Das kranke Kind 

Aus Sicht der Naturheilkunde sind Krankheitssymptome in erster Linie das nach außen sichtbare Bemühen des Körpers zu Selbstheilung. Hier erklärt Kinderarzt Dr. Scheel, mit welchen einfachen Mitteln von der Atmung bis zu Wickeln Eltern die Selbstheilung Ihres Kindes fördern können und was bei Fieber zu tun ist.

Dr. med. Wolfgang Scheel
FA. für Kinder- und Jugendmedizin, Homöopathie
Dr. med. Wolfgang Scheel
FA. für Kinder- und Jugendmedizin, Homöopathie
"Ein krankes Kind gehört ins Bett - zumindest bei Fieber, denn alle Energie konzentriert sich auf den Heilungsprozess."

Krankheit als aktiver Prozess

Wie sehr leiden wir mit unseren Kleinen, wenn es ihnen schlecht geht; wenn sie zu quengeln beginnen, nicht mehr in den Kindergarten oder in die Schule wollen, und wenn eine heiße Stirn eindeutig zeigt: „Mein Kind ist krank.“ Wie hilflos fühlen wir uns manchmal, wenn wir sehen, wie sehr ein lauter bellender Husten das Kind schmerzt oder juckende Pusteln den kleinen Körper bedecken. So mancher Seufzer entweicht uns dann, weil wir uns in solchen Situationen ratlos fühlen, nicht wissen, wie wir unserem Kind helfen können.

Die Naturheilkunde versteht eine Erkrankung als das nach außen sichtbare Bemühen des Körpers zu heilen oder ein existierendes Problem aufzulösen (vergl. auch aktuelles Thema "Krankheit und ihre Bedeutung" sowie "Krankheit als Sprache der Seele"). Der Sinn nun einer naturheilkundlichen Therapie ist es, diesen Heilungsprozess zu fördern. Der Patient hat demnach eine ganz aktive Rolle, er ist nicht passiv leidend sondern soll aktiv an der Gesundung arbeiten. 

Dr. med. Wolfgang Scheel gibt Ihnen Tipps, wie Sie Ihr Kind bei einer (akuten) Erkrankung aus naturheilkundlicher Sicht unterstützen können. 

Allgemeine Regeln

Sorgen Sie für eine Atmosphäre der Ruhe und Harmonie, der Zuwendung, des Optimismus und der Vorfreude. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie mit ihm gemeinsam die Krankheit durchleben, um durch sie Kraft für neue Dinge zu erhalten. Wichtig ist, dass Sie eine heilende gesamtenergetische Situation schaffen: Je besser es der betreuenden Person geht, umso schneller wird der Kranke gesund, da zwischen Gesundem/Betreuendem und dem Kranken ein ständiger Energieaustausch stattfindet.

Ab ins Bett - Warum Bettruhe so wichtig ist

Ein krankes Kind gehört ins Bett - zumindest bei Fieber, denn alle Energie konzentriert sich auf den Heilungsprozess. Die Krankheit ist wichtig, um zur Ruhe zu kommen, und deshalb sollte das Kind nicht mit Fernsehen oder anderen Medien abgelenkt werden. Stellen Sie das Bett ans Fenster, lassen Sie das Kind aus dem Fenster sehen und, wenn es möglich ist, die Natur beobachten (Wolken ziehen lassen und Wolkenfiguren erspinnen, Vögeln zusehen). Erzählen Sie Ihrem Kind Geschichten, regen Sie es zu Tagträumen an oder spielen Sie mit seinen Händen und Fingern. Lauschen Sie mit Ihrem Kind auf die Stille oder auf leise Geräusche im Haus. Die kleine Seele will zur Ruhe kommen.

Wichtig vor allem ist, wie Sie selbst zur Bettruhe stehen. Sind Sie eher unsicher oder empfinden Sie es selbst als „Zumutung“, werden Sie auch bei Ihrem Kind keinen Erfolg haben, wenn Sie verlangen, dass es im Bett bleibt. Kinder haben feine Sensoren dafür, was uns im Inneren bewegt. Unsicherheit oder den Unterschied zwischen Gesprochenem und Gefühltem spüren sie sofort.

Darmentlastung und Ernährung

Leben und Gesundheit, aber auch Krankheit sowie Heilung werden durch den Darm beinflußt. Je intensiver der Darm entlastet wird, umso schneller wird der Heilungsprozess eintreten. Ein gutes Mittel dafür ist ein Einlauf mit körperwarmen Wasser: dieser erfolgt mit einem Irrigator bei größeren Kindern, einem Gummiball oder einem Klistier bei Säuglingen und Kleinkindern. Das Wasser mit einer Temperatur von 37 Grad wird in den After eingeführt und sollte dort so lange als möglich gehalten werden. Die Verweildauer ist von Patient zu Patient individuell. Meist lernen die Kinder auch mit der Zeit, das Wasser etwas länger zu halten. Danach erfolgt die Entlehrung des Darmes auf dem üblichen Weg. In Notsituationen und in Rücksprache mit einem Therapeuten kann man diese Therapie 2-3-mal am Tag, sonst maximal einmal am Tag anwenden. Es wird normales warmes Wasser verwendet (ein Abkochen des Wassers ist nicht nötig, weil der Darm selbst auch nicht keimfrei ist).

