ist nicht nur für Schwangere. Das Wesentliche aller Körperarbeiten bzw. Massageformen ist die Berührung, so auch bei Shiatsu. Jeder Mensch braucht Berührung. Für den Säugling ist sie sogar überlebensnotwendig. Berührung beruhigt, macht Mut, gibt Halt. Nicht die Technik ist dabei ausschlaggebend, sondern die Art der Berührung und die innere Haltung. Dann erst spielt die Methode eine Rolle, sozusagen als Formgebung für diese Art der Zuwendung.

Ursprung und Wirkungsweise

Shiatsu ist eine Körperarbeit, deren Ursprung in der traditionellen fernöstlichen Medizin liegt.

Vor ca. 100 Jahren entwickelte sich Shiatsu in Japan zu einer anerkannten und erfolgreichen Methode der Gesundheitsprophylaxe und Therapie, indem es eine Brücke zwischen fernöstlicher Medizin und auch in Europa bekannten Massagetechniken schlug.

Shiatsu heißt, wörtlich übersetzt, Finger-Druck. Näher betrachtet, geht eine Shiatsu-Behandlung mit ihren unterschiedlichen Druck-, Atem- und Dehnungstechniken jedoch weit über diese Möglichkeit hinaus.

Wie bei der Akupunktur geht man auch bei Shiatsu davon aus, dass die Lebensenergie nicht frei fließt, sondern dass unser Körper von Energiebahnen, den so genannten Meridianen, durchzogen ist, vergleichbar etwa unserem Gefäß- und Lymphsystem. Auf diesen Energiebahnen befinden sich Orte besonders konzentrierter Energie, die als Tsubos bezeichnet werden und identisch mit den Akupunkturpunkten sind. Spezielle Diagnoseverfahren helfen, die energetische Situation dieser Bahnen, Zonen und Punkte zu erkennen, um eine gezielte Behandlung zu ermöglichen.

Shiatsu ist also eine energetisch wirksame Körperarbeit, die sowohl die physische als auch die seelisch-geistige Situation des Menschen beeinflusst.

Ziel einer Shiatsu-Massage ist es, der Lebensenergie (Chi) einen Bewegungsimpuls zu geben, damit diese dann einen ausgeglichenen Energiezustand herstellt. Harmonisch fließende Energie bedeutet für den Menschen Wohlbefinden, Tatkraft, Gelassenheit und Gesundheit.

Behandlungsmethode

Ruhe, Bewegung, sanfte Dehnung und wohltuender Druck, Atmen und Ausschnaufen, lassen Alltägliches abfließen - einfach Zeit füreinander zu haben, das schafft Gefühle von Verbundenheit, Nähe und Geborgensein. Diese Behandlungsform kann lebensbejahende Kräfte spürbar werden lassen, denn die psychische und physische Verfassung, die Balance, hat Auswirkungen auf den gesamten Schwangerschaftsablauf. Schwangere können lernen, ihren Körper besser zu verstehen, seine Signale sensibler wahrzunehmen.

Bewegung und Ruhephasen wechseln sich ab, die aktive und passive Dehnung der während der Geburt besonders angesprochenen Körperregionen erzeugt mehr Elastizität. Darüber hinaus können in der Schwangerschaft übliche Beschwerden ohne unerwünschte Nebenwirkungen behandelt werden.

Meridiane-Ströme der Lebensenergie

Die Meridiane wurden schon vor Jahrtausenden genau beschrieben: 12 Haupt- und mehrere Nebenmeridiane, die miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen, bilden ein umfangreiches System energetischer Versorgung des ganzen Menschen. Sie verlaufen, bis auf die so genannten Steuermeridiane, auf beiden Körperseiten und sind jeweils nach dem Organ benannt, dessen spezieller Unterstützung sie dienen.

Die Bedeutung der Meridiane geht jedoch weit über die reine Organversorgung hinaus, da praktisch alle Vorgänge im Menschen durch sie beeinflusst werden. Besondere Belastungen seelischer oder körperlicher Art können die Zirkulation im Meridiansystem stören und damit zu Energieblockaden führen. Mögliche Folgen sind Stress, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen oder auch Organfunktionsstörungen. Krankheiten stellen demnach ein energetisches Ungleichgewicht dar.

Die Energiebahnen sind in ihren Funktionen paarweise zusammengefasst und fließen im Körper entweder von oben nach unten (Yang-Energie) oder von unten nach oben (Yin-Energie), was für den Behandlungsablauf entscheidend ist. Alle Energiebahnen sind auf jeder Körperseite vorhanden. Ausnahmen bilden die als Steuermeridiane bezeichneten beiden mittleren Energiebahnen.

