Die parietale (strukturelle) Osteopathie
befasst sich hauptsächlich mit dem Skelettsystem. Dazu gehören die Techniken der manuellen Therapie und der Chiropraktik, die sowohl mobilisierend wie manipulierend eingesetzt werden können. Neben den Manipulationen gibt es sehr viele weiche Techniken zur Korrektur von Fehlstellungen in den Gelenken, so z.B.:
- Die Jones Techniken (Technik der Positionierung): Hier wird das Gelenk in die frei bewegliche Richtung gebracht. In dieser Endstellung kann sich das Gelenk wieder neu organisieren,
- Die Pulssynschronisation: Es wird eine energetische Verbindung zwischen dem Organ und der Wirbelsäule hergestellt,
- Unwinding: So, wie sich die Schnur eines Telefonhörers verdrehen kann und durch Herabhängen sich entwindet, so wird der Spannung des Gewebes gefolgt, bis dieses entspannt ist.
Diese Techniken werden vor allem dann eingesetzt, wenn Manipulationen nicht möglich sind.
Es wird aber vor allem die enge Beziehung zwischen der Wirbelsäule und den Organen berücksichtigt. Bewegungseinschränkungen in einer bestimmten Höhe der Wirbelsäule und Veränderungen im dazugehörigen Hautbereich deuten jeweils auf ein betroffenes Organ hin. Das Organ beeinflusst die Wirbelsäule und umgekehrt.
Wichtig sind auch „Ursachen und Folge Ketten“, die in Bezug auf die Wirbelsäule auf oder absteigend sein können. Es wird abgeklärt, ob das Problem eher in Seitneigung oder Drehung, bei Beugung oder Streckung auftritt. So kann z.B. eine Bewegungseinschränkung in einem bestimmten Teil des Fußes, andere Teile des Körpers beeinträchtigen.
Leichte Veränderungen an der Wirbelsäule allein sind noch nicht krankhaft, wie z.B. Beinlängendifferenzen, wenn diese bis zum Kopf ausgeglichen werden können, so dass die Augen auf einer horizontalen Linie stehen. Ist dies aber nicht der Fall und gerät die Wirbelsäule aus dem Lot, verschiebt sich das Problem und tritt an einer anderen Stelle wieder auf.
Auch das Knochensystem wird als ein lebendiges System betrachtet, das Veränderungen unterliegt. Wenn ein Mensch seine Wirbelsäule nicht im Lot halten kann, werden zuerst Muskeln und Bänder versuchen, den Ausgleich vorzunehmen. Wenn dies nicht mehr möglich ist, wird an diesen Stellen zusätzlich Gewebe angelagert. Die Diagnose lautet Arthrose (degenerative Gelenkerkrankung). Die Ursache derselben liegt oft an anderer Stelle.
Die viszerale Osteopathie
(visceralis, lat.: die Eingeweide betreffend)
beschäftigt sich vor allem mit dem Hüllensystem der Organe, Muskeln und Nerven.
Unser Bindegewebe ist das Gewebe, das überall in unserem Körper vorhanden ist. Blut zählt zum Bindegewebe, die Leber ist Bindegewebe plus Leberzellen. Man kann diese Struktur mit einem großen Tuch vergleichen. Wenn irgendwo ein Knoten ist, dann können Zugbewegungen fußwärts oder kopfwärts entstehen, die dann dort zu Spannungen Schmerzen usw. führen können. Die Ursache einer solchen Verklebung könnte z.B. eine alte Infektion der Lunge sein, eine Operationsnarbe oder ein Bruch.
In den feinsten Räumen dieses Gewebes findet der Nährstoffaustausch statt. Es werden aber auch Gifte abgelagert, die der Körper nicht mehr ausscheiden kann. Am besten lässt sich diese Funktion am Beispiel der Niere erklären, die mit ihrer Hülle auf dem langen Hüftbeuger liegt. Mit jedem Atemzug gleitet sie ca. drei cm rauf und runter. Das sind an einem Tag fast 300 Meter. Schränkt sich diese Bewegung ein, dann kommt es zur Verklebung der Hülle mit dem Hüftbeuger, was diesen wieder in seiner Beweglichkeit einschränkt. Da die versorgenden Strukturen der Niere zwischen diesen Hüllen liegen, wird die Versorgung der Niere gedrosselt und der Weg für potentielle Infektionen erleichtert.