Das Kind sollte reichlich trinken: Heilwasser oder dünnen Organtee (z.B. Blasen-/Nierentee etc) bzw. Heiltee - warm oder kalt, wie es das Kind mag. Zu Essen gibt man so wenig wie möglich, wenn das Kind keinen Appetit hat, so ist das in Ordnung: der Körper setzt alle verfügbare Energie ein, um zu gesunden und schaltet auf Fasten um. Auch Tiere fressen nichts mehr, wenn sie krank sind. Wenn die Kinder hungrig sind, kann man sie nach der Durchfalldiät ernähren - bei jeglicher Erkrankung, nicht nur bei Durchfall sollte Zucker und tierisches Eiweiß gemieden werden, da dieses zu einer Milieuveränderung im Darm führt und diesen zusätzlich belastet.

Weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Heilung

Atmen

Sauerstoff ist notwendig für alle Stoffwechselvorgänge im Körper, je besser dieser Stoffwechsel funktioniert, umso besser kann der Körper ausscheiden. Das ist besonders wichtig im Fall einer Erkrankung. Langsames bewusstes Atmen bewirkt eine erhöhte Sauerstoffaufnahme. Lüften Sie das Zimmer regelmäßig.

Sie können Ihr Kind spielerisch an eine tiefe Atmung heranführen, indem Sie es Wattebällchen wegpusten lassen oder ein Mobile über das Bett hängen. Mit größeren Kindern können Sie Visualisierungstechniken mit dem Atem verknüpfen: Kraft, Energie und Gesundheit einatmen – die Krankheit ausatmen.
 
Die Arbeit mit dem Atem ist besonders wichtig bei allen Erkrankungen, die mit schlechtem Mundgeruch einhergehen (z.B. Magen-Darm-Grippe), oder die Reaktionen einer Übersäuerung im Körper sind.

Behandeln und Streicheln

Das deutsche Wort "be-hand-eln" beinhaltet das Heilen mit der Hand. Sie wirkt über die Wärme, über die Berührung und über das gezielte Ansprechen von Reflexzonen.

Methoden wie die Klopfmassage, die leicht von medizinischen Laien angewendet werden können, fördern die Durchblutung der Haut und die Entgiftung. Mit leichtem, abwechselndem Klopfen von linker und rechter Hand geht der Behandelnde über Schultern, Rücken, Gesäß, Beine innen und außen sowie Arme. Es wird so stark geklopft, dass es der Behandelte noch als angenehm empfindet. Ausgespart werden die Wirbelsäule und der Nierenbereich. Im Bereich des Nackens und am Kopf „klopft“ der Behandelnde nur mit den Fingerspitzen, da dieser Bereich besonders sensibel ist. Eine besondere Form der Klopfmassage wird angewandt, wenn Kinder sehr verschleimt sind: das Kind wird mit dem Kopf nach unten geneigt auf eine Liege gelegt und vom Gesäß zum Nacken klopfend massiert. Das fördert das Lösen des Schleims und erleichtert die Ausscheidung. Diese Behandlung macht den Kindern Spaß und wird oft kichernd begleitet: "Wir klopfen jetzt den Husten raus..."

Die Thymusaktivierung (leichtes Beklopfen der Brust zwischen Hals und Brustbein) ist eine wichtige unterstützende Behandlungsform bei jeder Form der Erkrankung.

Erfahrene Eltern können gezielt die Fußreflexzonen der erkrankten Organe massieren (siehe auch "Landkarte" der Reflexzonen im Abschnitt Naturheilkunde / Reflexzonen). Bei jeder Erkrankung sollten die Bereiche der Niere (Fußmitte) und der Hirnanhangdrüse (großer Zeh) auf beiden Seiten ca. 30 s massiert werden, da dies den Heilungsverlauf enorm beschleunigen kann.