Die einzelnen Meridiane und ihre Abkürzungen im Überblick
  • Bl = Blasen-Meridian
  • Di = Dickdarm-Meridian
  • 3E = Dreifacherwärmer-Meridian
  • Du = Dünndarm-Meridian
  • Ga = Gallenblasen-Meridian
  • He = Herz-Meridian
  • Kr = Kreislauf-Meridian
  • Le = Leber-Meridian
  • Lu = Lungen-Meridian
  • Mi = Milz-Meridian
  • Ma = Magen-Meridian
  • Ni = Nieren-Meridian
  • KG = Konzeptions-Gefäß (»Ren Mai«), Steuermeridian auf der Körpervorderseite
  • LG = Lenker-Gefäß (»Du Mai«), Steuermeridian auf der Körperrückseite

Die den einzelnen Meridianen zugeordneten Punkte sind fortlaufend nummeriert. Am Beispiel des Nieren-Meridians: Dieser Meridian umfasst 27 Punkte (Ni 1 bis Ni 27). Ni 1 ist der Ausgangspunkt des Nieren-Meridians, Ni 27 sein Endpunkt (siehe  Abb. Meridianumläufe).

Bedeutung für die Schwangerschaft

In der Schwangerschaft ist die Pflege sämtlicher Meridiane für das Wohlergehen von Mutter und Kind wichtig. Eine zentrale Bedeutung kommt dem Nieren-Meridian als Sitz der Ur-Energie und dem Blasenmeridian am Rücken zu. Auf ihnen befinden sich die „Zustimmungspunkte“ (Yu-Punkte), die eine Verbindung zu allen anderen Meridianen darstellen und für diagnostische Zwecke eingesetzt werden.

Durch Shiatsu wird ein ganz bestimmter Reiz auf das Energiesystem ausgeübt, der die Selbstheilungskräfte anregen soll.

Mit Shiatsu wird eine Vielzahl von Beschwerden behandelt und der Gesundheitszustand insgesamt kann verbessert werden. Wie bei vielen manuellen Heilmethoden bewirkt eine regelmäßige Behandlung einen ausgeglichenen Gesundheitszustand.

Shiatsu in der Schwangerschaft verbindet eine fernöstliche Methode mit dem westlichen Bedürfnis nach wirklich hilfreicher Geburtsvorbereitung. Shiatsu kommt dem Wunsch der Schwangeren, sich körperlich und seelisch auf das erwartete Baby einzurichten, entgegen. Die sich wiederholenden Shiatsu-Massagen im Verlauf der Schwangerschaft werden oft als wohltuend und entspannend empfunden. Ziel ist es, das sich die Schwangere in der Geburtssituation an die Berührungen erinnert und mit Entspannung reagiert.

Viele Schwangere berichten, wie die Hand des Partners auf dem Kreuzbein oder zwischen den Schulterblättern Ruhe, Wohlbefinden, Atmen und Loslassen bewirkt. Die Berührung wird vertraut, sie verscheuche sorgenvolle Gedanken und löse Muskelverspannungen auf. Zwischen den Partnern entsteht eine besondere Aufmerksamkeit füreinander. So kommt sich der werdende Vater nicht mehr hilflos oder gar überflüssig vor. Er weiß, wo seine Hände gebraucht werden und welche Druckpunkte Entlastung bringen.

Shiatsu hilft

  • in der Gesundheitsprophylaxe durch Stärkung der Abwehrkräfte
  • die Stoffwechselvorgänge und Zellversorgung durch eine verbesserte Durchblutung anzuregen
  • die Beweglichkeit und die Muskelelastizität zu steigern
  • eine Haltungs- und Atmungsverbesserung zu erzielen
  • die Organfunktionen zu unterstützen
  • Mutter und Kind in der Schwangerschaft zu stärken
  • durch Linderung bei unterschiedlichen Schmerzzuständen wie Kopf-, Nacken-, Rücken- und Menstruationsbeschwerden
  • psychische Spannungen und Schwankungen günstig zu beeinflussen

Besonders in der sensiblen Zeit der Schwangerschaft bedeutet das Geben und Empfangen von Shiatsu eine Chance, ganz neue Berührungserfahrungen miteinander zu machen. Schwangere können durch Shiatsu Kraft schöpfen und das Baby wird miteinbezogen und mitberührt. Denn Berührung geht unter die Haut - und wirkt im Innern nach.

"Jede Berührung ist heilsam."

"Man berührt den Himmel, wenn man einen Menschenleib betastet."

(Novalis, 1772-1801)

Möglichkeiten

Schwangeren hilft es oft, gut informiert über ihren Zustand zu sein. Genauso wichtig ist es für sie, sich durch körperliches Wohlbefinden, Elastizität und Spannkraft, wozu Shiatsu beitragen kann, sich auf die Geburtsarbeit vorzubereiten.