Zu Techniken in diesem Bereich gehören Mobilisationstechniken, Techniken für venöses Blut und Lymphe, die die Entwässerung des Körpers unterstützen, aber auch Techniken für Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse usw., damit diese Organe ihre Sekrete besser abgeben können. Parallel würde man aber auch im parietalen System, hier vor allem im Bereich der Wirbelsäule, nach den Gebieten schauen, die vom vegetativen Nervensystem versorgt werden. Ebenso nach den zentralen Gebieten der hormonellen Versorgung, wie Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) und dem Vagus (zehnter Hirnnerv, zuständig für die Verdauung und Regeneration).
Die craniale Osteopathie
(cranium, lat.: der Kopf)
Für die Osteopathie ist der Schädel kein starres System, sondern innerhalb desselben sind minimalste Bewegungen möglich, die mit viel Übung zu tasten und zu beurteilen sind.Mitten im Schädel liegt das Ventrikelsystem, das mit Rückenmarksflüssigkeit gefüllt ist und in einem eigenen Rhythmus den Liquor (Rückenmarksflüssigkeit) in die Rückenmarkshaut und zwischen die Hirnhäute auspumpt und aufsaugt. Der Rückenmarksschlauch ist am dritten Sakralwirbel und Steißbein fixiert. Blockaden, Entzündungen, Vorwölbungen der Bandscheibe können die Beweglichkeit des Rückenmarkschlauches einschränken und damit die Vitalität und Infektabwehr dieses Menschen beeinträchtigen.Mitten im Schädel liegt auch das Speno-Basiläre-Gelenk (zentrales Gelenk zwischen Keilbein und Hinterhauptsbein). Auf dem Spenoid (Keilbein) liegt der Türkensattel, der die Hirnanhangsdrüse beherbergt, das Sammelbecken unserer Hormone. In direkter Nähe liegt der Hypothalamus, einer der zentralsten Schaltzellen des Gehirnes. Fehlspannungen in diesem Bereich haben auf dieses System Einfluss.Die Kopfgelenke und deren Muskulatur, die sehr viele Rezeptoren haben, sind eng mit den Augen und Ohren durch einen gemeinsamen Kern im Stammhirn, der zentrale Bedeutung für unsere Orientierung hat, verschaltet.. Probleme in diesem Bereich können zu Schwindel und Ohrensausen führen.Neben den Kopfgelenken verlässt der Vagus (zehnter Hirnnerv) den Schädel, so dass Fehlspannungen in diesem Bereich unser Verdauungssystem stören kann.Zu der cranialen Arbeit gehören aber auch die „Somato (Körper) – Emotionale –Release (Entspannung) –Techniken“ :Unser Körpergewebe hat ein Gedächtnis und Verletzungen werden als eine Art Erinnerung im Gewebe gespeichert. Diese Technik versucht diese Erinnerung an frühere Verletzungen zurückzuholen, um diese heute, als erwachsene Person, wieder verarbeiten zu können. Unbewusste, alte Spannungsmuster sollen dadurch aufgelöst werden. Neuere Forschungen der Psychoimmunologie (Lehre, die sich mit der psychischen Infektabwehr beschäftigt) in Amerika haben die alte Theorie der Chinesen bestätigt, dass bestimmte Gefühle, immer bestimmte Organe energetisch beeinträchtigen: zuviel Ärger stresst die Leber( eine Laus läuft ihm über die Leber), zuviel Trauer die Lunge.So kommt alles in allem eine riesige Palette an Techniken heraus und die Kunst ist es wohl, den passenden Einstieg zu finden. Ziel ist es die primäre Verletzung oder die dominanteste Verletzung zu finden. Diese kann strukturell, viszeral, cranial oder emotional sein. Die zusätzliche Aufgabe des Therapeuten liegt darin, die verschiedenen Anteile in der Behandlung zu gewichten.Am Anfang steht die Anamnese (Vorgeschichte der Krankheit), der Sichtbefund, der funktionelle Befund und der Tastbefund, das Prüfen der Gelenkbeweglichkeit, der viszerale und craniale Befund. Es müssen Akutprobleme von chronischen unterschieden werden. Je länger und chronischer ein Mensch krank ist, umso umfassender muss therapiert werden und desto länger dauert die Therapie.Man kennt hier ein horizontales Heilsystem:
- Strukturell: Arbeit an Gelenken und Muskeln,
- Chemisch: Tabletten, Korrektur des Säure-Base-Gleichgewichts, Ernährung, Pflanzenheilkunde,
- Elektrisch: Akupunktur, Akupressur, Strombehandlung,
- Phsychisch-emotional: Somato-emotionale Entspannungsverfahren und Gespräch.
Bei chronisch kranken Patienten sollte die Therapie auf mindestens drei Säulen gestützt werden.
Ein Teil der Osteopathen bedient sich der Kinesiologie, um Therapieblockaden abzuklären.