Mittels der Lymphreflexzonenmassage oder auch der Akupressur kann eine beschleunigte Ausscheidung erreicht werden. Die „Schwimmhäute“ zwischen den Fingern und Zehen sind die Reflexzonen der Lymphe. Dabei wirkt die rechte Hand auf den rechten Oberkörper, die linke Hand auf den linker Oberkörper usw.; Durch Massage dieser Zwischenräume wird das Lymphsystem in den entsprechenden Körperareale stimuliert. Dazu streicht man wohldosiert drehend mit Daumen und Zeigefinger die „Schwimmhäute“ von der Wurzel des Fingerknochens an in Richtung Zeh- und Fingerspitze aus. Die Auflösung des Lymphstaus zwischen den Zellen ermöglicht eine bessere Ver- und Entsorgung der einzelnen Zelle und einen besseren Gesamtstoffwechsel zwischen allen Zellen aller Organe. 

Auf Seele und Körper gleichermaßen wirkt einfaches intuitives Streicheln. Vertrauen Sie Ihrer Eingebung, lassen Sie Ihre Liebe durch die Hände fließen: "Ich streichele Dich jetzt gesund".

Wickel

Nicht nur - aber auch bei Fieber kommen alle möglichen Formen der Wickel zum Einsatz. Sie fördern die Durchblutung, helfen dem Körper bei der Entgiftung, lindern Schmerzen und senken die Körpertemperatur (siehe auch unten im Abschnitt "Fieber").

Weitere physiotherapeutische Methoden wie z.B. Inhalieren, Heilbäder, Kneippsche Anwendungen können den Heilungsprozess unterstützen. Die Naturheilkunde kennt zahlreiche Möglichkeiten und viele Wege führen zur Heilung. Welches der genannten Mittel zur Anwendung kommt, hängt ganz ab von den Präferenzen des kleinen Patienten und der/des Behandelnden.

Aber bitte, beachten Sie! Keine der genannten Behandlungen sollten angewendet werden, wenn das Kind sich wehrt. Hausmittel können und sollen angenehm sein.

Psychische Unterstützung des Heilungsprozesses

Wichtig ist, wie der Patient seine Erkrankung sieht, bzw. wie die Eltern mit der Erkrankung umgehen. Wird der kleine Patient bedauert, weil er so schlimm krank ist - oder stärken die Eltern seinen Mut, eine "Heilungsarbeit" zu leisten? Schaffen Sie eine Atmosphäre des gemeinsamen Wachsens.

Der richtige Umgang mit Fieber

Fieber ist gut! Es ist ein wichtiges Reaktionszeichen des Organismus. Es beschleunigt die Stoffwechselvorgänge und damit den Heilungsprozess. Dabei ist es nicht entscheidend, wie viel Grad das Thermometer zeigt, sondern eher wie das Kind auf das Fieber reagiert. Jeder Organismus geht anders mit Fieber um, manche Kinder sind bei 40 Grad C noch putzmunter, andere Kinder zieht es bei 39 Grad C ganz von allein ins Bett. Das heißt auch, man kann in den meisten Fällen auf das ungeliebte Messen der Temperatur verzichten, wichtiger ist die Beobachtung des Kindes: Wie reagiert es, welche Symptome sind sichtbar.
 
Um einen Hitzestau zu vermeiden, sollte das Kind nicht zu warm bekleidet oder zugedeckt werden - nach Möglichkeit mit natürlichen Materialien wie Leinen, Viskose oder Wolle. Bei kleinen Kindern, die noch nicht sagen können, ob ihnen warm oder kalt ist, prüft man die Temperatur von Händen, Stirn oder Nase (die Nase ist als erstes kalt, wenn man beginnt zu frieren).
 
Man sollte mit der Fiebersenkung erst bei hohem Fieber beginnen oder aber wenn das Kind sichtbare Belastungen zeigt wie Herzrasen, Kurzatmigkeit oder Bewusstseinstrübung. Die individuelle Reaktion der Kinder ist von der Temperatur unabhängig.
 
Angst vor dem Fieberkrampf? Ein Fieberkrampf ist nicht durch das Fieber bedingt, das Fieber ist nur Auslöser des Krampfes. Ursachen können liegen in einer schlechten energetischen Situation, in Verkrampfungen, bei Angstzuständen und Schockerlebnissen, bei Organveränderungen der Niere oder des Darmes, bei Sauerstoffmangel und schlechter Atmung.
 
Lebensbedrohliche Zustände entstehen aus der Komplexheit der Krankheitsursachen. Das was wir sehen, sind schon Heilungsprozesse; biologische Regulationsvorgänge des Menschen.
 
Sie sollten einen Therapeuten oder Notarzt konsultieren, wenn der Zustand des Kindes trotz aller Bemühungen bedenklich ist, es starkes Herzrasen zeigt, auffallende Zuckungen, starke Lichtscheu, Nackensteife, heftige sonstige Reaktionen, oder es stark schreit.