Je nach persönlicher Situation ist es möglich, den Partner in die Behandlung mit einzubeziehen, alleine zu üben oder auch gemeinsam mit anderen schwangeren Frauen, Shiatsu zu praktizieren. Über Shiatsu kann die Schwangere erfahren, was ihr gut tut, was ihr hilft, sich zu entspannen, und sie kann ihren Körper in seinen vielfältigen Veränderungen als gesund und stabil erleben.

In liebevoller Hinwendung und in achtsamen Behandlungen wachsen nicht nur Mutter und Kind, sondern auch das Paar in Vertrauen und Dankbarkeit aufeinander zu.

Buchtipp:

[1] Carmen Schories: Shiatsu für eine unbeschwerte Schwangerschaft; Stuttgart:Trias

Empfängnis und Schwangerschaft aus fernöstlicher Sicht

Hier liegt die Vorstellung einer untrennbaren Verbundenheit von Mensch und Natur zugrunde. Der Mensch als ein Teil des Kosmos ist eingebunden in einen Prozess der Wandlung und Entwicklung, so wie die ihn umgebende Natur und beständig unter ihrem Einfluss.

Hitze, Wind oder Feuchtigkeit wirken auf alle seelisch-geistigen und körperlichen Vorgänge, bringen Krankheiten, Wohlbefinden und das Werden und Vergehen von Leben. Himmel und Erde vereinen sich mit ihren Kräften und bilden so den Menschen, der als Verbindung zwischen beiden Polen verstanden wird.

Besteht nun Kinderwunsch, wird eine ganzheitliche Lebensweise (unter Umständen auch Fasten und Meditation) empfohlen, um sich in Einklang mit der Natur zu bringen und eine umfassende Gesundheitsvorsorge zu treffen.

"Erkenne das Männliche in dir.
Entdecke das Weibliche.
Werde zum Strombett der Welt.
So kehrst du wieder heim zur Kindheit."

(Lao-tse, um 400-300 v. Chr.)

In der fernöstlichen medizinischen Vorstellungswelt empfängt das Kind bei der Geburt durch die Atmung das himmlische Chi (Energie). Damit beginnt sein Weg der Wandlung und Entwicklung durch das Leben. Ein Großteil organischer, persönlicher, sozialer und menschlicher Fähigkeiten sollte bereits durch Erfahrungen im Mutterleib erworben werden. Aus diesem Grund wird schwangeren Frauen in Japan empfohlen, sich mit den schönen, stärkenden Dingen des Lebens zu umgeben. Beruhigende Musik, Meditation, Naturbetrachtungen und wirksame Körperübungen wie Shiatsu sollen der werdenden Mutter helfen, sich zu kräftigen, Sorgen, Krankheiten und Hektik von sich und dem Baby fernzuhalten.

Grenzen

Wer mit Shiatsu beginnen möchte, muss weder besonders sportlich trainiert noch meditativ geübt sein. Die erforderlichen Kenntnisse können sich Interessierte über Bücher oder über erfahrene Shiatsu Therapeuten aneignen. Bei evt. auftretenden Schwangerschaftsbeschwerden gibt es hilfreiche Punkte und entsprechende Behandlungsmethodenmethoden.

Autor/en dieses Beitrages:
, Shiatsulehrer/in aus Stuttgart
Kommentare
Neuen Kommentar schreiben
Hinweis: Sie haben Anmerkungen oder Fragen von allgemeinem Interesse zu diesem Artikel? Dann können Sie diese als Kommentar hinzufügen. Sachlich formulierte Kommentare, die weder Beleidigungen noch werbliche Hinweise oder Links enthalten, werden nach einer redaktionellen Überprüfung baldmöglichst freigeschaltet, so dass Ihre Nachricht und Ihre Daten (außer Ihrer E-Mail-Adresse) öffentlich sichtbar werden. Mit dem Absenden des Kommentars erklären Sie sich ausdrücklich mit der Veröffentlichung des Kommentars und der von Ihnen gemachten Angaben (außer E-Mail) einverstanden.
Keine Kommentare gefunden!

Experten zum Thema

Sven Koch
Praxis Koch für Physiotherapie u. Naturheilkunde
Zum Profil
Eciel Gaudin
Praxis für ganzheitliche Orthopädie - Berlin
Zum Profil
Peter-Hansen Volkmann
Arztpraxis für Naturheilkunde und Sportmedizin
Zum Profil

Weitere Artikel zu Manuelle Therapie

Was Sie auch interessieren könnte

Wichtiger Hinweis:
Diese Inhalte dienen der Information und Orientierung. Sie können und sollen unter keinen Umständen den Besuch eines Arztes und die Konsultation medizinischer Beratung oder professioneller ärztlicher Behandlung ersetzen.
Der Inhalt von naturheilmagazin.de kann und darf nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen zu beginnen. Im Übrigen verweisen wir auf die Geltung unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen AGB