Möglichkeiten der Fiebersenkung durch die Eltern

  • Ein Einlauf mit körperwarmem Wasser (37 Grad C). Dieser dient vordringlich der Entgiftung und erst als Folgeerscheinung dem Senken der Körpertemperatur,
  • Das Abkühlungsbad: Man setzt die Kinder in körperwarmes Wasser (37 Grad C) und lässt langsam kaltes Wasser zulaufen bis das Wasser 32 Grad warm ist, danach sollte das Kind wieder im Bett ausruhen,
  • Waden- bzw. Brustwickel; Wadenwickel sollten nur angelegt werden, wenn die Waden auch warm sind, sind sie kalt, sind die Wickel unwirksam,
  • Thymusaktivierung: sie verbessert sofort den energetischen Leistungs- und Gesundheitszustandes des Kindes um ein Mehrfaches,
  • Aktivierung von Hypophyse und/oder Nebennieren an den Reflexzonen der Hände und Füße,
  • Unterstützung der Ausleitung über die Haut durch Rubbeln und Bürstenmassage, ein Totes-Meer-Vollbad oder Schwitzen im Bett: Lindenblütentee zu trinken geben, feucht warme Brustwickel anlegen und warm einpacken; wenn es dem Patient unangenehm wird (nach ca. 30-60min), Wickel abnehmen, das Kind feucht warm abreiben, Trockenrubbeln und ruhen lassen; alle diese Maßnahmen fördern eine bessere Durchblutung,
  • Wenn Sie das homöopathische Konstitutionsmittel Ihres Kindes kennen, können Sie dieses auch zur Unterstützung bei Fieber geben,
  • Es kann auch ein biologische Fieberzäpfchen gegeben werden wie z.B. Viburcol, Cosmochema-Fieberzäpfchen.

Wie bei jeder Erkrankung sollte das Kind besonders bei Fieber reichlich trinken (Heilquelle oder dünnen Organ- bzw. Heiltee).
 

Möglichkeiten der Behandlung durch den Therapeuten

Der Therapeut wird seine Therapie nicht auf das Fieber an sich richten sondern die Ursache der Erkrankung suchen – warum ist das Kind krank geworden: Ernährung, zu wenig Schlaf, Stresssituationen, Ängste, schlechte Durchblutung, Unterkühlung, usw.. Er wird mit einer biologischen Ursachen- oder Symptomtherapie den Körper mit den vielfältigen Mitteln der Naturheilmedizin in seinem Mühen um Selbstheilung unterstützen.

Jeder Mensch besitzt enorme Selbstheilungskräfte. Sie zu stärken ist der Sinn jeder ganzheitlich orientierter Therapie. Starke Medikamente, Anti-Mittel und Antibiotika sind (meist) NICHT notwendig.

Kommentare
Neuen Kommentar schreiben
Hinweis: Sie haben Anmerkungen oder Fragen von allgemeinem Interesse zu diesem Artikel? Dann können Sie diese als Kommentar hinzufügen. Sachlich formulierte Kommentare, die weder Beleidigungen noch werbliche Hinweise oder Links enthalten, werden nach einer redaktionellen Überprüfung baldmöglichst freigeschaltet, so dass Ihre Nachricht und Ihre Daten (außer Ihrer E-Mail-Adresse) öffentlich sichtbar werden. Mit dem Absenden des Kommentars erklären Sie sich ausdrücklich mit der Veröffentlichung des Kommentars und der von Ihnen gemachten Angaben (außer E-Mail) einverstanden.
  • Sarah, am 12.09.2023
    Vielen, vielen Dank - so einen Internetschatz an Wissen! Ich bin begeistert. Vieles davon tue ich selbst, wenn eines meiner vier Kinder krank ist, aber das Abkühlungsbad ist mir bspw neu. Sie haben alles so toll geschrieben. Ach ist das schön. Für mich wäre es ein Graus mit meinem fiebernden und kranken Kind irgendwo in einer Kinderarztpraxis zu sitzen und sie danach mit Medikamenten zu therapieren. Liebe und Fürsorge, mit einem wachsamen Auge auf den kleinen Patienten, sind die beste Grundlage. Einen Heilpraktiker an seiner Seite zu haben ist aber auch absolut empfehlenswert. P.s. Die machen auch Hausbesuche:)

Experten zum Thema

Dr. med.
Wolfgang Scheel
Zum Profil
Peter-Hansen Volkmann
Arztpraxis für Naturheilkunde und Sportmedizin
Zum Profil

Weitere Artikel zu Kinderkrankheiten

Wichtiger Hinweis:
Diese Inhalte dienen der Information und Orientierung. Sie können und sollen unter keinen Umständen den Besuch eines Arztes und die Konsultation medizinischer Beratung oder professioneller ärztlicher Behandlung ersetzen.
Der Inhalt von naturheilmagazin.de kann und darf nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen zu beginnen. Im Übrigen verweisen wir auf die Geltung unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen AGB